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0074 - Das Grauen

Titel: 0074 - Das Grauen
Autoren: Unbekannt
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er Everson an. Seine Augen waren unnatürlich geweitet.
    „Sir", flüsterte er, „es ist jemand an Bord."
    Eine eiskalte Welle der Furcht kroch Eversons Rückenwirbel empor. Hier war es wieder, das unbestimmbare Gefühl von nahender Gefahr. War Goldstein verrückt geworden? Die Augen des Mutanten glänzten irre. Seine Lippen waren ausgetrocknet und rissig. Er stieß seinen Stuhl zurück und taumelte auf Everson zu. Ein hysterisches Lachen gellte in Eversons Ohren. Entsetzt traf der Colonel einige Schritte zurück.
    „Es ist jemand an Bord", heulte Goldstein mit verzerrtem Gesicht. „Ich habe Ihnen eine nette Überraschung mitgebracht, eine tolle Überraschung. Ich habe den Tod in unsere FAUNA geschleppt."
    Everson drückte ihn auf das zerwühlte Bett. Entschlossen schaltete er das Mikrophon über dem Tisch ein.
    „Doktor!" rief Everson. „Dr. Morton! Hier spricht der Kommandant. Kommen Sie bitte sofort zu Goldstein, der Junge dreht durch."
    Einen Augenblick später knackte der kleine Lautsprecher. Die rauhe Stimme des Schiffsarztes ertönte: „Bin schon unterwegs, Sir."
    Gleich darauf stürzte Dr. Morton herein. Er war ungepflegt wie immer. Sein Hemd flatterte über der Hose. Sein zerzauster Backenbart schien eine Behandlung mit einem Rasenmäher hinter sich zu haben.
    Die Hosen des Arztes wurden von dünnen Riemchen gehalten, die eine undefinierbare Farbe aufwiesen und mehrfach verdreht über die Schultern gestreift waren. Morton hatte Augen von unwahrscheinlich blauer Farbe. Hell und lustig stachen sie aus einem Dickicht schwarzer Augenbrauen hervor. Jetzt, als sie auf Goldstein blickten, wurden sie ernst.
    „Er hat Fieber", stellte der Arzt fest.
    „Der Tod ist im Schiff", schrie Goldstein. „Warum glauben Sie mir nicht? ich bin der Telepath, ich spüre es. Tun Sie doch etwas, Sir."
    Scoobey tauchte in der Tür auf. „Ich habe den Lärm gehört", sagte er. „Was ist denn los?"
    Everson deutete auf den Mutanten. „Noch ein Gespensterseher, Walt."
    Dr. Morton hantierte mit einer Spritze. Scoobey beobachtete ihn mißtrauisch.
    „Das wird ihn beruhigen", verkündete Morton und richtete sich ächzend auf. Er schwang die Spitze wie eine Waffe.
    „Vielen Dank, Doc", sagte Everson. „Walt, gehen Sie wieder an die Arbeit."
    Als Scoobey außer Hörweite war, sagte Dr. Morton: „Es sieht nicht gut aus, Sir."
    Everson nickte. Goldstein lag starr auf seinem Bett. Der Arzt stampfte davon. Seine Schritte trommelten über den Aluminiumsteg. Als sie verklungen waren, überkam Everson ein Gefühl der Niedergeschlagenheit.
     
    *
     
    Gonzales Ramirez betrat seine Kabine und atmete erleichtert auf. Er war ein mittelgroßer, hagerer Junge, der kurz vor seiner Abschlußprüfung auf der Raumakademie stand. Obwohl er in den vergangenen Stunden nur Routinedienst hinter sich gebracht hatte, war es doch ein Unterschied, ob man im Unterrichtsraum der Schule oder im Weltraum arbeitete.
    Ramirez ließ sich auf dem bequemen Stuhl nieder. Nach einigen Stunden der Ruhe würde er sich wieder zu Mataal begeben, um dem Eppaner die arkonidische Sprache beizubringen. Belustigt dachte Gonzales an die Schwierigkeiten, die ihm diese vokalreiche Sprache vor einigen Jahren noch bereitet hatte.
    Er entledigte sich seiner Uniformjacke. Die dunkle Haut seiner Arme wurde sichtbar. Irgendwo in Mexiko war sie zum ersten Mal von der Sonne beschienen worden - wie fern das jetzt war. Eine vage Erinnerung an heiße Sommertage, glühenden Sand, schrille Stimmen von schwarzäugigen Kindern und den Geruch von Tortillas.
    Ramirez schnalzte unwillkürlich mit der Zunge. Weit lehnte er sich in dem Stuhl zurück. Mexiko das war die Vergangenheit, eine heiße, farbenfrohe Welt irgendwo auf der Erde. Und die Zukunft? Ramirez Finger tastete über die Sternenkarte, die mit kleinen Stiften über den Tisch genagelt war. Das war die Zukunft. Er nickte zufrieden. Still träumte er vor sich hin.
    Er hörte, wie seine Kabinentür geöffnet wurde. Ruckartig fuhr er hoch. War er eingeschlafen? Niemand war im Zimmer. Vielleicht hatte sich ein Besucher gerade wieder abgewandt, um ihn nicht zu wecken. Hastig sprang er auf, um nachzusehen. Der lange Gang lag aber leer und verlassen.
    Dann erinnerte er sich an Finney, und es fielen ihm die Worte ein, die dieser zu Everson gesagt hatte: „Ich dachte, es sei jemand in meiner Nähe." Ramirez grinste. Er hatte sich von Finney verrückt machen lassen. Er ging zu seinem Bett und glättete die Decken. Bevor er Mataal aufsuchte,
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