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Wildnis: Thriller - Band 3 der Trilogie

Wildnis: Thriller - Band 3 der Trilogie

Titel: Wildnis: Thriller - Band 3 der Trilogie
Autoren: Valentin Zahrnt
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Aber sie würde sich sinken lassen.
    Er richtete sich auf. Es war vorbei. Unten herrschte noch unnützer Tumult, über ihm erhob sich der Schornstein friedlich zum Himmel.
    Ein Kopf schob sich dort oben über den Rand. Eine Mädchenstimme plärrte: „Hilfe! Ich habe Angst! Es ist so hoch! Hol mich hier runter!“
     

Epilog
    Jan lief am Seeufer entlang. Eine weiche Schneeschicht bedeckte den Boden, nur auf dem ausgetretenen Pfad schaute die Erde an einigen Stellen heraus. Nach einem frostigen Dezemberanfang war es in den letzten Tagen etwas wärmer geworden und die Wellen hatten das Eis auf dem See in kleine Schollen zerbrochen. Auch jetzt blies ein leichter Wind und die Schollen rauschten und klimperten.
    Es war gut, dass er sich nach seinem Besuch bei Anna die Zeit genommen hatte, hinauszufahren, um an diesem besonderen Tag ungestört nachzudenken. Mit Anna hatte er nicht reden können, sie war wieder einmal zwischen ihren Identitäten hin und her gesprungen. Die meiste Zeit hatte sie gut aufgelegt das kleine Mädchen gegeben und ab und an die altkluge Zynikerin, die er erst in der Psychiatrie an ihr kennengelernt hatte.
    Farid hielt die scheinbare Verschlechterung ihres Zustands für ein erfreuliches Zeichen. Anna ließ häufiger Erinnerungen zu, wenn sie sie selbst war, und entsprechend entzog sie sich häufiger dieser Belastung und wich in andere Identitäten aus. Aber nach und nach würde sie lernen, mit den Erinnerungen umzugehen. Dass sie diese nicht mehr völlig blockierte, ermöglichte die eigentliche therapeutische Arbeit.
    Für Jan war das frustrierend, denn wenn er Anna endlich als sie selbst antraf, war sie so depressiv, dass er nichts dagegensetzen konnte. Aber entscheidend war allein, dass ihre Niedergeschlagenheit einen Schritt auf dem Weg der Heilung bedeutete – das sagte er sich oft, um neuen Mut zu schöpfen.
    Zum Glück kam er mit Carmen, die tatsächlich nach Berlin gezogen war, vernünftig zurecht. Kurz nach Annas Einlieferung hatten sie sich gegenseitig Vorwürfe gemacht und heftig gestritten, seitdem behandelte ihn Carmen mit mehr Respekt. Sie sahen sich zwar nur einmal pro Woche, wenn sie gemeinsam mit Anna zu Mittag aßen, telefonierten aber, wann immer sie ein Besuch besonders bedrückt hatte.
    Dass er Abstand zu Carmen halten konnte, war ihm recht. Hingegen bedauerte er, dass Farid die freundschaftliche Nähe nicht länger zuließ, die Jan bei seinem nächtlichen Besuch in der Villa am Müggelsee empfunden hatte. Jan hätte ihn gerne weiterhin privat getroffen, er liebte die Gespräche mit Farid und sah in ihm ein Vorbild, wie man sensibel und zugleich anerkannt sein konnte – der Beweis, dass es nicht Gregs Aggressivität bedurfte, um zu führen. Dennoch verstand er, dass sich Farids Aufgabe als Annas Psychiater schlecht mit einer solchen persönlichen Beziehung vertrug.
    Dafür konnte Jan mit Chris über alles sprechen. Sie war ein toller Kumpel. An ein oder zwei Abenden verabredeten sie sich jede Woche und Jan genoss ihre gute Laune, der er sich nicht anschließen musste, wenn ihm nicht danach war. Und Dennis nahm sich die Zeit, zuzuhören und nachzusinnen, bevor er meinte, alles erfasst zu haben. Auch diese Freundschaft vertiefte sich.
    Dennoch brauchte Jan das Schreiben. Er dachte zurück an seine ersten wirren Notizen, aus denen sein Bericht vom Sommer im Chix-Tal entstanden war. Den hatte er vor allem verfasst, um Michaels Tod zu verarbeiten, und irgendwie hatte er sich dazu verpflichtet gefühlt, seinen Freund zu würdigen, so ehrlich, wie der ihm das bei ihrem Abschied in der Schlucht aufgetragen hatte. Beim Bericht von ihrer Winterreise nach Alaska hatte ihn die Unsicherheit getrieben, was eigentlich geschehen war, ob er nicht einen Aspekt übersehen oder falsch begriffen hatte, der Annas gequälte Verschlossenheit hätte erklären können. Und da ihn nun zum dritten Mal dramatische Ereignisse heimgesucht hatten, versuchte er wie selbstverständlich, sie schreibend zu bewältigen.
    Jan verließ den Pfad, bückte sich unter feuchtem Geäst hindurch und setzte sich auf einen Baumstamm, den Sonne und Wind bereits getrocknet hatten. Die Eisschollen nahe dem Ufer waren kleingerieben worden und schwappten übereinander, weiter draußen trieben größere, dunklere Platten.
    Ein Jahr war es also her. Lauras Todestag, der Tag der Rache, der Tag ihrer Befreiung. Damals hatte er unter Schock gestanden. Doch schon am nächsten Morgen an Annas Krankenhausbett hatte er hoffnungsvoll
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