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02 Jesses Maria: Wechseljahre

02 Jesses Maria: Wechseljahre

Titel: 02 Jesses Maria: Wechseljahre
Autoren: Carla Berling
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dreißig Jahre her sein. Damals trug ich noch Bikini. Daran ist heute nicht mehr zu denken.
    Ich habe mir einen Badeanzug mit gefütterter Bauchpartie besorgt. Sitzt wie eine Miederhose. So schwabbelt meine Fettschürze nicht. Die gut gepolsterten Körbchen sind zweilagig, damit man nicht sieht, wenn mir kalt ist. Der tollste Trick ist aber das Muster: Der Badeanzug ist schwarz und hat in der Mitte eine weiße Partie in Form einer Eieruhr. Das mogelt optisch drei Kilo weg.
    Bei der Fußpflegerin war ich auch, es gibt ja nix ekelhafteres als Hornhaut an den Hacken, die dann im Wasser aufweicht. Hoffentlich seh ich das bei keinem.
    Ich guck immer auf die Füße, auch früher schon. Wenn ich früher in der Batze, so hieß das Freibad damals, einen Jungen sah, der mir gefiel, beguckte ich mir zuerst die Füße und dann die Front. Wenn einer gelbe Hacken oder dicke Fußnägel hatte, konnte er direkt weiterziehen.
    Auch später waren Männer mit dezenten Pflastern um die Zehen bei mir unten durch. Von wegen „Ich hab mich gestoßen!“ Fußpilz hatten die, jede Wette.
    So ein Schwimmbad ist ein richtiges Outing. Da muss man, was die Figur und den aktuellen Stand der Körperpflege angeht, Farbe bekennen.
    Ich stehe zu meinem Körper.
    Ich hab mich als junges Ding mal schrecklich blamiert, weil ich nicht zu meinem Köper stand.
    Ich trug damals einen rotweiß karierten Bikini. Das Oberteil hatte Körbchen aus Plastik, die sahen von innen aus wie Kaffeesiebe. Ich war leider sehr flach, und die Jungs sagten über mich, ich sei ein BMW. (Brett mit Warzen) Das gefiel mir nicht und deswegen trug ich diesen Bikini. 75 B ohne Inhalt.
    Eines Tages stand ich in der langen Schlange vor dem Kiosk, und vor mir wartete ein total süßer Typ. Der sah aus wie Little Joe. Ich hatte schon seine Füße gecheckt, die Badehose war modern und hatte gottseidank kein blaugraues Frei- und Fahrtenschwimmer-Abzeichen aufgenäht, und er hatte keinen einzigen Pickel auf dem Rücken.
    Ich suchte grade Blickkontakt mit Little Joe, als jemand an mir vorbei rannte und mich mit dem Ellenbogen anrempelte. Er traf mich am Busen. Am nicht vorhandenen Busen. Er traf, genau gesagt, das Körbchen. Also das Kaffeesieb. Und er haute mir dabei eine ordentliche Beule in den BH!
    Ich habs erst gemerkt, als Little Joe mir auf die Brust starrte und dann laut lachte. Ich sah an mir runter.
    Meine linke Brust war total nach innen gewölbt. Ich wurde knallrot, Tränen der Wut stiegen in mir hoch und ich bemühte mich um ein Pokerface, als ich den BH mit dem Daumen wieder ausbeulte.
    Ich bin gespannt, wer mir heute begegnet. Vielleicht treffe ich den Mann meines Lebens beim Schwimmen,wer weiß? Das soll ja immer dann passieren, wenn man gar nicht damit rechnet.
    Wenn ich ihn treffe, sehe ich ihn hoffentlich auch. Das ist nämlich ein Problem, das ich noch nicht gelöst habe: Die Brille. Ich kann nicht mit Brille schwimmen und ohne Brille kann ich nix sehen. Dreikommaneun Dioptrien sind kein Pappenstiel.
    Wir werden sehen.
    Fünf Euro vierzig Eintritt ist nicht grade billig.
    Die Umkleidekabinen sind sauber und riechen nicht. Die Wände der Kabinen haben keine Löcher.
    Bei uns in der Batze gab es früher keine einzige Kabine, in der nicht irgendwo ein Guckloch in die Wand gebohrt war. Die Jungs knieten sich draußen vor der Kabinenreihe hin, sahen, wo junge Füße waren und dann flitzten sie vor die Gucklöcher und beobachteten die Mädchen beim Umziehen. Meine Freundin Walli und ich hatten später immer einen dünnen Strohhalm in der Tasche, mit dem wir in die Löcher stachen. Da hat so mancher nebenan gejault.
    Hier sind die Kabinen in Ordnung.
    Ich hab an alles gedacht: Badeschlappen, passend zum Badeanzug. Knallrotes Handtuch. Die Fußnägel in der Farbe des Handtuches lackiert. Das Kulturtäschchen in dezentem Schwarz.
    Die Brille kommt ins Etui.
    Jetzt wird‘s verschwommen.
    Man muss durch die Duschen ins Schwimmbad.
    Aha, das ist da vorn, wo die Milchglastüren sind.
    Da duschen sich welche, ganz nackt, man kann dasdurch die Scheiben sehen, das mache ich aber nicht!
    Ich ziehe mich nicht vor Fremden aus, das kann ich nicht ab. Großer Gott, hat die einen behaarten Hintern -HUUUCH!
    „Entschuldigung!“
    Das war die Männerdusche.
    Wie soll man denn auch ohne Brille ein mintfarbenes Männchen auf hellblauen Fliesen vom mintfarbenem Mädchen auf hellblauen Fliesen unterscheiden.
    Ich dusche mich nur so ab. Ich bin ja sauber.
    Die Liege da vorn, da werde ich Stellung
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