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Wer bin ich ohne dich

Wer bin ich ohne dich

Titel: Wer bin ich ohne dich
Autoren: Ursula Nuber
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Depression zwar ›behoben‹, aber nur solange, wie die Betroffenen diese Medikamente einnahmen. Wenn sie damit aufhörten, kam die Depression zurück, wenn auch erst Monate später«, schränken Mark Williams, Professor für Klinische Psychologie an der Universität Oxford und seine Kollegen John Teasdale, Zindel Segal und Jon Kabat-Zinn die Wirkung der Medikamente ein. Obwohl viel zu dem Thema geforscht wird, ist die Ernüchterung unter Fachleuten inzwischen groß. So fällt Bruno Müller-Oerlinghausen, Professor für Psychopharmakologie und | 226 | langjähriger Leiter der psychiatrischen Universitätsambulanz für depressive Patienten in Berlin, ein entmutigendes Urteil, wenn er sagt: »Die Wirksamkeit von Antidepressiva ist schwach.«
    Und die Autorin Lisa Appignanesi berichtet, dass das British Royal College of Physicians ganz offen zugibt, dass es keine völlige Klarheit darüber gibt, wie Antidepressiva eigentlich wirken, »dass wir aber denken, dass Antidepressiva die Aktivität von bestimmten Neurotransmittern verstärken«. Für Furore sorgte auch vor einigen Jahren der englische Psychologieprofessor Irving Kirsch, der mit seinem Team 47 Studien zur Wirkung von neuen Antidepressiva unter die Lupe nahm und sie mit der Wirkung von Scheinmedikamenten (sogenannte Placebos) verglich. Sein irritierendes Ergebnis: Er konnte keine wesentlichen Unterschiede zwischen Medikament und Placebo feststellen, denn ein hoher Anteil der Erkrankten (30 bis 40 Prozent) reagierte auf das Mittel ohne jeglichen Wirkstoff positiv.
    Die Ergebnisse zur Wirkung von Psychopharmaka sind also eher ernüchternd. Dennoch kann ihr Einsatz sinnvoll sein. Viele Patientinnen und Patienten sind erleichtert, wenn sie hoffen, dass die Medikamente ihre Leidenszeit beenden können. Und diese Hoffnung scheint für die Wirkungen des Medikaments hauptsächlich verantwortlich zu sein – womit auch der Erfolg von Placebos (Scheinmedikamenten) erklärt wäre. Vor allem bei sehr schweren Depressionen können Medikamente einen Anstoß geben, dass Patienten überhaupt aus ihrer Erstarrung herausfinden. Bei dieser Patientengruppe kann eine medikamentöse Behandlung durchaus hilfreich sein.
Psychotherapie
    Psychotherapeutische Verfahren zur Behandlung von Depressionen bekommen in Wirkungsstudien positivere Noten als Be | 227 | handlungen mit Antidepressiva. Diverse Studien belegen, dass psychotherapeutische Maßnahmen leichte bis mittelschwere Depressionen nachweislich lindern können. Vor allem wenn es um die langfristige positive Beeinflussung depressiver Symptome geht, ist die Psychotherapie der medikamentösen Therapie überlegen. Doch so wenig es ein Medikament gegen Depression gibt, so wenig gibt es die einzig wirksame Therapiemethode. Wie die Psychotherapieforschung herausgefunden hat, sind psychotherapeutische Behandlungen in 80 Prozent der Fälle hilfreich. Aber nicht jede Methode ist gleichermaßen für alle psychischen Probleme geeignet. Bei depressiven Erkrankungen werden vor allem die folgenden Verfahren empfohlen.
    Kognitive Verhaltenstherapie: Die kognitive Therapie der Depression geht von der Beobachtung aus, dass das Denken depressiver Menschen charakteristisch verändert ist. Sie grübeln sich in ihre Schwierigkeiten hinein, indem sie alles negativ interpretieren. Dieses wesentliche Symptom der Depression hält der Begründer der kognitiven Therapie, Aaron Beck, für erlernt. Danach haben Erfahrungen in der Kindheit zu ganz bestimmten Denkmustern geführt, die eine Depression hervorrufen und aufrechterhalten können. Die Überzeugung, nichts wert zu sein, kann sich zum Beispiel früh in einem Kind festgesetzt haben und wird im Laufe des Lebens immer dann aktiviert, wenn der Betroffene wirkliche oder auch nur eingebildete Zurückweisung erfährt. Ein anderes, positives Denkmuster ist ihm nicht möglich, solange der das alte Muster nicht identifizieren und mit Hilfe der Therapie wieder verlernen kann. Die Grundannahme der Verhaltenstherapeuten lautet: Nicht die Ereignisse – seien sie noch so belastend – rufen eine depressive Reaktion hervor, sondern ihre subjektive Bewertung. Aus diesem Grund fordern kognitive Verhaltenstherapeuten und -therapeutinnen ihre Klienten auf, über einen gewissen | 228 | Zeitraum hinweg alle Erlebnisse aufzuschreiben und zusätzlich ihre Gedanken und Gefühle, die mit dem Erlebnis verbunden sind, zu notieren. Dann werden die Muster, die hinter diesen Bewertungen stecken, analysiert. Die wichtigsten dieser
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