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0068 - Wir holten sie vom Schiff

0068 - Wir holten sie vom Schiff

Titel: 0068 - Wir holten sie vom Schiff
Autoren: Wir holten sie vom Schiff
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schnell den Schein zurück und sagte: »Erst wenn Sie uns unsere Fragen beantwortet haben.«
    Offenbar hatte ich die richtige Methode getroffen, denn augenblicklich klirrte die Sicherungskette und die Tür ging auf. Der Dunst billigen Fusels, der uns entgegenschwebte, ließ uns hastig zur Zigarette greifen.
    Die Frau führte uns durch einen stockdunklen Flur in eine nicht viel hellere Küche. Zum Glück stand das kleine Fenster wenigstens offen, sodass ein bisschen frische Luft herein konnte.
    Wir suchten uns zwei Küchenstühle, die einigermaßen sauber waren, sodass man sich darauf niederlassen konnte. Während wir schweigend rauchten, musterten wir die Frau, die sich uns gegenüber gesetzt hatte.
    Sie mochte an die fünfzig Jahre alt sein, war fett und ungepflegt und hatte graue Haare, die an diesem Vormittag garantiert noch keine Bekanntschaft mit einem Kamm gemacht hatte. Die Augen waren gerötet und blickten leicht glasig, wie man es bei Menschen gewohnt ist, die ständig unter Alkohol stehen.
    Ich war sehr gespannt, ob uns diese Frau weiterbringen konnte. Seit vier Tagen hatten wir zweihundert G-men, sämtliche Polizeireviere und alle Zeitungen mobilgemacht, um diese Berty Johnson zu finden, die wir durch direkten Fahndungsauftrag aus Washington zu suchen hatten.
    Ein Milchmann hatte uns schließlich den Tipp mit dieser Mrs. Vanderland gegeben. Wenn dieser Tipp falsch war, würden wir Berty Johnson nie finden, denn alle anderen Möglichkeiten hatten wir bereits ausgeschöpft.
    »Na, was wollen Sie nun eigentlich?«, fauchte das Reibeisen.
    Ich beschloss, vorsichtig auf unser Ziel loszusteuern und nicht mit der Tür ins Haus zu fallen.
    »Ich habe gehört, dass Sie möblierte Zimmer vermieten, Mrs. Vanderland?«
    Die Frau nickte abrupt.
    »Ja. Aber nicht an Männer.«
    »Nur an Frauen?«
    »An wen sonst, wenn ich sage, dass ich nicht an Männer vermiete?«
    Ich schob ihr meine Zigarettenpackung über den Tisch.
    »Mögen Sie?«
    »O ja«, sagte sie schnell. »Danke.«
    Phil gab ihr Feuer. Sie rauchte mit der Gier des Gewohnheitsrauchers, der die Zigarette lange entbehrt hat.
    »Wie viel Zimmer vermieten Sie?«
    »Drei. Ein Doppel- und zwei Einzelzimmer.«
    »In dem Doppelzimmer wohnt ein Ehepaar?«
    »No. Das vermiete ich immer an zwei Freundinnen. Es gibt genug Mädchen in New York, die gern mit einer Freundin das Zimmer teilen, um dadurch weniger Miete zahlen zu müssen.«
    Ich nickte.
    »Klar. Das lässt sich denken. Aber warum vermieten Sie eigentlich? Brauchen Sie die Einnahmen von den Zimmern?«
    »Was denn sonst? Glauben Sie, ich ärgere mich aus Jux und Laune mit fremden Weibern herum? Mein Mann ist vor zwei Jahren verunglückt. Der geizige Kerl hatte keine Lebensversicherung und rein gar nichts abgeschlossen, wovon ich hätte leben können. Er hat alles versoffen, der elende Kerl…«
    Ich schwieg. Wer von den beiden alles Geld in Alkohol umgesetzt hatte, war durchaus zweifelhaft.
    »Die Sache ist die«, begann ich vorsichtig. »Wir beide stammen aus Montana. Aus Lewistown, wissen Sie? Das ist ein ganz kleines Nest von ungefähr sechstausend Einwohnern, in dem vorwiegend Viehzüchter leben oder wenigstens gelebt haben. Jedenfalls kennt einer den anderen in diesem Städtchen. Jetzt haben wir beide geschäftlich hier in New York zu tun, und da wollten wir einer Nachbarin aus Lewistown gern einen Gefallen tun.«
    »Und? Was habe ich damit zu tun?«, bellte Mrs. Vanderland.
    »Wir suchen eine Miss Berty Johnson. Das Mädchen ist zweiundzwanzig Jahre alt und seit November Vergangenen Jahres in New York. In Lewistown sitzt ihre einzige Verwandte, eine alte Tante, die an dem Mädchen Mutterstelle vertrat. Seit Berty nach New York ging, hat sie nichts wieder von sich hören lassen, und die Tante macht sich natürlich Sorgen.«
    »Und?«, fragte die Frau. Ihre Stimme hatte plötzlich einen lauernden Klang.
    »Ein anderer Bekannter aus Lewistown traf Miss Johnson zufällig mal hier in New York. Dabei sagte sie, dass sie hier in dieser Gegend wohnte. Wir dachten, dass sie vielleicht bei Ihnen gewohnt haben könnte?«
    Ich sah sie mit einem möglichst harmlosen Gesichtsausdruck an.
    Sie rauchte. Noch hastiger als vorher. Irgendetwas an dieser Frau war mysteriös, geheimnisvoll, rätselhaft. Aber was?
    Es war, als müsste sie darüber nachdenken, was sie mir antworten sollte. Schließlich warf sie mit einer entschlossenen Gebärde die Zigarette zu dem offenstehenden Fenster hinaus und sagte: »Ja. Berty Johnson hat
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