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01-Unsterblich wie die Nacht-redigiert-25.10.12

01-Unsterblich wie die Nacht-redigiert-25.10.12

Titel: 01-Unsterblich wie die Nacht-redigiert-25.10.12
Autoren: Mina Hepsen
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zurück, in Ordnung?«
    Ihre Tante zögerte einen Moment, dann nickte sie. »Nun gut, meine Liebe, aber bleib nicht zu lange fort. Eine junge Dame sollte immer eine Anstandsdame dabei haben, selbst wenn sie sich die Nase pudert!«
    »Keine Sorge, Tante, es dauert nicht lange.«
    Kaum hatte Lady Dewberry ihr den Rücken zugekehrt, visierte Angelica eine riesige Topfpflanze an, die sie schon seit einiger Zeit mit begehrlichen Blicken gemustert hatte. Was für ein herrliches Versteck! Es war zwar reichlich albern, sich während eines Balls hinter einer Topfpflanze zu verstecken, aber das war Angelica im Moment egal.
    So schnell es möglich war, ohne Aufsehen zu erregen - was nicht sehr schnell war -, drängte sie sich durch den Ballsaal auf die Palme zu.
    Die Gesichter um sie herum verschwammen, Gespräche und Gedanken wurden zu einem lauten Summen, sie hatte das Gefühl, als müsste ihr gleich der Schädel platzen. Sie versuchte sich auf etwas zu konzentrieren, egal was, um die Stimmen zu verdrängen, aber sie war einfach zu müde.
    Bewundernden Blicken ausweichend, näherte sie sich ihrer Zuflucht. Plötzlich sah sie einen Mann, der unweit von ihrer Pflanze stand. Sie hätte über die Tatsache gelacht, dass sie diese Pflanze bereits im Geiste als die ihrige bezeichnete, wenn sie nicht viel zu sehr damit beschäftigt gewesen wäre, den Mann anzustarren.
    Er war atemberaubend, mindestens einen Kopf größer als die anderen Anwesenden. Hoch aufgerichtet und stolz stand er da, in Schlips und schwarzem Smoking. Angelica war wie gebannt. Das Stimmengewirr trat in den Hintergrund, aber sie merkte es nicht. Sie sah nur ihn.
    Angelica fiel auf, dass auch andere Frauen ihm Blicke zuwarfen, die einen begehrliche, die anderen ängstliche. Sie verstand die Letzteren, denn er war eine respekteinflößende, wenn nicht gefährliche Erscheinung; sie konnte seine Ausstrahlung selbst aus dieser Entfernung spüren. Er gehörte nicht in diesen glitzernden Ballsaal, in dem sich Pärchen in zahmen Tänzen drehten und sich die Damen der feinen Gesellschaft den neuesten Klatsch erzählten.
    Wer war er?
    Dunkelgraue Augen, kantige, ausdrucksvolle Gesichtszüge, die Haare schwarz wie die Nacht. Ja, er wirkte gefährlich, ein düsterer Racheengel.
    Wie kam sie bloß auf diesen Gedanken?
    Plötzlich bemerkte sie, dass sie sich dem Objekt ihrer Begierde fast bis auf Reichweite genähert hatte. Wie hatte sie sich nur so mitreißen lassen können? Sie war froh, dass er sie noch nicht bemerkt hatte. Oder vielleicht auch nicht: Es war ein ganz neues und ausgesprochen unangenehmes Gefühl für Angelica, feststellen zu müssen, dass sie sich beinahe wünschte, er würde sie bemerken.
    Sie hatte schon viele gutaussehende Männer kennen gelernt, aber noch keiner hatte sie derart aus der Fassung gebracht. Es musste ihr schlechter gehen, als sie vermutete, wenn sie sich derart von einem Mann verwirren ließ.
    Angelica gab sich einen Ruck und schlüpfte rasch hinter die Pflanze. Dort holte sie erst mal tief Luft, einmal, zweimal, noch einmal. Puls- und Herzschlag normalisierten sich. Und nachdem sie etwa fünf Minuten lang die grünen Blätter angestarrt hatte, merkte sie, dass sie sich beruhigt hatte.
    »Ein guter Platz. Ich hätte eigentlich selbst darauf kommen sollen.« Die tiefe, belustigte Stimme neben ihr ließ Angelica bis zu den Haarwurzeln erröten.
    »Ich gestehe, ich hätte nichts dagegen, wenn Sie sich in Luft auflösen würden. Dann könnte ich einfach so tun, als hätte ich keinen Grund, mich ins nächste Mauseloch zu wünschen.«
    Der Fremde lachte leise.
    »Man preist Ihre Vorzüge in sämtlichen Salons, aber dass Sie auch Sinn für Humor haben, davon hat mir keiner erzählt.«
    Angelica, die in ihrer Verlegenheit die Augen zugemacht hatte, riss diese jetzt auf und drehte sich zu dem Mann um, der sie in ihrem Versteck aufgestöbert hatte. Ein seltsames Gefühl überkam sie, als sie nun in seine Augen schaute. Es waren sanfte, braune Augen, und sie blickten sie mit einem humorvollen Funkeln an. Keine stahlgrauen Augen, und Angelica bemerkte mit einiger Beunruhigung, dass sie leicht enttäuscht darüber war.
    »Bitte entschuldigen Sie mein schlechtes Benehmen. Ich bin Lord Nicholas Adler, zu Ihren Diensten.«
    Groß, kantiges Kinn, freundliche Augen und schöne Hände: Lord Nicholas Adler war der attraktivste Mann, den sie je gesehen hatte … wäre da nicht ihr mysteriöser Fremder.
    Ihr  mysteriöser Fremder! Was war bloß los mit ihr?
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