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Zentauren-Fahrt

Zentauren-Fahrt

Titel: Zentauren-Fahrt
Autoren: Piers Anthony
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drehte sich um. Da stand König Oary, gerade noch innerhalb des magischen Feldes. Dor begriff, daß der Mann auf einer anderen Strecke nach Burg Ocna geritten sein mußte und den Pfad mit der zerstörten Brücke gemieden hatte. Oary hatte sich gedacht, welches Ziel Dors Gruppe ansteuerte, hatte erkannt, daß ihn dies in Schwierigkeiten bringen würde und war herbeigeeilt, um die Situation sofort selbst in die Hand zu nehmen, bevor sie seiner Kontrolle entgleiten konnte. Oary war gerissen und mutig.
    »Da ist ja der Thronräuber!« rief König Omen. »Nehmt ihn gefangen!«
    Doch hinter Oary befand sich ein weiteres Kontingent avarischer Söldner, die er von der anderen Burg mitgebracht haben mußte. Die gewöhnlichen Diener konnten sich ihm nicht nähern. Er stand gerade noch am Rande des magischen Durchgangs, so daß seine Worte zu verstehen waren. Oary hatte die Grenze des magischen Feldes festgestellt und konnte es nun jederzeit wieder verlassen.
    »Narren!« schrie Oary, und seine Stimme hallte durch den Saal. »Ihr werdet von einer Illusion an der Nase herumgeführt! Schart euch um mich und vernichtet diese fremden Eindringlinge!«
    »Fremde Eindringlinge!« rief König Omen zornig. Die Sterne, die ihn umstrahlten, explodierten, und prachtvolle Zornesmusik erscholl im Hintergrund. »Ihr, die Ihr mich mit Gift betäuben und in den Kerker habt werfen lassen, um meine Krone an Euch zu reißen – Ihr wagt es, mich derart zu bezeichnen?«
    Die Burgbewohner blickten zögernd von einem zum anderen, unentschlossen, wem ihre Treue nun wirklich zustand. Jeder der Könige wirkte imposant: Oary hatte sich die Zeit genommen, seine königlichen Gewänder anzulegen, samt Krone und Schwert, was sogar seinem fetten Körper noch Eleganz verlieh. König Omen wurde durch die Magie der Königin Iris ebensosehr in Prunk und Pracht gehüllt. Es war offensichtlich schwierig für das gemeine Volk, sich aufgrund dieser Äußerlichkeiten zwischen den beiden zu entscheiden.
    »Ich bezeichne Euch als gar nichts«, donnerte Oary mit einer Überzeugungskraft, wie sie nur ein völliges Schlitzohr aufbringen konnte. »Ihr existiert ja nicht einmal. Ihr seid unter den Händen Eurer khazarischen Attentäter gestorben…«
    Die Sterne um Omen wurde immer gleißender und begannen zu zischen und zu krachen, daß es sich anhörte, als wollte das ganze Firmament auseinanderbrechen. Das Getöse übertönte Oarys Worte.
    »Nein, laßt den Schuft ausreden!« sagte König Omen. »Es war stets Sitte bei uns, daß jeder seinen Fall vortragen darf.«
    »Er wird Euch vernichten«, warnte ihn Königin Iris. »Ich traue ihm nicht. Gebt ihm keine Gelegenheit dazu!«
    »Das liegt in Omens Entscheidung«, warf König Trent sanft ein.
    Damit hörte die Illusion auch schon auf. Niemals stellte sich Königin Iris gegen den Willen König Trents – zumindest nicht in der Öffentlichkeit. Nun war nur noch der mundanische Hof zu sehen, still und schäbig, dessen verängstigt zusammengekauerte Diener den Avarerhaufen anstarrten.
    »Ihr seid nichts als eine Illusion«, fuhr Oary kühn fort, indem er die Gelegenheit beim Schopf packte. »Wir haben doch gesehen, wie die Fremden Ungeheuer und Stimmen aus dem Nichts entstehen lassen können; wer kann da noch Zweifel hegen, daß sie auch das Bild unseres teuren, geschätzten früheren Königs erzeugen können?«
    Königin Iris sah schmerzlich berührt aus. »Ein Meisterzug!« flüsterte sie. »Ich wußte doch, daß wir diesen Basilisken nicht zu Worte kommen lassen durften!«
    Tatsächlich begannen die Bediensteten auch schon zu schwanken. Sie starrten König Omen an, als wollten sie das Trugbild mit aller Gewalt durchschauen. Nun wandte sich Königin Iris’ Fähigkeit Illusionen zu erschaffen gegen König Omen selbst. Wer konnte auch schon die Wirklichkeit vom Trugbild unterscheiden?
    »Wenn König Omen auf irgendeine geheimnisvolle Weise von den Toten zurückkehren sollte, wäre ich der erste, ihn wieder willkommen zu heißen«, fuhr König Oary fort. »Doch wehe uns, wenn wir uns einem Trugbild ausliefern sollten!«
    Die bloße Frechheit Oarys wirkte auf König Omen wie ein Schlag ins Gesicht. Der Usurpator hatte zweifellos in ihrem Wortstreit einen wichtigen Pluspunkt errungen.
    »Vernichtet den Betrüger!« rief Oary, die Gunst der Stunde nutzend. Die Leute schritten auf König Omen zu.
    Nun fand Omen wieder Worte. »Wie sollte man denn eine Illusion vernichten?« fragte er. »Wenn ich nur aus Luft bestünde, würde ich
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