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0161 - Zuletzt wimmern sie alle

0161 - Zuletzt wimmern sie alle

Titel: 0161 - Zuletzt wimmern sie alle
Autoren: Zuletzt wimmern sie alle (2 of 2)
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beerdigt worden war?
    Ich hatte mit meinen eigenen Augen die Leiche des Mädchens gesehen. Die Mordkommission und vor allem der Arzt hatten die Tote gründlich untersucht.
    Phil und ein paar Kollegen waren bei der Beerdigung zugegen gewesen. Wie sollte dieser Leichnam jetzt plötzlich wieder frisch und lebendig in der Fünften Avenue herumspazieren?
    Wir hatten in diesem an sich so klaren Mordfall ohnehin schon drei Fragen ungeklärt lassen müssen. Jetzt kam noch eine vierte hinzu, die plötzlich eine enorme Verwirrung in mein Gehirn brachte.
    Ich glaube nicht an Geister, und wer herumspazieren kann, der muß vorhanden sein, wirklich und greifbar. Etwas anderes gibt es nicht.
    »Dieses Haus ist es!« rief Ben plötzlich und deutete nach rechts vorn.
    Hinter einem Vorgarten, der zur Straße hin durch einen hohen Zaun aus schmiedeeisernen, verschnörkelten Gitterstangen abgegrenzt wurde, lag eine Villa von der Preislage, wie es sich bei uns nur die Leute leisten können, die einige Millionen Dollar schwer sind.
    »Hier hast du sie gesehen?« fragte ich, während ich langsam an dem Haus vorbeifuhr.
    »Ja. Sie stieg aus einem Auto, das am Rande hielt, und ging mit ziemlich schnellen Schritten auf das Haus zu. Ich war wie vor den Kopf geschlagen und habe ihr noch einen Augenblick nachgesehen. Dann merkte ich, daß mich aus dem Auto ein Mann mißtrauisch anstarrte, und da ging ich schnell weiter.«
    »Moment!« sagte ich. »Gehen wir mal- der Reihe nach vor! Du hast gesehen, daß sie auf das Haus zuging? Hat sie am Tor geklingelt?«
    »Nein, das Tor stand offen.«
    »Und du bist ganz sicher, daß es erstens Raila Sheers war und nicht irgendeine Frau, die eine gewisse Ähnlichkeit mit ihr hat? Ebenso sicher bist du, daß sie auf das Haus zuging und nicht bloß hier an den inneren Rand des Bürgersteiges wollte?«
    »Mister Cotton«, sagte Ben eindringlich, »ich habe Raila Sheers ein paarmal in der 52sten Straße gesehen, weil diese Straße der Treffpunkt unserer Bande war. Und Raila Sheers wohnte ja in dieser Straße, wie Sie wissen. Also einer zufälligen Ähnlichkeit bin ich da nicht auf dem Leim gegangen. Ich würde es vor einem Gericht beschwören, daß es Raila Sheers war!«
    Ich schüttelte den Kopf. So etwas ging über mein Fassungsvermögen. Alles, was ich von Ben wußte, war, daß er ein netter, in jeder Hinsicht glaubwürdiger junger Bursche war. Und er behauptete also steif und fest, er hätte eine Frau gesehen, die seit Wochen beerdigt unter dem Rasen lag. Das mochte sonst wer verstehen.
    »Zweitens«, hatte Ben inzwischen fortgefahren, »zweitens sah ich ebenso deutlich, daß sie auf das Haus zuging. Während ich ihr nachstarrte, war sie zwischen den beiden Torpfeilern hindurchgegangen. Ich hörte noch, wie ihre hochhackigen Schuhe auf dem gepflasterten Weg klapperten.«
    »Na schön. Ich will nicht sagen, Ben, daß ich dir nicht glaube. Du erscheinst mir ganz und gar nicht wie ein Träumer, der mit offenen Augen Traumgestalten sieht. Aber du weißt doch selber, daß Raila Sheers tot ist!«
    »Das ist es ja«, seufzte Ben. »Das habe ich mir hundertmal selber gesagt, Mister Cotton, als ich auf dem Wege zu Ihnen war. Aber deswegen werden doch die Tatsachen nicht anders. Weil wir etwas nicht begreifen können, wird dieses Etwas doch noch nicht zu einer Phantasterei! Und es ist eine Tatsache, daß ich sie gesehen habe.«
    »Okay«, sagte ich. »Ich glaub’s dir. Ich werde mich morgen mal um diese Geschichte kümmern. Ich werde ein Bild von Raila Sheers aus den Akten nehmen und noch einmal zu diesem Haus fahren. Vielleicht gibt es darin eine Frau, die ihr so verblüffend ähnlich ist, daß man dadurch das ganze Rätsel erklärt hat.«
    Ben nickte: »Ja. Das ist auch die einzige Erklärung, die ich mir denken kann. Aber eines dürfen Sie mir glauben, Mister Cotton: die Ähnlichkeit muß ungeheuerlich sein! Sie sah nicht aus wie Raila Sheers, sie war es.«
    »Das werde ich morgen feststellen«, versprach ich. »Und jetzt bringe ich dich nach Hause. Einverstanden?«
    »Ja, gern, Mister Cotton. Aber nur, wenn es Ihnen nicht zuviel Mühe macht!«
    »Nicht der Rede wert, Ben.«
    Well, wir unterhielten uns noch über dieses und jenes. Aber wir vermieden es beide, auf das Thema zu kommen, das uns doch unentwegt in den Gedanken beschäftigte: auf Raila Sheers Doppelgängerin.
    Als ich Ben zu Hause abgesetzt hatte, hielt ich noch einmal an der nächsten Drugstore, weil mir die Kehle ausgedörrt war und ich rasch eine Coca
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