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0097 - Das Höllentor

0097 - Das Höllentor

Titel: 0097 - Das Höllentor
Autoren: Dieter Saupe
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unter die Lupe zu nehmen. Vielleicht fällt ihnen etwas auf. Aber ich habe nicht nur den Tempel zu untersuchen. Ich muß herausfinden, wo die entführten Männer und Mädchen sind. Wenn der Weg zu ihnen durch den Tempel nicht frei ist, werde ich einen anderen Eingang finden.«
    »Einen Eingang? Wozu oder wohin denn?« fragte das Mädchen überrascht.
    »Du weißt aus meinem Bericht, daß man der Yamun-Sippe das Wasser aus der Oase abgräbt. Es muß unter der Erde aufgesammelt werden. Also werden die Speicher angezapft. Das geht nur vom Inneren des Felsens her. Und eben dort vermute ich die geraubten und entführten Berber und ihre Mädchen.«
    »Das ist ein ganz mieser Job, Zamorra«, sagte Nicole ziemlich hoffnungslos. »Du kämpfst diesmal gegen eine fremde Welt. Und selbst die Leute, denen du helfen willst, haben eine andere Weltanschauung als wir.«
    »Das ist keineswegs hinderlich«, gab Zamorra zurück. »Wir haben etwas gemeinsam. Wir wollen das Unrecht bekämpfen. Menschliche und dämonische Gewalt, wo immer wir sie antreffen.«
    Nicole nickte stumm.
    »Und was tun wir heute abend?« fragte sie.
    »Wir holen nach, was du allein schon getan hast. Aber gemeinsam, und zu Fuß. Wir bummeln ein wenig durch die Stadt. Möglich, daß wir etwas über unsere Gegner erfahren.«
    ***
    Die Straße war ziemlich hell erleuchtet. Etliche der kleineren Basare waren noch geöffnet. Ab und zu blieben Nicole und Zamorra stehen, wie um die Auslagen zu betrachten. Aber sie sahen sich verstohlen um, ob es ein Anzeichen für neue Verfolger gab.
    Plötzlich fühlte sich Zamorra am Ärmel gezupft.
    »Ihr seid der große Taleb aus Frankreich, nicht wahr?«
    »Ich bin kein Medizinmann«, sagte der Professor, verwundert darüber, daß man ihn an diesem Tag schon zum zweitenmal so anredete.
    »O, ich weiß, Sidi! Ihr seid mehr als ein Taleb. Ihr seid ein Marabut, ein Heiliger. Ich spüre es in meinem Herzen, seit ich von Euch gehört habe. Ich lese alles, was die Zeitungen über Euch schreiben. Ihr seid auf der Seite des Großen Berbers, des einzigen Magur, der euch seine Kraft schenken möge.«
    »Und wer seid Ihr?« fragte Zamorra. »Ich heiße Jawash, ich bin der Jüngere Jawash, müßt ihr wissen. Mein Vater, der ältere Jawash, sitzt zu Hause, in unserer Sippenburg, und der Himmel hat Trauer über ihn und unsere Familie gebracht. Mein Vater sitzt und weint, und meine Mutter sitzt und weint, denn auch wir haben einen Bruder und eine Schwester verloren. Ben Jussuf hat sie uns geraubt. Aber mein Vater ahnt, wie er sie durch den Tempel bringt.«
    Zamorra horchte auf. Was sagte dieser junge Mann da? Jemand wußte den geheimen Weg durch den Tempel?
    »Könnt Ihr mich zu Eurem Vater führen?« fragte er schnell. »Er muß mir diesen Weg zeigen oder aufzeichnen. Ich muß die Entführten wiederfinden.«
    »Ich führe Euch gern zu ihm, Sidi. Es ist nicht sehr weit zu unserer Kashbah.«
    »Wie weit ist es denn zu eurer Sippenburg?« fragte Zamorra schnell, und der andere überhörte den Unterton in seiner Stimme.
    »Fünfzehn Minuten zu Fuß, Sidi, bis zu unserer Kashbah. Ihr erlaubt, daß ich noch einen Freund mitnehme. Auch sein Bruder ist in der Gewalt des Hundesohnes Ben Jussuf.«
    ***
    »Sein Französisch ist seltsam«, stellte Nicole fest, als sie mit Zamorra auf die Rückkehr Jawashs wartete.
    »Das ist nicht außergewöhnlich, Nicole«, erklärte der Professor. »In Marokko spricht fast jeder etwas Französisch, auch diejenigen Stämme, die nie mit Frankreich in Berührung gekommen sind oder sogar von Franzosen abstammen. Aber das betrifft vorwiegend die Städte. Auf dem Land, unter Berbern, Beduinen und allen Nomadenvölkern, hat sich die alte Sprache, der alte Dialekt erhalten. Daher diese merkwürdige Sprachmischung von Berberworten, Französisch und Arabisch. Aber unser junger Mann spricht natürlich am besten Arabisch. Der Mann lügt nämlich.«
    »Was sagst du?« rief Nicole erstaunt.
    »Dieser Jawash lügt, sage ich. Er ist kein Berber. Vielmehr ist das Ganze eine Falle.«
    »Wie bist du darauf gekommen?« fragte das Mädchen gespannt.
    »Kein Berber nennt seine Sippenburg, das Haus, wo er mit seiner großen Familie lebt, eine Kashbah.«
    »Sondern?«
    »Für die Berber ist es ihr Agadir. Sie haben ja sogar eine ganze Stadt so genannt. Unser Freundchen hat sich da keinen Ausrutscher geleistet. Ihm ist das Wort Kashbah einfach deswegen vertraut, weil er ein Araber ist.«
    »Und was hast du vor?« fragte Nicole erregt.
    »Wir
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