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02 - Hinter goldenen Gittern - Ich wurde im Harem geboren

Titel: 02 - Hinter goldenen Gittern - Ich wurde im Harem geboren
Autoren: Choga Regina Egbeme
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positive Stimmung aus. Anfangs wusste ich gar nicht, dass sie alle seine Ehefrauen waren. So ein Gedanke wäre mir nicht im Traum gekommen.
    Gleich nach unserer Ankunft zogen wir alle in das größte Gebäude, wo die Frauen zu singen begannen. Es ging unglaublich laut und fröhlich zu, den ganzen Abend wurde getanzt und geklatscht. Für mich war das der Inbegriff von Lebensfreude. Und wie sehr hatte ich mich danach gesehnt! Nach all den trüben Jahren in Deutschland. Das hier war der vollkommene Gegensatz. Dann hielt Papa David eine Ansprache. So gut war mein Englisch damals noch nicht, daher brauchte ich eine Weile, bis ich kapierte, dass er predigte! Jetzt erst verstand ich, dass ich einem afrikanischen Gottesdienst beiwohnte. Die Zeremonie war in keinster Weise zu vergleichen mit dem, was ich aus Deutschland kannte.“
    Bald ließ Mutter sich jeden Sonntag abholen, sie freute sich die ganze Woche über auf die Geselligkeit. Sie lernte die fremde Sprache überraschend schnell und verfolgte bald aufmerksam, was Papa David predigte. „Mir hat gefallen, was er da sagte. Er sprach von gegenseitiger Rücksichtnahme, vom Miteinander, von der Gleichheit aller Menschen. Da war nicht ein Satz, den ich missbilligt hätte. Und hinterher verteilte er Essen an die Kinder aus armen Familien. Ich hatte die Armut in Lagos inzwischen kennen gelernt. Und hier sah ich: Da tat einer etwas, half, teilte mit den Ärmeren.“
    Und dann waren da die anderen Frauen, einige im Alter von Mutter. Mama Patty und Mama Felicitas zum Beispiel, mit
    denen sie sich sofort gut verstand. Sie bezogen die Deutsche in ihr Leben ein; Mutter liebte Handarbeiten und Basteln. Die Frauen zeigten ihr, womit sie so beschäftigt waren, und Mutter lernte begeistert. Andererseits verstand sie sich auf Dinge, die die anderen nicht konnten. So entwickelte sich eine gesellige Runde; auch ohne Papa David, den Mittelpunkt.
    „Irgendwann musste ich mir eingestehen, dass es nicht nur die Geselligkeit und Fröhlichkeit im Haus von Papa David waren, das harmonische Miteinander. Das Leben dort wurde zu meinem eigenen. Denn was erwartete mich schon zu Hause? Leere und Einsamkeit. Nein, ich erkannte, dass ich mich in den Mann verliebt hatte, der all das erschaffen hatte, diese eigene kleine Welt“, erzählte Mutter mir, als ich sie fragte, wann sie sich zum ersten Mal ihrer Liebe zu meinem Vater bewusst geworden war.
    Innerhalb von wenigen Monaten hatte Mutter sich völlig verwandelt und kleidete sich in die weiten, weißen Gewänder, die Vaters Frauen trugen. Viele Jahre später berichtete sie mit einem wundervollen Strahlen in den Augen: „Das war viel angenehmer als die engen deutschen Sachen, die mich immer einschnürten. Plötzlich fühlte ich mich geradezu symbolisch befreit von dem ganzen Druck, der all die Jahre auf mir gelastet hatte. Die Liebe, die ich für deinen Vater empfand, gehörte dazu: Ich fühlte mich mit einem Schlag um Jahre jünger. Ich war deinem Vater richtig dankbar. Er gab mir nicht nur meine Zuversicht und meine Lebensfreude zurück, sondern auch meine Jugend. Das Gleiche empfand ich, als ich merkte, dass ich dich erwartete. Ich fühlte, dass ich ein Geschenk bekommen hatte, ein unerwartetes, ein großes und kostbares.“
    Magdalenas Vater war bereit, mich als seine Tochter zu akzeptieren. Mutter wollte das jedoch nicht: „Ich liebte Papa David und wünschte mir, dass du als sein Kind aufwächst“, sagte sie Jahre später, als sie mir von dieser Zeit im Jahr 1975 berichtete. Außerdem wollte Papa David sich auf jeden Fall zu uns beiden bekennen und meine Mutter heiraten.
    Mutter meinte, erst da hätte sie allmählich verstanden, wie Vaters Leben funktionierte. Stolz erzählte sie mir: „Ich wurde allen seinen Frauen vorgestellt.
    Die meisten kannte ich ja schon, aber als ich erfuhr, dass ich seine 33. Frau werden sollte, da war mir doch etwas mulmig zumute. Und alle anderen 32
    Frauen mussten der Ehe zustimmen! Damit es keinen Streit gab. Doch Papa David war sehr geschickt vorgegangen. Er hatte mich ja schon in den Compound mitgenommen, bevor wir ein Paar waren. Seine wichtigsten Frauen, Felicitas und Patty, die das Sagen hatten, mochten mich. Wenn er gespürt hätte, dass die beiden mich schon anfangs abgelehnt hätten, dann wärst du wohl nie geboren worden, Choga Regina. Ich denke, dein Vater hätte die Beziehung beendet, bevor es dafür zu spät gewesen wäre.“
    Ich selbst habe übrigens erlebt, wie Vater in späteren Jahren auf die
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