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Wie Tau Auf Meiner Haut

Titel: Wie Tau Auf Meiner Haut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Howard
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die Macht Gottes«, erwiderte er. »Damit ist alles möglich.«
    »Aber Macht ist doch nicht etwas, was man in einer Truhe verstauen und zu dem
    Zeitpunkt wieder hervorkramen kann, an dem man sie braucht! Gott kann doch
    nicht seine Macht im Keller einer schottischen Burg verscharren und...«
    Er schüttelte den Kopf. »Nein, so ist es ja auch nicht, obwohl er das könnte,
    wenn er es denn wollte. Die Ritter hatten wohl begriffen, dass wir Sterblichen
    Gott nicht begreifen können, dass wir Dinge nicht für unmöglich halten dürfen,
    denn unserem Gott sind alle Dinge möglich. Unsere eigenen

    Begriffsmöglichkeiten aber sind vergleichsweise bescheiden. Gott ist nicht durch
    unsere Vorstellungskraft oder unsere kleinen Seelen beschränkbar. Die Kirche
    legt Regeln fest und behauptet, sie kämen von Gott. Aber eigentlich sind sie nur
    das Werk von Menschen, die Gott zu interpretieren versuchen.« Wenn er Gott als
    so uneingeschränkt mächtig erachtete, wie sollte er ihn dann nicht hassen? Niall
    war schon lange zu dem Schluss gekommen, dass Gott die Tempelbrüder
    absichtlich zerstört hatte. Denn wenn er sie hätte retten wollen, würde der Orden
    auch heute noch existieren.
    »Aber warum wollte er den Orden zerstören? « flüsterte sie.
    Nialls schwarze Augen funkelten sie an. »Um die Kirche zu schützen«, erwiderte
    er tonlos. »So viele Fehler sie auch aufweisen mag, das Gute überwiegt doch
    immer noch die Nachteile. Die Kirche legt die Rahmenbedingungen der
    Zivilisation fest, Mädchen. Regeln. Grenzen.«
    »Weswegen waren die Ritter denn eine Bedrohung für die Kirche? «
    Er stand auf, ging zum Fenster hinüber und schaute auf die raue, schöne
    Landschaft, über die er herrschte. »Wir wussten Bescheid.«
    »Was wusstet ihr? «
    »Alles.«
    Sie wartete, und Minuten verstrichen. Ohne sie anzusehen sagte er: »Ist dir
    denn nicht aufgefallen, dass ich dich niemals mit deinem Namen angesprochen
    habe? Dein Name! Grace St. John. Ich begehre dich so sehr, dass ich fast daran
    verglühe, aber dein Name geht mir gegen den Strich. Es gibt keinen Zustand der
    Gnade, lediglich einen der Unwissenheit.«
    Seine Worte trafen sie wie ein Schlag, als ob er sie abgewiesen hätte. Vielleicht
    hatte er das ja auch getan, jedenfalls hatte er sie seit ihrem Geständnis noch
    nicht wieder berührt. »Was wusstet ihr? « fragte sie noch einmal flüsternd.
    »Sie haben alles in dem Tempel in Jerusalem gefunden. Den Löwenthron, diesen
    wunderbaren barbarischen Thron, in den sowohl Yahweh und Ashara, Gott und
    Göttin, männlich und weiblich, geschnitzt sind. Sie waren zwei, und doch waren
    sie eins. Die alten Israeliten verehrten sie beide. Dann zerstörten die Priester
    absichtlich alle Altäre, die für Ashara erbaut worden waren, und wollten alles
    Wissen und jede Erinnerung an sie tilgen. Aus Yahweh wurde Jehova, der einzige
    Gott.«
    »Ja, ich weiß«, sagte sie. Die Archäologie hatte das alles bereits zutage gefördert
    und damit den Gelehrten altjüdischer Geschichte viele Rätsel aufgegeben.

    »Es gab auch noch andere Dinge«, fuhr er fort. »Der Kelch. Es ist ein ganz
    einfaches Gefäß, und trotz der Suche nach dem Heiligen Gral verfügt es über
    keinerlei Macht. Die Flagge. Das Heer, das sie an seiner Spitze führt, wird
    niemals verlieren, seine Feuervögel werden wieder und wieder aus der Asche
    auferstehen. Deutlich sind darauf dieselben Löwen wie auf dem Thron zu sehen,
    obwohl die Überlieferung sagt, sie sei nicht so alt und erst zur Zeit der Ritter
    gefertigt.« Er seufzte leise. »Und dann ist da noch das Tuch.«
    Ihr Mund wurde trocken. »Das Leichentuch? «
    Er machte eine ungeduldige Bewegung. »Später hat man es als solches
    bezeichnet, aber das entspricht nicht der Wahrheit.«
    »Was aber war es dann? «
    »Es war das Tuch, in das Jesus gewickelt wurde, nachdem man ihn vom Kreuz
    genommen hatte«, erklärte Niall.
    »Dann ist es also doch das Leichentuch. Er wurde darin begraben.«
    Nialls Augen waren dunkler denn je, und sein Blick sah durch sie hindurch. Um
    seine Lippen spielte ein bitterer Zug. »Nein, eben gerade kein Leichentuch, denn
    er lebte noch. Er war Gottes Sohn im Geiste, und das Kreuz konnte ihn nicht
    besiegen. Die Kirche gründete sich auf die nicht haltbare Legende der
    Wiederauferstehung, obwohl es in ihren ureigensten Schriften geschrieben steht,
    dass Jesus gar nicht gestorben war. Später dann konnte man die Wahrheit nicht
    sagen, ohne damit die Kirche zu zerstören. Also

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