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Zwei Seelen - eine etwas andere Weihnachtsgeschichte (German Edition)

Zwei Seelen - eine etwas andere Weihnachtsgeschichte (German Edition)

Titel: Zwei Seelen - eine etwas andere Weihnachtsgeschichte (German Edition)
Autoren: Emily Bold
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Obwohl sie keine Stimme hatte, wusste sie, dass beide sie gehört hatten.
    Chris zog die Knarre, und Frank schnippte sich gelangweilt eine weitere Zigarette aus der Schachtel.
    Er zündete sie an und tat einen tiefen Zug, ehe er Chris unter gesenkten Lidern heraus musterte. Er trat einen Schritt näher.
    „Du hast es so gewollt“, raunte er und schlug dem Schmächtigen in den Magen, sodass dieser zu Boden ging und würgend liegen blieb.
    „ Looser! Elender Feigling! “, rief Lisa, die es nicht fassen konnte, welcher Abschaum ihr Leben zerstört hatte! 
    Ein lauter Knall zerriss die winterliche Stille und hallte ohrenbetäubend durch die Nacht. Überrascht sank Frank in den Schnee, sah verblüfft zu, wie sich seine Hände, die er sich auf den Hals presste, rot färbten, ehe er röchelnd vornüber kippte. 
    Lisa war zurückgewichen. Sie schwebte über den Dächern der Häuser und fürchtete, Franks Geist würde gleich zu ihr emporsteigen. Nichts dergleichen geschah. Sein Blut tränkte den Schnee um seinen leblosen Körper, und das orangerote Blinken eines Weihnachtssterns im Fenster darüber tauchte die grausige Szene immer wieder in ein buntes Licht.
    Chris rappelte sich auf und krabbelte zu Frank hinüber.
    Sirenen ertönten.
    Hatte jemand den Schuss gehört? Die Polizei gerufen? 
    „Fuck! Fuck ... Scheiße! Wo hast du das Meth , du Wichser?“, jammerte Chris, der seine zitternden Finger kaum unter Kontrolle halten konnte. Die Panik schien auch nicht nachzulassen, als er das Tütchen mit dem Stoff in seinen blutigen Händen hielt. Er sprang auf und sah sich hektisch um. Wie ein gejagtes Tier , dachte Lisa. 
    Er fuchtelte mit seiner Waffe um sich, und sein Drogenrausch schien seine Wahnvorstellung noch zu verstärken.
    „ Du bist jämmerlich! “, rief Lisa, und Chris Kopf fuhr herum. Er hielt die Pistole so fest umklammert, dass seine Knöchel weiß hervortraten.
    „Haut ab! Ihr alle!“, brüllte Chris und feuerte mehrere Schüsse ins Nichts. „Ihr könnt mich mal!“, schrie er und rannte los. Er stolperte durch die Siedlung, fort von den näherkommenden Sirenen. 
     
    Der verdreckte Lastwagen, der unzählige Weihnachtsbäume auf der Ladefläche hatte, war zum Weihnachtsmarkt unterwegs. Nachschub, sogar noch am Abend vor Weihnachten unabdingbar.
    Selbst durch die geschlossenen Fenster konnte Lisa „ White Christmas “, das im Radio gespielt wurde, erahnen, als der Lastwagen etwas zu schnell um die Ecke bog. Den Mann vor sich auf der Straße sah der Fahrer viel zu spät, und auf der schneeglatten Fahrbahn war sein Bremsversuch vergeblich.
    Das Drama, welches sich am Boden abspielte, verblasste vor Lisas Augen. Funkelnder Schnee, warmes Blut, „ White Christmas “ und herabgestürzte Weihnachtsbäume verloren sich im Glanz des Lichts.

 
     
IV.
     
     
     
    Intensivstation
     
    „Du bringst uns zwei Seelen, die es verdient haben, die Ewigkeit bei diesem Nörgler zu verbringen – dann schicken wir dich zurück, bis deine Zeit gekommen ist.“
     
    Der strahlende Glanz blendete Lisa. Sie kniff die Augen zu. Alles drehte sich um sie herum, und sie glaubte, ein Schluchzen zu hören. Mit großer Mühe hob sie noch einmal die Lider und zuckte wieder zusammen. Sie wandte den Kopf zur Seite.
    Ihre Schwester Tanja erschien in ihrem Sichtfeld, das Gesicht in ihren Hände vergraben und weinend. Ben stand einen Schritt hinter Tanja. Sein Haar war zerzaust und strähnig, seine Augen gerötet. Sein Hemd war voll Blut. Ihr Blut.
    Lisa schluckte. Ihr Mund fühlte sich trocken an. Ein Tritt in ihrem Bauch. Noch eine Bewegung.
    „Sarah“, flüsterte sie, und eine Träne rann brennend über ihre Wange auf das Kissen.
    „Lisa!“ Ben kam zu ihr, fasste ihre Hand und drückte sie ganz fest. „Oh mein Gott, Lisa! Du … ich … mein Gott, du bist wach!“ Er küsste sie zaghaft auf die Stirn und strich ihr wie einem Kind über den Kopf.
    „So hell!“, stöhnte sie. „Wo bin ich?“
    Tanja sprang auf und schaltete die Neonröhre über Lisas Bett aus.
    „Besser?“, fragte Ben und versuchte sich an einem vergeblichen Lächeln. Die Anspannung der letzten Stunden war ihm ins Gesicht geschrieben. „Du bist im Krankenhaus. Kannst du dich erinnern, was passiert ist?“
    Sie überlegte. In ihrem Kopf schien es nur Licht zu geben. Sie sah Schneeflocken wirbeln, Lichterketten, orangerote Sterne. Sie sah ihre Mütze … und Bücher. Große Bücher – der ganze Tisch war voll damit.
     
    „Dein ganzer Tisch liegt voll
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