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0099 - Die Lava-Falle

0099 - Die Lava-Falle

Titel: 0099 - Die Lava-Falle
Autoren: Richard Wunderer
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Strümpfe hingen in Fetzen an ihren Beinen. Das Kleid war ebenfalls zerrissen. An beiden Schuhen fehlten die Absätze.
    »Mrs. Willard!« stieß ich keuchend hervor.
    Ich erreichte den Wall, als sie die Krone erklomm.
    Mit weit ausgebreiteten Armen blieb sie für einen Moment stehen. Und das war meine Chance.
    »Pat, da bin ich!« rief sie.
    Sie wollte noch einen Schritt tun. Doch in diesem Augenblick schnellte ich mich vorwärts. Mit einem Hechtsprung warf ich mich zu Boden und griff zu.
    Ich spürte einen scharfen Schmerz an Brust, Ellbogen und Knien, doch ich achtete nicht weiter darauf.
    Meine Hände packten zu und schlossen sich in einem harten Griff um Mrs. Willards Fesseln.
    Sie schrie gellend und stürzte vornüber. Die Frau tat mir leid. Bei dem Fall schlug sie sich an den messerscharfen Kanten der Geröllsteine Arme und Kinn auf.
    Ohne sie loszulassen, schob ich mich das letzte Stück hoch und sah endlich über die Krone hinweg.
    Mir stockte der Atem. Es war plötzlich völlig gleichgültig, daß Mrs. Willard sich bei dem Sturz leicht verletzt hatte. Ein Schritt weiter, und sie hätte ein unvorstellbar grauenhaftes Ende gefunden.
    Es war alles wie in Lizzy Brooks Bericht. Ich sah einen Krater, bis zum Rand angefüllt mit flüssiger Lava. Die ausgestreckten Finger der Frau reichten fast bis an die kochenden Gesteinsmassen heran. Ein Wunder, daß sie sich die Hände nicht verbrannte.
    Das Schrecklichste war jedoch die Gestalt, die im Mittelpunkt des Lavasees aufrecht stand. Ihre Füße sanken bis zu den Knöcheln in der höllischen Glut ein.
    »Pat, Pat, ich will zu dir!« wimmerte Mrs. Willard und streckte sehnsüchtig die Arme nach dem Mädchen aus.
    Schaudernd richtete ich mich auf und hob die Frau vom Boden hoch. Das Wesen dort im Lavasee mußte einmal ihre Tochter gewesen sein. Jetzt war sie kein lebender Mensch mehr, sondern ein Untoter, ein Sendbote der Hölle, ein Geschöpf der Dämonen. Ihre Augen glühten in einem unheiligen Feuer und schickten haßerfüllte Gedanken zu mir herüber.
    Ich empfing den Befehl, zusammen mit Mrs. Willard den Lavasee zu betreten. Und ich fühlte gleichzeitig, daß an Mrs. Willard der lockende Ruf erging, endlich ihre geliebte Tochter in die Arme zu schließen.
    Ich verstand die arme Frau nur zu gut, daß sie sich gegen mich sträubte und um jeden Preis von mir loskommen wollte. Ein wahrhaft satanischer Plan, den ich jedoch durchkreuzte.
    Im wahrsten Sinn des Wortes!
    Ich faßte an mein silbernes Kreuz, das sich durch die Nähe des Dämonischen erhitzt hatte, und hielt es hoch empor. Sofort erlosch die Gedankenbotschaft. Mrs. Willard wurde in meinen Armen schlaff. Sie wimmerte nur noch leise.
    »Schon gut, Mrs. Willard«, sagte ich beruhigend. »Kommen Sie, ich bringe Sie von hier weg!«
    Sie konnte nicht gehen. Ihre Schuhe besaßen keine Absätze mehr, und sie selbst war völlig erschöpft. Kurz entschlossen hob ich sie auf meine Arme. Schluchzend barg sie ihr Gesicht an meiner Brust.
    Der Abstieg mit dieser Last war schwer genug. Es kam jedoch noch schlimmer.
    Die Untote ließ uns nicht so einfach ziehen.
    »Bleibt stehen!« schrie sie kreischend. »Seht her!«
    Ich wandte den Kopf, da ich wenigstens wissen wollte, was dieser höllische Krater noch für Überraschungen bereithielt.
    »Seht her!« kreischte die Untote. »Seht in die Tiefe! Das ist Surtur, der Feuergeist! Noch ist er nicht stark genug, aber bald wird er mächtiger als alle anderen sein! Er wird die Welt erobern! Und niemand wird sich ihm in den Weg stellen, auch du nicht, John Sinclair!«
    »Das wollen wir erst einmal abwarten!« schrie ich zurück und starrte gebannt in den Lavasee.
    Tief unten brodelte etwas. Ich sah es durch das flüssige Gestein hindurch. Ein unförmiger Körper wälzte sich hin und her, nahm verschiedene Gestalt an und erinnerte mich am ehesten noch an einen überdimensionalen Kraken, der seine Fangarme in meine Richtung ausstreckte.
    Mrs. Willard blieb der scheußliche Anblick erspart. Sie war in meinen Armen ohnmächtig geworden.
    Nun wurde es Zeit zum Verschwinden. Die Untote mußte nämlich einsehen, daß sie uns nicht in ihren Bann ziehen konnte. Und sie rächte sich auf ihre Weise.
    Sie bückte sich und griff mit beiden Händen in das zähflüssige Gestein. Mit unvorstellbarer Kraft schleuderte sie Lava nach mir.
    Ich sah die Klumpen durch die Luft fliegen und rannte los. Pat Willard warf weit genug, um mich zu treffen. Und ich wußte, daß schon eine einzige Berührung mit der
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