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010 - Skandal in Waverly Hall

010 - Skandal in Waverly Hall

Titel: 010 - Skandal in Waverly Hall
Autoren: Brenda Joyce
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möglich, damit es kein Mißverständnis geben konnte: „Lassen Sie Seine Lordschaft nicht ins Haus. Der neue Marquess hat keinen Fuß in dieses Gebäude zu setzen. Für Dominick St. Georges ist der Zutritt verboten. Haben Sie verstanden?"
    Der Butler nickte. Seine Augen traten hervor, und Schweißperlen bildeten sich auf seiner Stirn.
    Anne schritt den Korridor hinab und ballte die Hände zu Fäusten. Dominick sollte es ja nicht wagen, hier aufzutauchen. Er war nicht willkommen. Nicht einmal jetzt - jetzt erst recht nicht.
    Nicht nach allem, was er ihr angetan hatte.
    Daß sie Mann und Frau waren, kümmerte sie in diesem Augenblick nicht im geringsten.

2. KAPITEL
    Waverly Hall tauchte vor Dominicks Augen auf. Das stattliche Backsteingebäude stand inmitten eines herrschaftlichen, gepflegten Parks. Hohe Ulmen beschatteten die schnurgerade Zufahrt. Ein sorgfältig gemähter Rasen zog sich endlos zu beiden Seiten hin. Weiter im Osten lag ein herrliches Gelände mit schönen Reitwegen. Im Westen sorgte fruchtbares Ackerland für reiche Gerste- und Haferernten. Auf den sanften grünen Hügeln weideten Kühe und grasten Schafe.
    Das Haus selbst war von üppigen Gärten umgeben, die in voller Blüte standen.
    Doch als Dominick jetzt die lange Kieseinfahrt zur Vorderfront des Hauses hinauffuhr, bemerkte er weder die Schönheit seines Elternhauses, noch empfand er irgendein Gefühl der Wärme.
    Er hatte keine schönen Erinnerungen an seine Kindheit. Aber Erinnerungen ließen sich verdrängen und durch neue ersetzen. Waverly Hall gehörte jetzt ihm. Alles hatte sich durch Philips vorzeitigen Tod verändert.
    Dominick schob den Gedanken an seinen Vater beiseite. Er mußte die Gäste begrüßen und durfte sich nicht anmerken lassen, was in ihm vorging. Während er die Kutsche verließ, bemerkte er die zahlreichen Equipagen, Broughams und kleinen Einspänner mit den livrierten Kutschern und Pferdeknechten in der halbkreisförmigen Einfahrt. Er hielt einen Moment inne und bereitete sich innerlich auf den nächsten Schritt vor.
    Auf sein Klopfen öffnete der Butler die Tür einen Spalt. „Mylord ..."
    Dominick wunderte sich ein wenig. Schließlich war es die Aufgabe des Butlers, die Gäste hereinzulassen. Trotzdem begrüßte er den vertrauten Bediensteten mit einem kurzen Lächeln. Er kannte den Mann seit seiner Geburt. „Guten Tag, Bennet."
    Bennet lächelte nicht zurück und öffnete die Tür nicht weiter. Hinter ihm sah Dominick die große hohe Eingangshalle mit ihrer kunstvollen Wandverkleidung und den Korridor mit dem schachbrettartigen Marmorboden, der links davon abging und das ganze Haus durchzog. Er hörte die gedämpfte Unterhaltung der Gäste im Salon und fragte sich, ob einer von ihnen das Ableben des verstorbenen Marquess tatsächlich bedauerte. Hatte Philip echte Freunde gehabt? Er, Dominick, glaubte es nicht, und der Gedanke stimmte ihn traurig.
    Philip war ein einsamer Mann, erkannte er unbehaglich. Ob er selbst ebenfalls unbeweint sterben würde? Ohne Freunde, ungeliebt und rasch vergessen?
    Der Butler hatte die Tür immer noch nicht geöffnet. „Bennet?" sagte Dominick ungeduldig.
    „Sir, ich ..." Der Butler redete nicht weiter. Der untersetzte Mann, der etwa Mitte Fünfzig sein mußte, wurde entsetzlich verlegen.
    „Ist das alles zur Begrüßung?"
    „Ich bin froh, Sie zu sehen, Sir. Wirklich", sagte Bennet rasch. „Und ich möchte Ihnen mein aufrichtiges Beileid zum Tod Ihres Vaters aussprechen. Es ist schrecklich, Mylord, einfach schrecklich." Bennets Augen füllten sich mit Tränen. Doch er machte weiterhin keine Anstalten, die Tür zu öffnen, damit Dominick eintreten konnte.
    Genauer gesagt, er schien ihm den Eingang mit seinem Körper versperren zu wollen.
    Dominick sah ihn verblüfft an. „Verwehren Sie mir den Zutritt?" fragte er erstaunt.
    Bennets Gesicht wurde dunkelrot. „Ihre Ladyschaft hat es mir befohlen. Ich bitte um Vergebung, Mylord."
    Einen Moment war Dominick verwirrt. Dann wurde ihm klar, daß die Anordnung nicht von seiner Mutter stammte. Seine Gattin war jetzt die neue Herrin von Waverly Hall.
    Seine Ehefrau - Anne.
    Dominick straffte sich unwillkürlich. Er wollte nicht an Anne erinnert werden.
    Jahrelang hatte er jeden Gedanken an sie verdrängt. Aber sie war seine Frau, und er würde zweifellos in Kürze mit ihr zusammentreffen. Wie hatte er das vergessen können?
    Die Schuldgefühle, unter denen er vier lange Jahre gelitten hatte, kehrten zurück und überwältigten ihn
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