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Zwei Esel Auf Sardinien

Titel: Zwei Esel Auf Sardinien
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muss eingeladen werden und der auch, sonst ist am Ende noch jemand beleidigt. Also, schließlich sind wir mehr als dreihundert, einschließlich der Verwandten sechsten Grades.«
    »Also, da muss ich mich als Vetter dritten Grades ja geradezu als engen Verwandten betrachten …«
    »Gut, du bist wie ein Bruder für ihn. Wenn du mir jetzt noch sagst, dass ihr zusammen in die Schule gegangen seid …«
    »Ja, in die Grundschule …«
    »Ich spreche hier von Leuten, von denen man nie etwas gesehen oder gehört hat. Seht ihr die an den Tischen dort hinten? Über den Daumen gepeilt werden das so etwa sechzig sein, ach was, das sind mehr. Siebzig, achtzig? Wer kennt die denn? Wer hat die schon mal gesehen?«
    »Das werden eben entfernte Verwandte sein.«
    »Das sag ich doch gerade. Die Sechser …«
    »Sechser?«
    »Wir nennen sie so. Das sind die Verwandten sechsten Grades, die man braucht, damit mehr Kohle reinkommt, denn da sie nicht wissen, was sie dir schenken sollen, und nicht so viel ausgeben können, geben sie dir einen Umschlag mit Geld. Also, das läuft so: Ich als der Bräutigam bezahle achtzig Euro pro Person für die Feier mit Hummer und Scampi, aber du als Sechser, den ich noch nie in meinem Leben gesehen habe, musst mir einen Umschlag mit mindestens dem dreifachen Betrag geben, und das nur, um dich für meine Freundlichkeit zu bedanken. Am Ende kann ich dem Eigentümer des Lokals schließlich fünfzehn- bis zwanzigtausend Euro bar auf die Hand zahlen. Lieber Sechser, Vetter sechsten Grades, sei mir willkommen, denn mein Hochzeitsessen bezahlst du!«
    »Du meinst, all die Leute da haben einen Umschlag gegeben …«
    »Natürlich, das ist einfacher für sie und viel günstiger für das Brautpaar …«
    Jutta kann vor Freude nicht mehr an sich halten und tritt mich gegen das Schienbein. Sie kann mir unter die Nase reiben, dass sie wieder mal recht hatte, und das erfüllt sie mit Stolz:
    » HÖRST DU ?«
    Ich schüttele beschämt den Kopf. Ich empfinde eine gewisse Verachtung für Salvatore. Wir Pechvögel, die wir das Unglück haben, mit ihm am selben Tisch zu sitzen, müssen nicht nur sein banales Geschwätz über uns ergehen lassen, jetzt müssen wir auch noch mit ansehen, wie er den Kopf tief über den Teller beugt und die letzten Krümel der Torte ableckt. Man könnte ihn nicht einmal attraktiv nennen. Was die Frauen wohl an einem wie dem finden? Ich trinke einen Schluck Champagner, während er weiter Blödsinn quatscht.
    »Wenn du dich auf Sardinien verheiratest, kannst du nicht neben deiner Schwiegermutter einziehen. Gewöhnlich verfügt eine sardische Braut über einen eigenen Machtbereich, auf dem sie dann ein riesiges Heim hochziehen muss, in nächster Nähe zu Eltern, Geschwistern, Onkeln, Vettern, alle mit dem gleichen Nachnamen, die auf demselben Fleckchen Erde wohnen.«
    »Ach wirklich, ich weiß aber, dass Maurizio und Giulia schon eine Wohnung in Rom haben!«
    »Ich spreche doch hier von dem Haus, in dem sie ihre Ferien verbringen werden: im Sommer, zu Ostern, Weihnachten und Silvester müssen sie herkommen, nach Gesturi. Sonst könnten die Leute schlecht über sie denken. Außerdem hat Donna Assunta, Giulias Mutter, das schon so entschieden. Punktum. Wehe, man widerspricht ihr! Was war das für ein Kampf mit den Zuckermandeln für die Hochzeit! Maurizio wollte sie günstig bei einem Freund von ihm, einem Großhändler in den Abruzzen, einkaufen, aber Assunta hat sich zu Recht dagegen gewehrt: ›Die Konfektsäckchen müssen teuer sein, sonst reden die Leute schlecht über uns. Und die besonderen Einladungskarten für den Empfang und das Essen danach müssen reich mit Gold verziert sein wie die Decken eines Königspalastes, und überhaupt muss das Hochzeitskleid das schönste, das prächtigste von allen sein. Man darf den Leuten keinen Anlass geben zu sagen, man hätte gespart, auf keinen Fall!‹ Dafür ist eine sardische Mutter äußerst vorausschauend, die denkt bereits während der Schwangerschaft an die Aussteuer und die Kücheneinrichtung der Tochter. Die ganze Zeit über bestickt sie ständig Handtücher und Damastdecken mit ihren Initialen. Die Braut hätte schon mit acht Jahren ein Wäschegeschäft aufmachen können. Meine Mutter war ja auch so vorausschauend, also, als meine Schwester geheiratet hat, hat sie ihr so viel Zeug zur Aussteuer mitgegeben, das kann man sich gar nicht vorstellen! Sogar eine Reibe, die mein Vater mit Sammelpunkten beim Tanken bekommen hatte, das muss wohl
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