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0019 - Die Schreckenskammer

0019 - Die Schreckenskammer

Titel: 0019 - Die Schreckenskammer
Autoren: Susanne Wiemer
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lauter, drängender, eine neue Woge von Haß zitterte darin. »Diese Ungeheuer haben viel Schlimmeres getan, als mich umzubringen. Viel Schlimmeres! Der Tod ist im Grunde zuwenig für sie. Sie sind die Bestien. Sie haben nur bekommen, was sie verdienten, alle beide. Und ich werde auch die dritte töten! Hindern Sie mich nicht daran, Professor! Versuchen Sie nicht, sich mir in den Weg zu stellen, sonst…«
    »Ich will Ihnen helfen, Marric! Begreifen Sie das nicht? Ich will es wenigstens versuchen, ich…«
    »Mir kann niemand helfen! Ich helfe mir selbst, ich vernichte die Ungeheuer, die mir das angetan haben. Aus dem Weg, Professor!«
    Er machte einen schwerfälligen Schritt nach vorn.
    Anabel Verton sank mit einem leisen Wehlaut zusammen. Jim Coltrane keuchte heftig, Nicole schrie auf – und der Cyborg tat den nächsten Schritt auf sein sicheres Opfer zu.
    Zamorra schoß.
    Er mußte es tun, hatte keine andere Wahl mehr. Blitzschnell riß er die Waffe hoch, zog wieder und wieder durch und leerte das ganze Magazin auf das stählerner Monster.
    Die Kugeln prallten wirkungslos gegen die Sichtscheibe.
    Ein paar unregelmäßig gezackte Sprünge entstanden in dem schußsicheren Glas, das war alles. Zamorra ließ die Waffe sinken, und die Erkenntnis, daß er keine Chance mehr hatte, fraß sich wie eine ätzende Säure in sein Gehirn.
    Keine Chance mehr?
    Er mußte es noch einmal versuchen, mußte…
    Ruckartig hob er den Kopf, starrte in Marrics flackernde Augen und versuchte verzweifelt, mit der ganzen Kraft seines Willens den Geist des anderen zu erreichen.
    Es war kein Versuch der Hypnose.
    Diesen rasenden Mann konnte er nicht hypnotisieren – nicht hier und nicht unter diesen Umständen. Aber es war der Versuch, ihn für eine einzige kurze Zeitspanne aufzurütteln, sein Innerstes zu erreichen und vielleicht etwas in ihm wieder zu wecken, das stärker war als dieser vernichtende, alles mitreißende Haß.
    »Ich lasse es nicht zu«, sagte der Professor langsam und ruhig.
    »Ich kann es nicht zulassen. Diese Mädchen sind doch auch nur Opfer, genau wie Sie selbst. Verstehen Sie das nicht, Marric?«
    »Nein! Nein, ich…«
    »Gut, Marric. Aber bevor Sie das Mädchen töten, müssen Sie erst mich umbringen. Nicht sie trägt die Schuld. Es war Calgaro, der sie zu dem gemacht hat, was sie ist. Calgaro, niemand sonst!«
    Der Magier verharrte.
    Sein stählerner Arm, der sich schon gehoben hatte, sank wieder herab. Die Augen waren hell und weit und blickten in die Ferne.
    »Calgaro!« flüsterte er. »Ja, ja…«
    Und dann handelte er so unerwartet und vollkommen überraschend, daß Zamorra es nicht mehr verhindern konnte.
    Die Hand des Cyborgs zuckte vor.
    Ein kleiner, blitzender Gegenstand flog durch die Luft. Er fiel auf die Holzdielen, zerbrach – und von einer Sekunde zur anderen breitete sich dichter, gelblichweißer Dampf aus.
    Gas, dachte Zamorra noch.
    Aber da spürte er bereits, wie die schwarzen Wogen der Bewußtlosigkeit nach ihm griffen…
    ***
    »Halt!« stieß Giordano Calgaro durch die Zähne.
    Er kauerte auf dem Beifahrersitz eines unauffälligen grauen Ford Fairlane. Jeremy saß am Steuer. Auf den Befehl seines Herrn betätigte er die Bremse, brachte den Wagen am Straßenrand zum Stehen und wartete schweigend.
    Calgaros Augen flammten. Er war geflohen, blindlings und von Panik getrieben, aber jetzt arbeiteten seine Gedanken allmählich wieder klarer.
    Das Buch!
    Er mußte das Buch zurückhaben!
    Ohne die Hilfe der Dämonen war er ein Nichts – und die Wesen aus der anderen Welt würden ihm nicht mehr dienen, wenn er jetzt floh. Die magischen Formeln genügten nicht, und wenn er sie noch so gut kannte. Es war das Buch selbst, das ihm seine Macht verlieh.
    Er hatte es zurückgelassen, im tiefsten Verlies des Hauses. Alban Marric hatte es bestimmt nicht gefunden, ebensowenig wie jener Fremde, der so plötzlich aufgetaucht war und ihm die Chance zur Flucht verschafft hatte.
    Und wenn er, Calgaro, nicht alles aufgeben wollte, was er plante, dann mußte er noch einmal sein Haus aufsuchen, um das Buch zu holen.
    Seine Schultern strafften sich.
    »Umkehren«, befahl er halblaut. »Wir fahren zurück!«
    Seine Diener nahmen den Sinneswandel schweigend zur Kenntnis.
    Jeremy wendete den Wagen. Ruhig, sicher, in gleichbleibendem Tempo fuhr er die Strecke zurück, die sie auf ihrer Flucht benutzt hatten.
    Es war ein Umweg, nicht die kürzeste Verbindung. Der unbefestigte Pfad, auf dem sie schließlich landeten, führte
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