0210 - Drei Leichen im Garten
vor. Wir werden in einer halben Stunde essen und anschließend nach London fahren. Sie kommen mit, Sarah. Klar?«
»Sehr wohl, Mylady.«
»Dann ist es gut.« Sie räusperte sich. »Serge, deine Hand!« Der Mann streckte den Arm aus und zog die Frau aus dem Sessel. Sie hatte ein Hüftleiden, und das ärgerte sie. Zwar konnte sie allein gehen, allerdings mußte sie sich dabei immer auf einem Stock abstützen, und manch neidischer Blick traf Sarah Goldwyn, die sich ohne jegliche Hilfe bewegte. »Ich habe noch Briefe zu schreiben«, sagte sie Lady Clarence.
»Bringt mich in mein Arbeitszimmer, Serge.«
»Ja, Mylady.«
Serge öffnete die Türen. Lady Sarah schaute den beiden so lange nach, bis sie die Tür hinter sich zugezogen hatten. Dann ging sie in die Küche und widmete sich ihrer Arbeit.
Die eingebaute Küche gehörte zu dem Teuersten, was auf dem Markt zu finden war. Sie besaß ein großes Fenster, und wenn man schräg hindurchschaute, fiel der Blick auch in den Garten.
Das tat die Horror-Oma.
Verlassen lag der Garten in der grauen Dunkelheit. Grau deshalb, weil bereits die Morgendämmerung hochzog und die Schwärze allmählich vertrieb.
Gespenstisch wirkten die sorgfältig gestutzten Bäume und Büsche. Die Hecke kam ihr wie ein Schatten vor. Sie grenzte das Grundstück zum Nachbarn ab. Von den Beeten waren nicht viele zu sehen. Sie lagen im hinteren Teil des Gartens. Wer allerdings in dem geräumigen Wohnraum mit dem großen Fenster saß, der konnte den Garten voll überblicken.
Mrs. Goldwyn wußte genau, was die beiden immer zum Frühstück wollten. Lady Clarence aß nur eine dünne ungesüßte Marmelade mit Brot, während Serge sich Fleisch und Eier in den Magen schlug. Er aß nicht, er fraß und trank dabei eimerweise Kaffee.
An diesem Morgen wollte Lady Sarah Hähnchenschenkel grillen. Sie holte vier davon aus dem Tiefkühlfach und legte sie in den Grill, auch Kaffee kochte sie literweise und briet Eier in der Pfanne.
Trotz ihrer Arbeiten vergaß sie niemals, aus dem Fenster zu schauen.
Immer wieder fiel ihr Blick in den Teil des Gartens, den sie auch überblicken konnte.
Und da sah sie den Schatten.
Im ersten Augenblick dachte sie an einen Einbrecher. Als sie genauer hinschaute, merkte sie, daß es kein Mensch war, sondern ein Vierbeiner.
Ein Hund.
Schon hörte sie das Kläffen.
Der Hund bellte wie verrückt, als würde ihm jemand Gewalt antun. Dabei lief er aufgeregt im Garten umher, gelangte auch an die Hecke und scharrte dort mit den Hinterläufen.
»Serge!« Grell und keifend schnitt die Stimme der Frau durch das Haus.
»Sorg dafür, daß der verdammte Köter nie mehr bellt.«
»Sehr wohl, Mylady!«
Mrs. Goldwyn erschrak. Die Worte der Alten waren deutlich genug.
Serge sollte den Hund töten, anders konnte man diesen Befehl nicht auffassen.
Lady Sarah hörte die Schritte des Mannes, wie er durch das Haus polterte. Dann riß er die Tür auf und stürmte nach draußen. Er hatte nicht den Haupteingang genommen, sondern den an der Seite, der nicht weit von der Küche lag.
Sarah Goldwyn sah ihn. Eine Waffe hatte er nicht mitgenommen, seine Pranken reichten auch so.
Aber mit bloßen Händen einen Hund töten? War das nicht auch für Serge ein wenig zuviel?
Geduckt hetzte er durch den Garten, wobei er keine Rücksicht auf Beete und Pflanzungen nahm. Sein Ziel war der Hund, der an der Hecke stand und scharrte.
Da hörte das Tier ihn.
Sofort hielt es mit seiner Beschäftigung inne und sprang knurrend herum. Es ahnte die Gefahr, war jedoch gewohnt, ihr nicht auszuweichen, sondern sich ihr entgegenzustemmen.
Wuchtig stieß sich der Hund ab.
Es war ein regelrechtes Monstrum, das auf den Mann zusprang und gegen ihn prallte. Serge hatte nicht einmal den Versuch unternommen, auszuweichen, er ging voll in den durch die Luft fliegenden Körper hinein, und seine beiden Hände umkrallten die Kehle des Tieres, noch bevor dessen Maul zuschnappen konnte.
Obwohl es Unsinn war, glaubte Lady Sarah, das Knurren des Tieres bis in die Küche zu hören. Sie vergaß die Vorbereitungen des Frühstücks und schaute dem Kampf aus großen Augen zu. Schon immer hatte sie sich vor Serges Händen gefürchtet. Nun sah sie, daß dies zu Recht gewesen war, denn mit seinen Pranken war Serge ein gnadenloser Gegner. Er ließ dem Hund keine Chance.
Wie Schraubstöcke hatten sie sich um die Kehle des Tieres gedreht, das verzweifelt um sein Leben kämpfte, mit Vorder-und Hinterläufen schlug und doch keine Chance
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