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016 - Herrin der Woelfe

016 - Herrin der Woelfe

Titel: 016 - Herrin der Woelfe
Autoren: Hugh Walker
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Ende des Weges, wo er zwischen den letzten Büschen in die offene Wiese mündet, saß ein regloser Schatten. Schatten ist das richtige Wort, denn im Gegenlicht war er ein dunkler Fleck mitten auf dem Weg wie die zahllosen anderen Schatten, die Büsche und Bäume warfen. Nur ein Paar Augen leuchtete im diffusen Licht.
    Dann erklang ein Knurren, und der Schatten wurde lebendig.
    Er kam ihr entgegen, während das Mädchen vor Entsetzen erstarrt stehen blieb.
    Es war die beeindruckende Größe des Wolfs und seine wilde Haltung, die sie mit lähmender Furcht erfüllten.
    Sein gefletschtes Maul entblößte spitze Zähne.
    Instinktiv wusste sie, dass er ihr an die Kehle springen würde, wenn sie sich bewegte.
    So verharrte sie reglos, mit klopfendem Herzen, und starrte der Bestie in die Augen.
    Das Knurren klang immer bedrohlicher, und der Rachen des Tieres öffnete und schloss sich mit hörbarem Klappern des gefährlichen Gebisses.
    Das Mädchen wusste, dass es verloren war, wenn der Wolf sie angriff. Der weiße Wolf kam ihr in den Sinn, der in ihren Träumen manchmal gegenwärtig war. Wie bedeutungsvoll ihr der Traum in diesen Sekunden erschien! Aber dieser Wolf war nicht weiß, sondern von einem fahlen Rostrot mit Schattierungen bis ins Gelbe. Sie dachte, dass er schön sei, und erkannte, dass der Tod nicht immer nur in hässlicher Gestalt kam.
    Dann geschah etwas Seltsames.
    Die Ohren des Tieres richteten sich auf, das Maul klappt zu, und ein hündischer Ton entrang sich seiner Kehle. Das Feuer in seinen Augen erlosch und machte etwas anderem Platz, das
    Thania sich nicht erklären konnte. Er machte ein paar zögernde Schritte auf sie zu. Sein buschiger, fuchsroter Schwanz zuckte hin und her, zwei – dreimal, mit beinahe wedelnder Bewegung.
    Und dann setzte er sich plötzlich, reckte den Kopf hoch und heulte klagend.
    Die Klagelaute hallten durchs Tal, und das Mädchen fröstelte.
    Und während sie noch schaudernd lauschte, wandte sich der Wolf mit einem winselnden Ton ab und verschwand durch die Büsche.
    Es dauerte eine Weile, ehe sie sich zu bewegen wagte.
    Erleichterung durchflutete sie.
    Sie spürte, wie die Starre und Kälte aus ihr wichen und die Taubheit ihrer Sinne schwand.
    Was war geschehen? In diesen Augenblicken ahnte sie, dass der weiße Wolf in ihren blutigen Alpträumen eine tiefere Bedeutung besaß, dass er ein Symbol war für etwas, das sie jetzt noch nicht verstand. Und sie fühlte, dass eine seltsame Beziehung bestand zwischen ihr und diesen vierbeinigen Kreaturen.
    Thania hatte keine Furcht mehr. Irgendeine Macht hatte den Wolf davon abgehalten, sie anzufallen.
    Sie begann, in das Tal hinabzusteigen, und erreichte den Hof, ohne dass jemand sie aufhielt. Den Wolf sah sie ein paar Mal weit vor sich. Er machte keine Anstalten, näher zu kommen, aber sie konnte deutlich sehen, dass er sie beobachtete, als wollte er sich vergewissern, dass sie auch wirklich kam. Er schien der einzige zu sein, der frei herumlief. Vielleicht war er so etwas wie ein Wachhund, dachte sie. Dann war er wohl zahm und hatte sie deshalb nicht angegriffen.
    Die Straße verlief zwischen einigen Gehegen hindurch, bevor sie in das Tor und damit in den Hof des Vierkanters mündete.
    Diese kleinen Umzäunungen waren alle leer. Sie machten einen unbenutzten Eindruck, so als wären sie erst vor kurzem errichtet worden. Wahrscheinlich Zuchtkäfige, dachte Thania.
    Das Tor zum Hof stand offen. Sie sah sich nach einer Glocke oder irgendetwas um, womit sie sich bemerkbar machen konnte, fand aber nichts. Es erfüllte sie mit Unbehagen, einfach so einzudringen, aber ihr blieb keine andere Möglichkeit.
    Im Innern des geräumigen Hofes sah sie den Wolf wieder. Er musterte sie unruhig, unternahm jedoch nichts. Dann bemerkte sie drei weitere Augenpaare, die sie anstarrten. Erschrocken blieb sie stehen.
    Drei riesige Bestien kamen langsam über die Mitte des Hofes auf sie zu. Sie waren nicht so rötlich, sondern mehr dunkelgrau mit bräunlichen Schattierungen. Bis auf zehn Schritte kamen sie heran – gemächlich, ohne Eile. Die dunklen Augen musterten sie unverwandt.
    Thania fühlte die alte Furcht wieder in sich aufsteigen. Sie wusste nicht, wie sie sich verhalten sollte; am besten still und reglos, wenn sie die gefährlichen Tiere nicht reizen wollte.
    Andererseits konnte sie hier nicht bis in alle Ewigkeit stehen bleiben.
    Nichts verriet, ob Herr Woiew anwesend war oder nicht.
    Schließlich fasste sie sich ein Herz und ging weiter. Die Wölfe
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