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Wenn tausend Sterne fallen: Roman (German Edition)

Wenn tausend Sterne fallen: Roman (German Edition)

Titel: Wenn tausend Sterne fallen: Roman (German Edition)
Autoren: LESLEY PEARSE
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Beerdigung schon bald stattfinden.«
    »Ich rufe ein paar Leute für dich an, wenn du willst.«
    »Nein«, antwortete er seufzend, »das muss ich schon selbst erledigen. Ihre Freunde wären gekränkt, wenn sie es nicht von mir erführen. Worüber habt ihr vor ihrem Tod eigentlich gesprochen?«
    Daisy hätte das vorläufig lieber für sich behalten, doch das ging jetzt nicht mehr. Sie erzählte es ihrem Vater.
    Er verzog das Gesicht. »Das bedrückte sie schon eine ganze Weile. So war sie eben. Sie wollte, dass jeder glücklich und alles im Lot ist. Ihre eigene Mutter starb, als sie neun war, weißt du, und ihr Vater heiratete ein paar Jahre später ein zweites Mal. Lorna verstand sich nicht mit ihrer Stiefmutter, und weil ihr Vater offenbar den Weg des geringsten Widerstandes ging und mit seiner Tochter nie über ihre Mutter sprach, blieben viele Fragen unbeantwortet. Wahrscheinlich dachte sie, dir ginge es genauso.«
    »Das stimmt aber nicht«, entgegnete Daisy heftig. »Meine leibliche Mutter interessiert mich keine Spur. Ich habe in dieser Familie alles, was ich brauche, auch wenn Lucy manchmal ein ziemliches Biest ist.«
    »Sie ist bloß ein bisschen eifersüchtig auf dich«, sagte ihr Vater beschwichtigend. »Ich glaube, sie denkt, eure Mum hätte dich bevorzugt. Das geht vorbei.«
    »Hoffentlich«, murmelte Daisy leise. »Sie hat immerhin Tom, die beiden machen doch alles zusammen. Wenn sich jemand wie das fünfte Rad am Wagen fühlt, dann ich.«
    »Sie werden erst nach der Beerdigung wieder aufs College gehen, wir haben also genug Zeit, um zu reden und ein paar Dinge zu klären.« Ihr Vater stand auf. »Ich mach mich jetzt besser daran, die Telefonate zu erledigen, und du solltest ins Bett gehen. Es war ein furchtbarer, anstrengender Tag.«
    Daisy schlief rasch ein, wachte aber bald wieder auf. Sie knipste das Licht an. Es war erst zwei Uhr. Nachdem sie eine Zeit lang vergeblich versucht hatte, noch einmal einzuschlafen, stand sie auf und ging in die Küche hinunter.
    Daisy hatte schon öfter woanders gewohnt: mit Freunden in einer Wohngemeinschaft, allein in einem möblierten Zimmer, mit einem Jungen zusammen, den sie hatte heiraten wollen. Aber so sehr sie sich auch nach Freiheit sehnte – sie war immer wieder in dieses Haus und zu ihrer Mutter zurückgekehrt. Es war ein geräumiges Einfamilienhaus im viktorianischen Stil mit großen Panoramafenstern, wunderschönen Bleiverglasungen und allen herausragenden baulichen Merkmalen jener Epoche. Lorna und John hatten nicht viel verändert. Der Esszimmerboden war vor ein paar Jahren abgeschliffen und versiegelt, die Küche vergrößert und modernisiert worden. Da Lorna und John aber immer schon eine Vorliebe für den viktorianischen Geschmack, für bequeme Samtsofas, prächtige Drucke von William Morris und edel poliertes Holz gehabt hatten, sah das Innere des Hauses vermutlich so aus, wie der ursprüngliche Innenarchitekt es sich vorgestellt hatte.
    Während mittlerweile wohlhabende Leute in dieser Gegend wohnten, war Bedford Park früher, in Daisys Kindheit, ein typisches Mittelstandsviertel für Familien mit drei oder vier Kindern gewesen, die sich gegenseitig besuchten, bei ihren Freunden übernachteten, zusammen spielten und zur Schule gingen. Auch die Eltern waren miteinander befreundet gewesen, und vor allem von Lorna war die Initiative zu gemeinsamen Frühstückstreffs, Abendessen und sommerlichen Gartenpartys ausgegangen.
    Doch die alten Freunde zogen einer nach dem anderen fort – zu verlockend waren die absurd hohen Summen, die ihnen für ihre Anwesen geboten wurden. Die neuen Eigentümer beschäftigten Kindermädchen und schickten ihre Kinder auf Privatschulen. Die Frauen hatten keine Zeit für einen morgendlichen Kaffeeplausch.
    Daisy ging ins Wohnzimmer und setzte sich an den Schreibtisch ihrer Mutter. Eine Liste mit den Namen der Leute, die ihr Vater benachrichtigen musste, lag darauf. Etwa die Hälfte hatte er bereits abgehakt.
    Sie drehte sich um. Eine namenlose Traurigkeit überkam sie bei dem Gedanken daran, dass sie ihre Mum nie mehr hier sitzen und Briefe schreiben, nähen oder lesen sehen würde. Der Raum war voll gestopft mit Büchern, Bildern, Fotos und allerlei Krimskrams – Lorna hatte nichts wegwerfen können, was irgendeinen Erinnerungswert besaß. Sie hatte die kleinen Glastiere, die Daisy, Tom und Lucy ihr zum Muttertag oder zum Geburtstag geschenkt hatten, ebenso aufgehoben wie den aus einem Elefantenfuß gefertigten hässlichen
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