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Zyklus der Erdenkinder 03 - Ayla und die Mammutjäger

Zyklus der Erdenkinder 03 - Ayla und die Mammutjäger

Titel: Zyklus der Erdenkinder 03 - Ayla und die Mammutjäger
Autoren: Jean M. Auel
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Winterfell des halbwüchsigen Pferdes. Renner wandte den Kopf, schnaubte leise und beschnüffelte das kleine Mädchen.
Das dankbare Lächeln, das plötzlich Laties Gesicht überzog, war ein Geschenk. »Es mag mich.«
»Es mag auch gekrault werden. So«, sagte Ayla und zeigte dem Kind die Stellen, wo es das Füllen besonders juckte.
Renner war begeistert über die Aufmerksamkeit, die ihm zuteil wurde, und zeigte das. Latie wiederum war außer sich vor Freude. Das Fohlen hatte sie vom ersten Augenblick an angezogen. Ayla wandte den beiden den Rücken zu, um Jondalar zu helfen, und merkte nicht, daß noch ein Kind näher kam. Als sie sich wieder umdrehte, stockte ihr der Atem, und sie spürte, wie ihr alles Blut aus dem Gesicht wich.
»Darf auch Rydag das Pferd anfassen?« fragte Latie. »Er kann nicht sprechen, aber ich weiß, er möchte es gern.« Alle Leute reagierten überrascht auf Rydag. Das war Latie gewohnt.
»Jondalar!« Heiser und mit unterdrückter Stimme rief Ayla nach ihm.
»Das Kind – es könnte mein Sohn sein. Es sieht aus wie Durc!«
Er drehte sich um und war wie vor den Kopf geschlagen. Vor ihm stand ein Kind von gemischten Geistern.
Für die meisten Menschen waren Flachköpfe – von denen Ayla immer als »Clan« sprach – Tiere, und Kinder wie dieses hielten viele für ein »Scheusal«, für Wesen, die halb Tier, halb Mensch waren. Er war tief betroffen gewesen, als er erfahren hatte, daß Ayla einen Sohn von gemischten Geistern zur Welt gebracht hatte. Für gewöhnlich war die Mutter eines solchen Kindes eine Ausgestoßene, jemand, der aus Angst, er könnte den bösen Tiergeist noch einmal anziehen und auch andere Frauen dazu bringen, so ein »Scheusal« zur Welt zu bringen, aus der Gemeinschaft der anderen vertrieben wurde. Manche wollten nicht einmal zugeben, daß es sie überhaupt gab; jetzt einem solchen Wesen zu begegnen und zu erkennen, daß es unter diesen Menschen lebte – das kam wirklich überraschend. Es war ein Schock. Woher mochte der Junge kommen?
Ayla und das Kind starrten einander an und vergaßen alles um sich herum. Er ist dünn für jemand, der halb Clan ist, dachte Ayla. Für gewöhnlich sind sie grobknochig und muskelbepackt. Selbst Durc war nicht so dünn wie dieser. Er kränkelt, das erkannte das erfahrene Auge der Medizinfrau sofort. Irgendein Problem mit jenem kräftigen Muskel in der Brust, der unablässig klopfte und pochte und das Blut im Körper bewegte, nahm sie an. Doch diese Tatsachen legte sie im Hinterkopf ab, ohne weiter darüber nachzudenken; sie nahm sein Gesicht näher in Augenschein, dann den ganzen Kopf, suchte nach Ähnlichkeiten und Unterschieden zwischen diesem Kind und ihrem Sohn.
Er hatte die gleichen großen braunen und klug blickenden Augen wie Durc – ja, den gleichen Ausdruck uralter Weisheit, der weit über seine Jahre hinausging; es versetzte ihr einen Stich, sie hatte plötzlich einen Kloß im Hals, und Sehnsucht stieg in ihr auf; aber das Gesicht dieses Jungen verriet auch Schmerzen und Leiden keineswegs körperlicher Art, wie Durc sie nie kennengelernt hatte. Mitleid erfüllte sie. Die Brauen dieses Kindes waren nicht so wulstig wie die Durcs. Als er noch kaum drei Jahre gewesen war – und so alt war er gewesen, als sie ihn hatte verlassen müssen –, waren die Wülste über Durcs Augen schon kräftig entwickelt gewesen. Seine Augen und die vorstehenden Brauenwülste darüber waren ganz Clan gewesen, die Stirn hingegen so wie bei diesem Kind. Beide wiesen sie keine flach-fliehende Stirn auf wie die Leute vom Clan, sondern eine hohe und gewölbte, genauso eine, wie sie sie hatte.
Ihre Gedanken gingen auf die Wanderschaft. Durc mußte jetzt sechs Jahre alt sein, rief sie sich ins Gedächtnis, alt genug, um die Männer zu begleiten, wenn diese mit ihren Jagdwaffen übten. Aber Brun wird ihm die Jagd beibringen, nicht Broud. Heißer Zorn stieg in ihr auf bei dem Gedanken an Broud. Niemals würde sie vergessen, wie der Sohn von Bruns Gefährtin seinen Haß auf sie genährt hatte, bis er ihr aus lauter Gehässigkeit das Kind weggenommen und sie aus dem Clan ausgestoßen hatte. Wie ein Dolch fuhr ihr der Schmerz der Erinnerung in die Eingeweide, und sie schloß die Augen. Sie wollte nicht glauben, daß sie ihren Sohn nie wiedersehen würde.
Als sie die Augen wieder aufmachte, war es Rydag, der vor ihr stand, und sie holte tief Atem.
Ich möchte mal wissen, wie alt dieser Junge ist. Er ist klein, aber er muß fast so alt sein wie Durc, dachte sie
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