Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0085 - Der Feuergötze

0085 - Der Feuergötze

Titel: 0085 - Der Feuergötze
Autoren: Hans Wolf Sommer
Vom Netzwerk:
Mischung zwischen abend- und morgenländischen Stilelementen und wirkte ausgesprochen farbenfroh. Ein strahlendes Weiß sowie ein leuchtendes Blau waren vorherrschend. Weiß wegen der Hitze und Blau wegen der Insekten. Das Schwarz wegen des Charakters Chedlis fehlte allerdings.
    Zamorra betätigte den Klingelzug, einen Bronzedschinn mit tückischem Gesicht. Wenigstens der paßt, dachte er.
    Ein europäisch gekleideter Mann öffnete. Er war schon älter und erinnerte Zamorra stark an seinen getreuen Raffael. Der Mann fragte sie in kultiviertem Französisch nach ihren Wünschen.
    »Wir möchten Monsieur Chedli sprechen«, sagte der Professor.
    »Wen darf ich melden?«
    »Arsene Arnoud aus Lyon und Sekretärin.«
    Einen Arsene Arnoud aus Lyon gab es wirklich. Ahlem hatte ihnen verraten, daß dies der Name eines Geschäftsfreunds ihres Vaters war.
    Das Raffael-Ebenbild bat sie herein und geleitete sie in einen pompösen Salon mit wuchtigen Ledermöbeln. Dieser Raum war offenbar speziell auf europäischen Geschmack zugeschnitten, denn er hatte überhaupt nichts Orientalisches an sich.
    Raffael II empfahl sich mit dem Versprechen, seinen Dienstherren von ihrem Besuch in Kenntnis zu setzen.
    Arnoud schien ein guter Geschäftsfreund zu sein. Sidi Ahmed ben Chedli kam fast umgehend.
    Er sah ungefähr so aus, wie ihn sich Zamorra vorgestellt hatte. Typ orientalischer Wüstling, bekannt aus Film, Funk und Werbefernsehen. So ungefähr jedenfalls.
    Er blieb in der Tür stehen, als er sie sah.
    »Sie sind nicht Arsene Arnoud«, stellte er richtigerweise mit einer tiefen, fast grollenden Baßstimme fest.
    »Sehr richtig«, sagte der Professor, »aber irgendwie mußten wir ja in Ihr Domizil reinkommen, nicht?«
    »Was soll das heißen? Wer sind Sie?«
    Der Professor redete nicht lange um den heißen Brei herum.
    »Sie kennen mich, Monsieur Chedli«, sagte er fast heiter. »Mein Name ist Zamorra!«
    Chedli reagierte ganz normal. Nicht wie jemand, der mit bösen Mächten im Spiel war, sondern wie ein durchschnittlicher Feigling, der bei kitzligen Sachen lieber andere Leute ihre Köpfe hinhalten ließ. Er versuchte, schnellstens zu verschwinden.
    Damit hatte Zamorra gerechnet. Wie ein Panther schnellte er aus seinem Sessel hoch. Mit einem langen Satz war er an der Tür und hatte den übergewichtigen Mann am Kragen.
    »Schön hiergeblieben, mein Freund!«
    Er zog den Widerstrebenden ins Zimmer und schloß die Tür. Dann zerrte er ihn quer durchs Zimmer und drückte ihn in einen Sessel. Drohend baute er sich davor auf.
    »Was… was wollen Sie von mir?« stotterte der fette Kaufmann, dem man eine so hübsche Tochter wie Ahlem niemals zugetraut hätte.
    »Sie wissen verdammt genau, was ich von Ihnen will!« sagte der Professor bissig.
    »Ich habe keine Ahnung.«
    »Haben Sie heute morgen die Zeitungen noch nicht gelesen?«
    »N… nein.«
    »Sie lügen, Monsieur. Ein Mann in ihrer Position liest immer die Zeitungen!«
    Natürlich hatte er den Bericht gelesen. Der Professor sah es ihm überdeutlich an. Er war das leibhaftige schlechte Gewissen. Verrückt? Zu irrationalen Handlungen neigend und unter fremden Einflüssen stehend, wie das Mädchen gesagt hatte? Er war nicht dieser Ansicht. Dieser Mann schien ihm ein ganz alltäglicher Schurke zu sein.
    »Also, Monsieur Chedli…«
    Zamorra redete nicht weiter, wurde gestört.
    Durch ein offenstehendes Fenster drangen ungewöhnliche, ferne Laute herein.
    Nicole zuckte zusammen. »Chef, was ist das? Das hört sich ja an, als würde da irgendwo ein… Löwe brüllen!«
    Zamorra lauschte angespannt. Nicole hatte nicht unrecht, es hörte sich wirklich so an… Nein, doch nicht. Da war es wieder. Und jetzt, da er darauf vorbereitet war, bekam er jede Nuance der fremdartigen Laute mit.
    »Das ist kein Löwe«, stellte er überzeugt fest. »Das ist ein Blasinstrument.«
    »Hört sich aber überhaupt nicht blechern an«, wandte das Mädchen ein.
    »Ein Blasinstrument muß nicht aus Blech sein. Bronze wäre auch möglich.«
    Die Töne waren verklungen, wiederholten sich auch nicht mehr. Achselzuckend wollte der Professor zur Tagesordnung zurückkehren. Er blickte Chedli wieder an und… hielt unwillkürlich den Atem an.
    Eine starke Veränderung war mit dem Mann vor sich gegangen. Sein Gesicht hatte jeden Ausdruck verloren, war zu einer starren Maske geworden. Seine Augen hatten sich getrübt, stierten ins Leere. Er stand ganz plötzlich auf, steif wie eine Marionette. Und genau wie eine Marionette
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher