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0019 - Die Schreckenskammer

0019 - Die Schreckenskammer

Titel: 0019 - Die Schreckenskammer
Autoren: Susanne Wiemer
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hätte nicht erst weiterzugehen brauchen, um zu wissen, daß die Dämonen ein Opfer gefunden hatten.
    Aber er ging trotzdem.
    Zwölf Stufen führten nach unten. Anabel war auf halbem Wege stehengeblieben – als habe der treibende Befehl sie plötzlich im Stich gelassen. Zamorra schob sie beiseite, streifte ihr bleiches Gesicht mit einem flüchtigen Blick, und dann blieb auch er stehen wie von einem Stromstoß getroffen.
    Die Tür am Fuß der Treppe bewegte sich.
    Aus dem Raum dahinter war rötlicher Widerschein gefallen, jetzt verdunkelte sich das helle Viereck. Eine Gestalt taumelte heraus, schwerfällig, stolpernd, ein massiger Gigant aus Stahl. Flammen schienen Marric zu verfolgen. Feuergestalten sprangen ihn an, wie ein Orkan brauste das Heulen und Fauchen durch den Keller, und der Schrei des Magiers ging unter im triumphierenden Kreischen seiner Verfolger.
    Marric stolperte.
    Zamorra biß die Zähne zusammen, hob blitzschnell die Hände, riß sich das Amulett vom Hals – doch es war schon zu spät, um noch etwas zu verhindern.
    Denn im selben Moment fielen die Dämonen bereits über ihr Opfer her.
    Wie eine Sturzflut schlugen sie über ihm zusammen. Marric schrie, schlug um sich, versuchte vergeblich, weiterzukriechen. Flammen hüllten ihn ein, wabernd, prasselnd und zischend. Wie Schemen tauchten Knochengestalten in dem Inferno auf, noch greller, gleißender wurde die Glut. Und binnen Sekunden schien sich der zuckende, schwankende Roboter in einen Feuerball zu verwandeln.
    Metall schmolz…
    Dampf wallte auf, grellroter Widerschein geisterte über die Wände. Noch wehrte sich der Magier, noch sandte sein sterbendes Hirn unkontrollierte Impulse aus und ließ den Roboterkörper in konvulsivische Zuckungen fallen. Wie ein gefällter Baum sackte der Cyborg in sich zusammen. Scheppernder Krach begleitete seinen Sturz, und im nächsten Augenblick löste er sich buchstäblich in Nichts auf.
    Rauchende Asche blieb übrig.
    Ein wenig Blut, Reste von geschmolzenem, verformtem Metall…
    Dann war auch das vorbei. Selbst die letzten Spuren verbrannten, erloschen, und der Cyborg war verschwunden, als habe die Hölle selbst sich aufgetan, um ihn zu verschlingen.
    Zamorra hielt den Atem an.
    Seine Rechte umklammerte das Amulett, die dünne Silberkette hatte er um sein Handgelenk geschlungen. Aber er wußte nicht, ob die Dämonen deshalb zurückwichen oder einfach nur, weil ihr grausiges Werk vollendet war.
    Wie ein Spuk huschten die Flammengestalten durch die immer noch offene Tür. Ihr Wispern und Raunen erfüllte den Raum dahinter. Zamorra sah den Lichtschein, die düstere rote Glut, und mit zusammengebissenen Zähnen setzte er sich wieder in Bewegung.
    Er wußte nicht, ob Anabel ihm folgte, kümmerte sich nicht um sie.
    Stufe um Stufe stieg er die Treppe hinab, erreichte die Tür und trat über die Schwelle.
    Ein niedriger Tisch.
    Zwei Kerzen brannten.
    Zwischen ihnen lag aufgeschlagen ein altes Buch auf der Holzplatte, die Dämonen tanzten ihren makabren Reigen, und hinter dem Tisch stand Giordano Calgaro, hoch aufgerichtet, und starrte mit funkelnden gelben Augen zur Tür.
    Zamorra erwiderte den Blick.
    Aus den Augenwinkeln sah er, daß die Dämonen zurückwichen, zu huschenden Schatten an den Wänden wurden. Flüstern erfüllte die Luft. Calgaro lächelte, seine dünnen Lippen verzerrten sich in triumphierendem satanischem Spott – aber Zamorra schien das schon nicht mehr zu sehen.
    Seine Aufmerksamkeit galt dem Buch.
    Wie gebannt hing sein Blick an den alten, vergilbten Seiten.
    Schriftzeichen bedeckten die Blätter, Worte in einer Sprache, die er nicht kannte. Das Buch lag da, offen für jeden, der es unternahm, darin zu blättern – und dennoch schien es eine Art Eigenleben zu haben, eine Ausstrahlung von Kraft und Geheimnis, die Zamorra spürte und die seine Nerven vibrieren ließ.
    Tief in ihm begann eine verborgene Saite zu schwingen.
    Immer noch starrte er das Buch an. Und er kannte das Geheimnis.
    Er wußte, welche Bewandtnis es mit den geheimnisvollen Schriftzeichen hatte, er wußte um die Quelle von Calgaros übernatürlicher Kraft – und er wußte auch, was er als nächstes unternehmen mußte.
    Sein Blick glitt hoch, bohrte sich in Calgaros Augen. Dessen Totenkopfphysiognomie verzerrte sich. In seinen Pupillen schienen flirrende Reflexe zu tanzen, wie das Spiegelbild der Flammengestalten, die immer noch den Raum beherrschten, und seine Lippen zogen sich in einem satanischen Grinsen von den
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