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Wolfstränen - Roman (German Edition)

Wolfstränen - Roman (German Edition)

Titel: Wolfstränen - Roman (German Edition)
Autoren: Vanessa Farmer
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alte Rechnung wollte dieser seltsame Mann begleichen?
    Nell warf Blackhole einen heimlichen Seitenblick zu. Ihr Gegenüber starrte aus dem Fenster, sein Kinn auf die Hand aufgestützt, und schwieg.
    Sollte sie ihn fragen, was der Mann gemeint hatte?
    Hatte sie das Recht dazu?
    So sehr Nell sich dagegen wehrte: Sie mochte Adrian. Er war sanft, einfühlsam, tapfer und schön. Sie mochte diesen Mann so sehr, daß ihr Herz schwer schlug, als sie daran dachte, wie es gewesen war, als er sie zum Takt der Musik geführt hatte.
    Adrian Blackhole schwieg noch immer.
    Nells innere Anspannung ließ schlagartig nach und eine dumpfe Müdigkeit machte sich in ihr breit. Sie gähnte und schloß die Augen. Sie überließ sich dem Wiegen der Droschke, die im Gegensatz zur Hinfahrt nun fast gemächlich dahinrollte. Sie döste, obwohl ihre Nerven glühten.
    Was geschehen war, hatte sie überfordert.
    Kies knirschte unter den Rädern und Nell fuhr hoch.
    Die Droschke hielt an. Der Kutscher öffnete den Verschlag.
    »Ich hoffe, Sie haben trotz dieses ungemütlichen Abenteuers eine gute Nacht.« Blackhole verbeugte sich vor Nell. »So etwas kann geschehen. Sie sollten das nicht überbewerten. Kleine Schurken, die wie bellende Hunde sind.«
    Drought stand im Hauseingang, ein düsterer Schatten.
    Nell raffte ihr Kleid und ging, ohne den Butler eines Blickes zu würdigen, in ihre Kammer. Sie schlug die Tür hinter sich zu und lehnte sich schwer atmend dagegen.
    Mörder!
    In ihrem Kopf drehte es sich, in ihren Ohren rauschte Erschöpfung. Sie war Blackhole dankbar, daß er sie nicht zu einem Drink am Kamin eingeladen hatte, und sie war froh, den stechenden Blicken von Drought entkommen zu sein. Sie zitterte. Herbstwinde pfiffen um Stairfield House und die Hunde in den Zwingern heulten den Mond an.
    Mit einem Mal schien sich die Kammer zu verengen. Sie war sowieso viel zu klein für eine erwachsene Person. Nell blinzelte. Sie war übermüdet und es war an der Zeit, ins Bett zu kommen. Sie zitterte und fror.
    Es krachte markerschütternd, als der Fensterladen im Wind gegen die Wand schlug. Nell ging zum Fenster und öffnete die Scheiben, um die Laden zu befestigen.
    Sie blickte auf den nächtlichen Vorgarten hinunter. Der Kies reflektierte das Mondlicht und schuf bezaubernde weiße Bahnen. Eine Katze huschte zwischen den Statuen aus Marmor umher.
    Da war noch etwas ...
    Nell kniff ihre Augen zusammen, um besser sehen zu können. Zwei Gestalten gestikulierten wild. Sie standen am Eingangstor. Nell konnte nicht erkennen, um wen es sich handelte. Gesprächsfetzen wehten zu ihr herüber. Es gab keinen Zweifel: Die Männer stritten sich. Nebeneinander gehend kamen sie den Kiesweg hoch.
    Endlich konnte Nell erkennen, um wen es sich handelte. Sie schob sich etwas zur Seite, um nicht gesehen zu werden.
    Adrian Blackhole und Drought.
    Blackholes Stimme klang aufgebracht. Drought zischte wie eine Schlange. Von Distanz konnte keine Rede sein. Die Männer entschwanden ihrem Blickfeld.
    Unten krachte die Tür ins Schloß und schwere Schritte polterten die Treppe hoch.
    Mit zitternden Händen schloss Nell das Fenster. Ihr Herz machte entsetzte Sprünge. Was sie gesehen hatte, durfte nicht sein.
    Drought hatte Sir Blackhole behandelt, als sei er der Herr von Stairfield House.
    Ein Stockwerk über Nell verstummten die Schritte.
    Nell presste ihr Ohr an die Tür.
    Atmete da jemand auf der anderen Seite?
    Sie fuhr zurück. Schweiß rollte ihr fettig über den Rücken. Nervös und ohne es zu merken fingerte sie die Schleifen aus ihrem Haar. Sie fasste sich ein Herz und drehte den Knopf. Geräuschlos schwang die Tür nach innen auf. Draussen war niemand. Sie hatte es sich eingebildet. Vorsichtig schob sie sich in den Flur hinaus. Ihr Kleid knisterte und raschelte tückisch.
    Sie rechnete damit, jeden Moment Drought zu begegnen.
    Egal – sie war das Hausmädchen und sie durfte sich in diesem Haus bewegen, wie sie es für richtig hielt. Das nächste Mal würde sie diesem intriganten Ekel die Faust ins Gesicht schmettern. Etwas Seltsames spielte sich in diesem Haus ab. Der Hausherr war nicht der Mann, der sich von seinem Butler demütigen ließ, aber es gab keine Zweifel: Er hatte sich mit Drought gestritten! Und der Butler war laut und unfreundlich gewesen. Hätte sie es nicht besser gewusst, hätte der Eindruck entstehen können, Drought versuchte, seinem Herrn den Eintritt nach Stairfield House zu verwehren.
    Das Haus ruhte.
    Nur ein paar wenige Kerzen spendeten
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