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0057 - Der Höllenschlund

0057 - Der Höllenschlund

Titel: 0057 - Der Höllenschlund
Autoren: Michael Hrdinka
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Coburn hörte das an den tiefen Schnarchtönen.
    Seltsam, was hat mich geweckt?
    Er ließ sich zurückgleiten, zog die Decke bis zum Kinn hoch und vergrub seinen Kopf wieder in das Kissen. Eine seltsame Unruhe hatte plötzlich von ihm Besitz ergriffen. Er befand sich in einem nie vorher da gewesenen Erregungszustand.
    Draußen orgelte der Wind, peitschte die regennassen Zweige monoton gegen das Fenster. Große Tropfen prasselten auf das Dach.
    Coburn schloss die Augen, aber er konnte nicht einschlafen. Er vermeinte, die Gefahr greifen zu können, die ihn mit einem Mal umgab.
    Ja, irgendetwas war im Zimmer.
    Er knipste das Nachttischlämpchen an, warf einen Blick auf den Wecker.
    Fünf vor Zwölf!
    Er erhob sich. Seine Frau schlief weiter.
    Dann verließ er das Zimmer, um nach Willy, seinem Sohn, der im angrenzenden Zimmer schlief, zu sehen.
    Er betrat den Korridor. Mechanisch tastete seine Hand nach dem Lichtschalter. Es kam ihm wie eine Ewigkeit vor, bis endlich die Beleuchtung aufflammte.
    Coburn blickte sich gehetzt um. Eine eiskalte Gänsehaut kroch seinen Rücken hoch, sträubte seine Nackenhaare.
    Er nahm seinen Schlafrock vom Kleiderhaken, zog ihn an. Coburn näherte sich vorsichtig der Tür von Willys Zimmer. Eine lose Diele knarrte unter seinem Schritt.
    Jäh war dumpfes Grollen zu hören.
    Frank Coburn erstarrte in der Bewegung, lehnte sich mit dem Rücken gegen die Wand und merkte, dass sie leicht vibrierte.
    Ein Gewitter! , schoss es ihm durch den Kopf.
    Aber um diese Jahreszeit?
    Er lebte schon lange in Wilbury, aber ein Gewitter im Spätherbst war ihm noch nie untergekommen.
    Draußen rumorte es weiter, wie ein nicht enden wollender Donnerschlag.
    Plötzlich klirrte es auch im Hof von Coburns Haus. Irgendetwas schepperte schrill, verstummte aber dann.
    Frank Coburn zog den Vorhang eines Fensters zurück, um nach draußen zu spähen. Matt beleuchteten die Straßenlaternen mit den Ausläufern ihrer Strahlen den kleinen Garten und den Hof.
    Eine Mülltonne, die anscheinend der orkanartige Sturm umgeworfen hatte, rollte über die Pflastersteine.
    Coburn atmete erleichtert auf, doch die Angst wich nicht. Er zog hastig den Vorhang wieder vor das Fenster, als fürchtete er, von draußen beobachtet zu werden.
    Als er in Willys Zimmer gehen wollte, bemerkte er, dass eines der Bilder, die die Wände des Korridors schmückten, schief hing.
    Es war ein Porträt seiner verstorbenen Mutter.
    Er streckte seine Hand aus, richtete das Bild gerade. Als er sich umdrehte, öffnete sich die Tür hinter ihm.
    Ein kreidebleicher, zwölfjähriger Junge trat aus dem Zimmer.
    »He, Willy!«, rief Coburn aus, der sichtlich erstaunt war, dass sein Sohn wach war. Jetzt fiel ihm auch wieder ein, dass er während der vergangenen Wochen öfter unter Schlaflosigkeit gelitten hatte. Jedoch hatte er nie zuvor solch ein Angstgefühl verspürt.
    »Daddy!«, rief der Junge überglücklich und fiel Coburn um den Hals. Er sah verstört und ängstlich aus.
    »Na, na, beruhige dich. Was ist denn los mit dir?« Coburn streichelte Willy beruhigend über den Wuschelkopf.
    »Ich weiß nicht!«
    »Hast du Fieber? Bist du krank?«
    »Nein! Ich habe nur Angst!«
    »Aber wovor denn, Willy? Du brauchst dich doch nicht zu fürchten«, meinte Coburn beschwichtigend, während seine innere Unruhe von Minute zu Minute wuchs.
    Was war hier eigentlich los?
    »Unten rumort es so, Daddy!«
    »Ja, das ist der Wind. Gerade eben hat er eine Mülltonne im Hof umgeworfen. Das Geräusch hat dich wahrscheinlich aufgeweckt!«
    »Nein, ich bin schon länger wach. Seit zehn Minuten etwa!«
    Seltsam, genau wie ich! , rekapitulierte Coburn, der sich seine Aufregung nicht anmerken ließ.
    »Warum bist du auf, Daddy?«
    Coburn zuckte zusammen. Er war auf so eine Frage nicht gefasst.
    »Weil ich… Durst hatte, Willy«, stotterte er.
    Der Junge nahm seinen Vater an der Hand.
    »He, du zitterst ja!«, rief er dann.
    Coburn wusste nicht, was er erwidern sollte.
    Seine Frau, die gerade schlaftrunken aus dem Zimmer torkelte, kam ihm in seiner Verlegenheit zu Hilfe.
    »Frank, Willy, was ist denn los? Was habt ihr um diese unchristliche Zeit wohl zu besprechen? Macht, dass ihr in die Federn kommt!«, gähnte sie.
    Coburn drehte sich um. Er erstarrte in der Bewegung!
    »Nein«, rief er aus.
    »He, Frank, was ist mit dir los? Hast du irgend etwas?«
    Martha Coburn war plötzlich hellwach. Ihr Gatte schien sie gar nicht zu hören. Er glotzte mit weit aufgerissenen Augen auf das Bild an
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