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Yoga ist auch keine Lösung (German Edition)

Yoga ist auch keine Lösung (German Edition)

Titel: Yoga ist auch keine Lösung (German Edition)
Autoren: Elke Becker
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auf den Kleiderschrank zu.
    Sie streckte die Hand aus, und als sie nach dem Griff tastete, sah sie, wie ihre Finger zitterten.
    »Tu das nicht. Ich bitte dich.«
    Ron hatte kein Recht, sie in dieser Situation um etwas zu bitten. Lena riss die Schranktür auf und schnellte zurück. Zwischen ihren Röcken und Blusen starrten sie zwei himmelblaue Augen an. Diese Augen kannte sie nur zu gut. Jörg zerrte eine ihrer gemusterten Blusen vom Bügel und versuchte seinen nackten Körper zu verdecken.
    Lena spürte, wie ihr schwindelig wurde. Vor ihren Augen flimmerte es und das Zimmer drehte sich um sie.
    Mit einer nackten Frau in ihrem Schrank wäre sie in diesem Moment noch fertig geworden. Aber, dass Ron sie mit ihrem Chef betrügen könnte, auf diese absurde Idee wäre sie nie gekommen.
    Lena würgte und rannte aus dem Zimmer. Im Flur lehnte sie sich kurz an die Wand, bis das Schwindelgefühl nachließ. Dann stürmte sie aus der Wohnung. Sie wusste nicht mehr, wie sie aus dem Haus gelangt war. Aber sie musste sich geistesgegenwärtig ihre Handtasche geschnappt haben, und die Einkäufe von der Fußmatte trug sie merkwürdigerweise ebenfalls bei sich.
    Wie in Trance taumelte sie die Straße entlang. Rons Rufe aus dem Fenster, sie möge zurückkommen, drangen schwach zu ihr hinunter. Mit hängenden Schultern bog sie um die Straßenecke. Ohne einen klaren Gedanken fassen zu können, trottete sie durch die Stadt, bis sie nach einer Stunde vor der Gedächtniskirche stand, sich auf die Treppenstufen sinken ließ und in Tränen ausbrach.
    Lena bemerkte, wie die vorbeiflanierenden Passanten sie mitleidsvoll ansahen. Sie schienen peinlich berührt, denn sie eilten, kaum, dass sie einen Blick auf Lena geworfen hatten, mit gesenkten Köpfen weiter.
    Mit dem Handrücken wischte sie sich energisch die Tränen weg. Anschließend kramte sie in ihrer Handtasche nach einem Taschentuch. Während sie sich die Nase putzte, klingelte ihr Handy. Es war Ron. Sie drückte den Anruf weg und entdeckte, dass er schon neun Mal angerufen hatte. Offenbar war sie so in Gedanken versunken gewesen, dass sie es völlig überhört hatte. Der Lärm des Feierabendverkehrs hatte sein Übriges dazu getan. Wütend schaltete sie das Handy aus und warf es zurück in ihre Tasche.
    Wo sollte sie nun hingehen? Ihre einzige Freundin in Berlin war Eva, und die befand sich seit zwei Tagen in London, um sich für einen Job vorzustellen, und sonst kannte sie in Berlin niemanden. Zumindest niemanden so gut, um dort für einige Tage unterzukriechen. Die vergangenen Monate war sie so sehr mit ihrem Studium beschäftigt gewesen, dass sie in dieser Zeit keine neuen Freundschaften hatte schließen können. Wäre sie nur nicht Ron zuliebe nach Berlin gezogen! Dieses miese Stück! Das hatte sie nun davon, dass sie, blöd wie sie war, noch im letzten Semester die Uni gewechselt hatte.
    Anfangs hatte sich alles so traumhaft angehört. Zu Ron zu ziehen, ein Praktikum in einer hippen Werbeagentur zu absolvieren und sich dann um die Magisterarbeit zu kümmern. Und jetzt? Jetzt hatte sie keine Wohnung, keinen Freund ... und ihren Job? Lena würgte den aufsteigenden Kloß in ihrem Hals nieder und erhob sich schwerfällig von den Treppenstufen.
    Sie griff nach der Einkaufstüte und stellte sie sofort wieder ab. Bis eben hatte sie nicht bemerkt, wie sehr ihr die Plastikschlaufen in die Handfläche schnitten. Warum nur hatte sie die Einkäufe überhaupt mitgenommen? Lena schüttelte den Kopf und sah sich um. Ein junges Pärchen kam turtelnd an ihr vorüber.
    Vor weniger als zwei Stunden hatte sie sich selbst noch glücklich geglaubt, und nun lag ihr Leben in Trümmern vor ihr. Mit einem Handgriff schnappte sie die Tüte und ging auf das Paar zu. »Hier ist alles drin, was ihr für ein romantisches Abendessen braucht. Nutzt die Zeit, die ihr frisch verliebt seid. Sie geht schneller vorbei, als ihr wahrhaben wollt.« Lena spürte, dass sich ihre Augen erneut mit Tränen füllten, drückte dem Mann die Einkaufstüte in die Hand und wandte sich ab.
    »Aber ...«, hörte sie das Mädchen sagen, doch Lena drehte sich nicht um. Sie eilte die Budapester Straße entlang, bis sie sicher war, dass sie von den beiden nicht mehr angesprochen werden konnte. Ob sie die Einkäufe benutzten oder wegwarfen, weil sie von einer Fremden kamen, war ihr gleichgültig. Hauptsache, sie war die Sachen los.
    Als Lena den Eingang des Zoos entdeckte, blieb sie unschlüssig stehen. Sie musste nachdenken, was sie als
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