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West-östlicher Divan (German Edition)

West-östlicher Divan (German Edition)

Titel: West-östlicher Divan (German Edition)
Autoren: Johann Wolfgang von Goethe
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umher!
Was ist denn Hoheit? Mir ist sie geläufig!
Du schaust mich an, ich bin so groß als er.
    Nur wenig ists, was ich verlange
    Nur wenig ists, was ich verlange,
Weil eben alles mir gefällt,
Und dieses Wenige, wie lange,
Gibt mir gefällig schon die Welt!
    Oft sitz ich heiter in der Schenke
Und heiter im beschränkten Haus;
Allein sobald ich dein gedenke,
Dehnt sich mein Geist erobernd aus.
    Dir sollten Timurs Reiche dienen,
Gehorchen sein gebietend Heer,
Badakschan zollte dir Rubinen,
Türkise das Hyrkan'sche Meer.
    Getrocknet honigsüße Früchte
Von Bokhara, dem Sonnenland,
Und tausend liebliche Gedichte
Auf Seidenblatt von Samarkand.
    Da solltest du mit Freude lesen,
Was ich von Ormus dir verschrieb
Und wie das ganze Handelswesen
Sich nur bewegte dir zulieb;
    Wie in dem Lande der Brahmanen
Viel tausend Finger sich bemüht,
Daß alle Pracht der Indostanen
Für dich auf Woll und Seide blüht;
    Ja, zur Verherrlichung der Lieben,
Gießbäche, Soumelpours durchwühlt,
Aus Erde, Grus, Gerill, Geschieben
Dir Diamanten ausgespült;
    Wie Taucherschar verwegner Männer
Der Perle Schatz dem Golf entriß,
Darauf ein Divan scharfer Kenner
Sie dir zu reihen sich befliß.
    Wenn nun Bassora noch das Letzte,
Gewürz und Weihrauch, beigetan,
Bringt alles, was die Welt ergetzte,
Die Karawane dir heran.
    Doch alle diese Kaisergüter
Verwirrten doch zuletzt den Blick;
Und wahrhaft liebende Gemüter
Eins nur im andern fühlt sein Glück.
    Hätt ich irgend wohl Bedenken
    Hätt ich irgend wohl Bedenken,
Balch, Bochara, Samarkand,
Süßes Liebchen, dir zu schenken,
Dieser Städte Rausch und Tand?
    Aber frag einmal den Kaiser,
Ob er dir die Städte gibt?
Er ist herrlicher und weiser;
Doch er weiß nicht, wie man liebt.
    Herrscher, zu dergleichen Gaben
Nimmermehr bestimmst du dich!
Solch ein Mädchen muß man haben
Und ein Bettler sein wie ich.
    Die schön geschriebenen
    Die schön geschriebenen,
Herrlich umgüldeten
Belächelst du,
Die anmaßlichen Blätter,
Verziehst mein Prahlen
Von deiner Lieb und meinem
Durch dich glücklichen Gelingen,
Verziehst anmutigem Selbstlob.
    Selbstlob! Nur dem Neide stinkt's,
Wohlgeruch Freunden
Und eignem Schmack!
    Freude des Daseins ist groß,
Größer die Freud am Dasein.
Wenn du, Suleika,
Mich überschwenglich beglückst,
Deine Leidenschaft mir zuwirfst,
Als wär's ein Ball,
Daß ich ihn fange,
Dir zurückwerfe
Mein gewidmetes Ich:
Das ist ein Augenblick!
Und dann reißt mich von dir
Bald der Franke, bald der Armenier.
    Aber Tage währt's,
Jahre dauert's, daß ich neu erschaffe
Tausendfältig deiner Verschwendungen Fülle,
Auftrösle die bunte Schnur meines Glücks,
Geklöppelt tausendfadig
Von dir, o Suleika!
    Hier nun dagegen
Dichtrische Perlen,
Die mir deiner Leidenschaft
Gewaltige Brandung
Warf an des Lebens
Verödeten Strand aus,
Mit spitzen Fingern
Zierlich gelesen,
Durchreiht mit juwelenem Goldschmuck.
Nimm sie an deinen Hals,
An deinem Busen,
Die Regentropfen Allahs,
Gereift in bescheidener Muschel!
    Lieb um Liebe, Stund um Stunde
    Lieb um Liebe, Stund um Stunde,
Wort um Wort und Blick um Blick,
Kuß um Kuß vom treusten Munde,
Hauch um Hauch und Glück um Glück.
So am Abend, so am Morgen.
Doch du fühlst an meinen Liedern
Immer noch geheime Sorgen:
Jussufs Reize möcht ich borgen,
Deine Schönheit zu erwidern.
    Suleika
    Volk und Knecht und überwinder,
Sie gestehn zu jeder Zeit:
Höchstes Glück der Erdenkinder
Sei nur die Persönlichkeit.
    Jedes Leben sei zu führen,
Wenn man sich nicht selbst vermißt;
Alles könne man verlieren,
Wenn man bliebe, was man ist.
    Hatem
    Kann wohl sein, so wird gemeinet,
Doch ich bin auf andrer Spur:
Alles Erdenglück vereinet
Find ich in Suleika nur.
    Wie sie sich an mich verschwendet,
Bin ich mir ein wertes Ich;
Hätte sie sich weggewendet,
Augenblicks verlör ich mich.
    Nun mit Hatem wär's zu Ende,
Doch schon hab ich umgelost:
Ich verkörpre mich behende
In den Holden, den sie kost.
    Wollte, wo nicht gar ein Rabbi,
Das will mir so recht nicht ein,
Doch Ferdusi, Montanabbi,
Allenfalls der Kaiser sein.
    Hatem
    Wie des Goldschmieds Bazarlädchen
Vielgefärbt geschliffne Lichter,
So umgeben hübsche Mädchen
Den beinah ergrauten Dichter.
    Mädchen
    Singst du schon Suleika wieder!
Diese können wir nicht leiden,;
Nicht um dich—um deine Lieder
Wollen, müssen wir sie neiden.
    Denn wenn sie auch garstig wäre,
Macht'st du sie zum schönen Wesen,
Und so haben wir von Dschemil
Und Boteinah viel gelesen.
    Aber eben, weil wir hübsch sind,
Möchten wir auch gern
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