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Werwolfkind (German Edition)

Werwolfkind (German Edition)

Titel: Werwolfkind (German Edition)
Autoren: Earl Warren
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versagten und sie von der Serpentinenstraße in den Kalabrischen Bergen in einen Abgrund stürzte. Der Marchese Silvio war ein Jahr später an gebrochenem Herzen gestorben. Seinem Werwolftrieb hatte er nie nachgegeben, dass er dafür einen Menschen oder auch nur ein Tier gemordet hätte.
    Dieser innere Zwiespalt, der Kampf gegen die Werwolfnatur und der Tod seiner geliebten Frau waren zu viel für Marchese Silvio gewesen. Sein Herz hatte versagt. Ricardo lebte in seinem Geist, von Tragik umwittert. Selbst seinen grauenvollen Halbbruder Benito hatte er nicht umgebracht, nachdem er Francesca kennenlernte und um sie warb, sie eroberte.
    Für sie, die Tochter eines bitter armen Kleinbauern, war es ein enormer gesellschaftlicher Aufstieg gewesen. Auch ihrer Familie hatte es sehr geholfen – sie hätten sonst Haus und Hof verloren. Die Mutter wäre ohne teure Sanatoriumsaufenthalte und Medikamente gestorben. Sie war schwer lungenkrank.
    Doch vor allem hatte Francesa Ricardo aus Liebe geheiratet. Die Liebe zu einem Werwolf, die ihr Leben mit Tragik überschattete. Trotzdem gab sie die Hoffnung nicht auf, dass sich alles zum Guten wenden würde. Und als Ricardo dank Professor Cascias magischem Mittel den Werwolftrieb anscheinend überwand und besiegte, schien sich alles zum Guten gewendet zu haben.
    Doch jetzt…
     
    *
     
    Da saß nun Ricardo wie ein Häufchen Unglück, während all das Francesca durch den Kopf ging. Sie setzte sich neben ihn, legte die Arme um ihn und sprach beruhigend auf ihn ein. Im Verlies tief in den Gewölben heulten wieder die beiden Werwölfe. Man hörte es dumpf durch die dicken Mauern dringen.
    Ricardos von seinen Händen mit Blut beschmiertes Gesicht war ihr zugekehrt. Francesca war dunkelhaarig und hatte große, ausdrucksstarke braune Augen. Sie war über mittelgroß, mit großen und festen Brüsten und langen Haaren und einem herzförmigen, üppigen Mund. Sie war eine typische Süditalienerin, und sie hatte viel Temperament, das sie allerdings meist zügelte.
    Doch wenn sie einmal loslegte, dann ging man besser in Deckung. Dann flog das Geschirr, und es blitzte, donnerte und krachte, im übertragenen Sinn. Dann sprühten und funkelten ihre Augen.
    Jetzt waren sie sanft und voll Sorge.
    »Ricardo, was ist? Mir kannst du alles sagen. Ich bin deine Frau, und ich liebe dich.«
    Er schwieg. Entsetzt sah Francesca, dass sein Gesicht sich behaarte. Die Hände veränderten sich, die Haare sprossen. Die Finger wollten zu Klauen werden.
    Ricardo erbebte. Er riss sich zusammen.
    »Schließe den Vorhang, Francesca. Das Mondlicht… Es weckt den Werwolfkeim in mir.«
    Francesca tat rasch, wie ihr geheißen und zog die schweren Gardinen zu.
    »Aber… ich dachte, du hättest den Trieb überwunden.«
    »Das dachte und hoffte ich auch.«
    Er ballte die Fäuste und stieß ein schauriges Geheul aus. Das Kind in seinem Bettchen fing an zu schreien und strampelte. Francesca sprang hin – und sah entsetzt im Licht der Nachttischlampe, dass die Augen des kleinen Marco glühten. Sein Körper war über und über mit schwarzen Haaren bedeckt. An seinen Fingerchen hatte er kleine Krallen.
    Entsetzt und erschrocken beugte sich über das Kind. Als es mit dem kleinen silbernen Kreuz in Berührung kam, das Francesca als Katholikin um den Hals trug, schrie es noch lauter. Die Berührung bereitete ihm Schmerzen. Denn auch ein Werwolf war ein Geschöpf der Nacht, obwohl man ihn mit einem Kreuz nicht bannen oder in die Enge treiben konnte.
    Jedenfalls hatte Francesca noch nie etwas Derartiges gehört, und sie wusste mittlerweile eine Menge über Werwölfe. Schließlich war sie mit einem verheiratet.
    Kurz entschlossen hängte sie das Kreuz an der Kette auf ihren Rücken und presste Marco an sich. Sie wiegte ihn hin und her und sprach Marco beruhigend auf ihn ein. Er war ein kräftiger und gesunder Junge, normalerweise ein pausbackiges Kind. Auf seinen stämmigen Beinchen konnte er schon dahintappsen, artikulierte die ersten Silben und war eine Freude für seine Eltern und ihr ganzer Stolz.
    Francesca schaute ihren Mann an, dann ihr Kind. Ihr Herz hämmerte, und sie hätte vor Verzweiflung laut aufschreien können. Tränen standen ihr in den Augen. Worauf habe ich mich da eingelassen, dachte sie? Wie kann das nur sein?
    Ihre Hoffnungen auf ein geruhsames, schönes, harmonisches Leben brachen jäh in sich zusammen. Ihr Mann wurde wieder zum Werwolf – und bei Klein Marco brach der lykanthropische Keim durch. Es war alles
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