Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Wellenbrecher

Titel: Wellenbrecher
Autoren: Minette Walters
Vom Netzwerk:
die Fairline Squadron den Anker und tuckerte gemächlich aus Chapman’s Pool hinaus, um Kurs auf St.-Alban’s-Kap zu nehmen. Zwei lustlose junge Mädchen saßen zu beiden Seiten ihres Vaters auf der Brücke, während seine neueste Gefährtin allein und ausgeschlossen auf der Bank hinter ihnen hockte. Sobald das Boot die seichten Gewässer an der Mündung der Bucht hinter sich gelassen hatte, drehte es voll auf und schoß, eine schäumende Spur im Kielwasser, mit fünfundzwanzig Knoten davon, zurück nach Poole.
    Hitze und Alkohol hatten sie alle schläfrig werden lassen, vor allem den Vater, der sich in seinem Bemühen, es den Töchtern recht zu machen, völlig verausgabt hatte. Nachdem er das Boot auf automatische Steuerung geschaltet hatte, beauftragte er die ältere, die Augen offenzuhalten, und gönnte sich ein Nickerchen. In seinem Rücken spürte er den durchbohrenden Blick seiner wütenden Freundin und wünschte mit einem unterdrückten Seufzer, er wäre so gescheit gewesen, sie zu Hause zu lassen. Sie war seine neueste Eroberung, bisher letztes Glied in der Kette seiner »Schnitten«, wie seine Töchter diese Frauen verächtlich zu nennen pflegten, und wie immer hatten die beiden Mädchen es darauf angelegt, das zarte Pflänzchen seiner neuen Beziehung in Grund und Boden zu trampeln. Das Leben, dachte er verdrossen, ist doch wirklich zum Kotzen …
    »Vorsicht, Dad!« schrie seine Tochter plötzlich erschrocken. »Wir steuern genau auf einen Felsen zu.«
    Mit rasendem Puls riß er das Ruder herum, das Boot schwenkte nach Steuerbord, und das, was seine Tochter für einen Felsen gehalten hatte, schrammte hart backbord vorbei ins brodelnde Kielwasser. »Ich bin zu alt für diesen Quatsch«, sagte er zittrig, während er sein Dreihunderttausendpfundboot wieder auf Kurs brachte und überlegte, wie es eigentlich um seine Versicherung stand. »Was zum Teufel war das? Ein Felsen kann es nicht gewesen sein. Hier gibt es keine Felsen.«
    Die beiden jungen Mädchen blinzelten mit tränenden Augen in die glühende Sonne, um das schwarze, hüpfende Ding hinter dem Boot zu identifizieren. »Es sieht aus wie eines von diesen großen Ölfässern«, sagte die ältere.
    »Verdammte Pest«, fluchte ihr Vater. »Wer so was über Bord wirft, gehört erschossen. Es hätte uns den ganzen Rumpf aufreißen können.«
    Seine Freundin hinten fand, es sah eher wie ein kieloben treibendes Beiboot aus, behielt ihre Meinung jedoch für sich, um sich nicht wieder dem Gespött seiner nervigen Töchter auszusetzen. Sie hatte bereits reichlich genug davon für heute zu spüren bekommen und wünschte von Herzen, sie hätte sich nie auf diesen Bootsausflug eingelassen.
     
    »Nick Ingram ist mir heute morgen über den Weg gelaufen«, bemerkte Maggie, während sie in der Küche ihrer Mutter in Broxton House Tee zubereitete.
    Die Küche war einmal ein wunderschöner Raum gewesen, mit alten Eichenschränken voller Kupfertöpfe und dekorativem Keramikgeschirr und einem zweieinhalb Meter langen Refektoriumstisch aus dem 17. Jahrhundert in der Mitte. Jetzt war sie nur noch trist. Alles, was sich irgendwie zu Geld hatte machen lassen, war verkauft worden. Billige weiße Hänge- und Unterschränke hatten die alten Holzmöbel ersetzt, und dort, wo früher der Klostertisch geprangt hatte, stand jetzt ein scheußliches Ungetüm von einem Plastikgartentisch. So schlimm wäre es vielleicht gar nicht, dachte Maggie oft, wenn der Raum nur hin und wieder gründlich saubergemacht würde, aber ihre Mutter war durch die schwere Arthritis behindert und sie selbst ständig gestreßt und erschöpft von ihren verzweifelten Anstrengungen, mit Pferden Geld zu verdienen. Und so war die Reinlichkeit in diesem Haus irgendwann ebenso auf der Strecke geblieben wie der Glaube an einen wohltätigen Gott. Wenn es wirklich einen Gott im Himmel gab und mit der Welt alles im Lot war, dann schien dieser Gott in bezug auf Broxton House völlig blind zu sein. Maggie hätte schon vor langer Zeit aufgegeben und wäre fortgezogen, wenn ihre Mutter mitgemacht hätte. Jetzt lebte sie in einer Wohnung über den Stallungen auf der anderen Seite des Gartens und kam nur zu kurzen Besuchen ins Haus. Seine schreckliche Leere erinnerte sie allzu deutlich daran, daß sie an der Verarmung ihrer Mutter die Schuld trug.
    »Ich bin mit Jasper nach Chapman’s Pool runtergeritten. In Egmont Bight ist eine Frau ertrunken, und Nick mußte bei der Bergungsaktion den Hubschrauber einweisen.«
    »Wohl
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher