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Zerrissenes Herz (German Edition)

Zerrissenes Herz (German Edition)

Titel: Zerrissenes Herz (German Edition)
Autoren: Susan Wiggs
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ihre Sachen einzureichen: das Geschenk der Zeit. Manchmal ertappte sie sich dabei, dass sie sich fragte, wann ihr Leben endlich anfangen würde, ihr Leben zu werden.
    Sie schob den Frust beiseite und konzentrierte sich wieder auf das Hochzeitsfoto, das sie schnell auf Wendelas Blog stellte und mit der Überschrift „Andrea und Brian – kleiner Vorgeschmack“ versah. Dann lehnte sie sich zurück, schaute das Foto an und gab sich einem ganz privaten kleinen Weinkrampf hin. Sie wollte nicht, dass die Menschen erfuhren, dass der Anblick von glücklichen Pärchen sie zum Weinen brachte. Sie wollte nicht, dass irgendjemand ihren Wunsch, ihr Verlangen, ihre herzzerreißende Sehnsucht sah. Deshalb weinte sie allein in der späten Abendstunde. Anschließend fuhr sie ihren Computer herunter.
    Inzwischen war es ein Uhr nachts. Sie musste dringend ins Bett. Als sie durch das Haus ging, um überall das Licht zu löschen, fielen ihr ein paar Umschläge auf dem Fußboden unter dem Briefschlitz in der Tür auf. Sie beugte sich hinunter, um sie aufzuheben, und blätterte durch den kleinen Stapel. Werbesendungen und Flyer. Spendenaufrufe und Ankündigungen von Nachbarschaftstreffen. Rabattmarken, die sie niemals benutzen würde. Und … ein cremefarbener Umschlag, auf den ihre Adresse mit einer nur zu vertrauten Handschrift geschrieben worden war.
    Ihr Herz setzte einen Schlag aus. Sie riss den dicken Umschlag auf.
    … laden wir Sie hiermit zu Julian Maurice Gastineaux’ Ernennung zum Second Lieutenant der United States Air Force ROTC, Abteilung 520, an der Cornell University am Samstag, den 14. Mai, um 13.00 Uhr im Statler Auditorium ein.
    Auf der Rückseite stand mit der Hand geschrieben: „Ich hoffe, du kommst. Muss wirklich mit dir reden. J.“
    So viel zum Thema Schlafen.
    Es war verrückt. Ein simpler Name auf einem Stück Papier konnte sie in eine Vergangenheit zurückkatapultieren, die erfüllt war von „Was wäre wenn“ und Wegen, die nie beschritten worden waren. Denn Julian Gastineaux, bald Second Lieutenant Julian Gastineaux, war ihr persönlicher unbeschrittener Weg.

2. KAPITEL
    Camp Kioga, Ulster County, New York
    Fünf Jahre zuvor
    D en Sommer ihres vorletzten Jahrs an der Highschool hatte Daisy mit ihrem Dad und ihrem kleinen Bruder in einer muffigen Holzhütte am See verbracht. Es war das Letzte, was Daisy gewollt hatte, aber ihr war keine Wahl geblieben. Sie hatte gemusst.
    Auch wenn ihre Eltern nichts zu ihr oder Max sagten, spürte Daisy, dass ihre Familie im Begriff war zu zerbrechen. Ihre Mom und ihr Dad konnten die Fassade des glücklichen Pärchens nicht länger aufrechterhalten, auch wenn sie es seit Jahren versuchten. Die Lösung ihres Dads sah vor, sich aus ihrer Wohnung in der Upper East Side auf das Anwesen der Bellamys zurückzuziehen – das historische Camp Kioga am Willow Lake – und so zu tun, als wäre alles super.
    Aber nichts war super, und Daisy war entschlossen, es zu beweisen. Sie hatte ihre Tasche mit ausreichend Haarzeug für einen Sommer, einem iPod, einer SLR-Kamera und einem üppigen Vorrat an Haschisch und Zigaretten vollgepackt.
    Auch wenn sie fest entschlossen war, die hypnotisierende Schönheit des am See gelegenen Camps zu ignorieren, stellte sie fest, dass die tiefe Einsamkeit, die allumfassende Ruhe und die unvergesslichen Ausblicke sie irgendwie innerlich aufwühlten.
    Nie hätte sie damit gerechnet, ausgerechnet hier, mitten im Niemandsland, jemanden kennenzulernen. Doch wie sich herausstellte, war ein Junge in ihrem Alter auch zu einem Aufenthalt im ehemaligen Sommercamp verdonnert worden – allerdings aus vollkommen anderen Gründen.
    Als er das erste Mal zur Abendessenszeit den Speisesaal des Hauptgebäudes betrat, fühlte Daisy in sich eine wirbelnde Hitze aufsteigen und dachte, dass der Sommer vielleicht doch gar nicht so langweilig werden würde.
    Er sah aus wie alles, wovor die Erwachsenen sie immer gewarnt hatten. Er war groß, schlank und kraftvoll. Er strahlte Selbstbewusstsein aus, vielleicht sogar ein wenig Arroganz. Seine kaffeefarbene Haut zierten Tattoos, seine Ohren waren gepierct, und er trug Dreadlocks.
    Er schlenderte zum Buffet, geradewegs auf sie zu. Es war, als würde er von der unsichtbaren Hitze angezogen, die in ihr tobte.
    „Nur damit du es weißt“, sagte er. „Das hier ist der letzte Ort, an dem ich meinen Sommer verbringen will.“
    „Nur damit du es weißt“, erwiderte Daisy und klang genauso cool wie er. „Das hier war auch nicht
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