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Zwei Krankenschwestern auf dem Jakobsweg

Zwei Krankenschwestern auf dem Jakobsweg

Titel: Zwei Krankenschwestern auf dem Jakobsweg
Autoren: Sandra Braun
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wird es Zeit
unsere Pilgerpässe im Pilgerbüro vorzulegen, damit wir unsere Compostela,
unsere Pilgerurkunde, erhalten. Wiebke weiß den Weg und so finden wir schnell
zum Pilgerbüro und stellen uns in die Reihe zu den vielen Pilgern, die geduldig
warten. Als wir die Fragen nach dem Weg wahrheitsgemäß beantwortet haben,
erhalten wir unsere Compostela und machen uns auf den Weg zur Herberge. Zum
Glück weiß Wiebke auch diesen Weg, denn sie war schon einmal hier. Kreuz und
Quer geht es durch die Gassen, eine Wegbeschreibung ist im Nachhinein nicht
möglich. Wiebke führt uns zum „Seminario Menor“, das auf einem Berg liegt und
einen wunderbaren Blick über die ganze Stadt bietet. Eine große Herberge
befindet sich im Gebäude. Hier darf man mehr als einen Tag bleiben. Die
Herberge hat über 170 Betten in verschiedenen Säle. Heute kostet das Bett 12,-
€, eigentlich ist das billig, aber nach den Preisen der vergangenen Wochen
müssen wir doch erst mal schlucken. 13.30 Uhr ist erst Einlass, dann können wir
unsere Betten belegen. Im Keller dürfen wir die Rucksäcke verschließen und
werden dann den Weg in die Stadt ohne Gepäck antreten. Zur Pilgermesse kommen
wir gerade noch rechtzeitig.
Die Kirche ist kaum wieder zuerkennen, die vielen Menschen haben jeden
Sitzplatz besetzt, uns bleibt nur noch ein Platz auf dem Fußboden. Wir haben
aber eine gute Stelle gewählt. Eine Nonne singt mit den Pilgern vor der
eigentlichen Messe, sie hat eine ganz wunderbare Stimme. Die selbe Nonne
erleben wir auch im Jahr 2011. Die Messe findet dann mit viel Pomp statt. Ein
großes Aufgebot an Geistlichen beschreitet den Altarraum und ein Priester
verliest, schneller als Götz Alsmann, die Pilgerzahlen, ihre Nationalitäten und
andere Dinge. Wir können es nicht verstehen, lauschen aber trotzdem den
fließenden Worten. Die Zeremonie ist sehr ergreifend. Wir haben heute Glück.
Ohne dass wir es wussten, sitzen wir genau dort, wo der Botafumeiro (Weihrauchfass)
abgeseilt und geschwenkt wird. Zum Ende der Messe kommt das Gefäß zum Einsatz.
Der beißende Geruch ist kaum zu ertragen, aber trotzdem ist es ein besonderes
Spektakel. Nach der Messe gehen wir in ein Restaurant und lassen uns ein
Pilgermenü schmecken. Wir genießen es den restlichen Tag zu vertrödeln und
beschließen morgen nach Fisterra zu fahren. Die Bustickets haben wir am
Nachmittag besorgt. Wir freuen uns auf den Ozean.
    25. Oktober, Dienstag, Mit dem Bus nach Finesterra und am
Abend wieder zurück, Santiago: Regen, 16 °C, Finesterra: überwiegend
Sonnenschein, vereinzelt Schauer
    7.00 Uhr weckt mich das Handy und ich lausche nach draußen.
Das Wetter hat sich nicht gebessert. Die ganze Nacht hat es geregnet. Ich mache
mich fertig und wecke Karola. Dann befrage ich das Internet, wie wohl das
Wetter in Finesterra wird. Die Regenwahrscheinlichkeit liegt bei 89%. Das ist
ja eine eindeutige Auskunft. Aber wir wollen doch nach Finesterra. Jakobsweg
ohne „Ende der Welt“ geht nicht. Für Mittwoch sagt das Internet sogar 100%
Regen voraus. Nun können wir uns entscheiden.
Es ist wohl ratsam die 89% zu nehmen, wird man vielleicht nicht ganz so nass.
Jetzt müssen wir schnell handeln. Wir wollen unsere Herberge bis Donnerstag
behalten und heute Abend wieder kommen. Mit dem Wirt haben wir aber noch nichts
abgemacht. Also schreibe ich dem Wirt ein paar grammatikalisch fragliche Sätze
auf spanisch auf. Der Inhalt kurz gefasst besagt: „Wir fahren jetzt nach
Finesterra und kommen heute Abend wieder. Wir wollen das Zimmer bis Donnerstag
behalten.“ Hat der Spanisch-Kurs doch noch was gebracht. Nun gehe ich schnell
ins Hotel nach nebenan, wo unser Pilgerfreund Lothar wohnt. Wir wollten
gemeinsam nach Finesterra und so werde ich ihn wecken. Ich klopfe an seine Tür
und ein verschlafener, erschrockener Lothar öffnet die Tür. Ich schildere ihm
kurz die Situation und er wird sich beeilen, damit wir den Bus nicht verpassen.
Eine ½ Stunde später treffen wir uns mit wenig Gepäck vor dem Haus. Schön mal
nicht mit dem ganzen Hausstand zu reisen. Dann machen wir uns auf den Weg, von
dem wir hoffen, dass es der richtige ist. Bekommen aber, wie immer in dieser
Stadt, bald unsere Zweifel. Haben wir uns mal wieder verlaufen? Hektisch werden
einige Passanten befragt. Eine unerwartete ganz andere Lösung, die zum Ziel
führt, stellt sich ein. Wir fahren in einem Stadtbus zum Busbahnhof. Gerade
noch rechtzeitig besteigen wir unseren Bus.
    Juliane, Martin, Wiebke und ich fahren 2009
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