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Weiberabend: Roman (German Edition)

Weiberabend: Roman (German Edition)

Titel: Weiberabend: Roman (German Edition)
Autoren: Joanne Fedler
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Wärme zurückkehren, ist das Wohnzimmer beinahe verlassen. Helen hat Fiona und CJ nach oben zu der riesigen Whirlpool-Badewanne (mit acht Düsen) gebracht, wo sie jetzt ein Bad einlaufen lassen. Liz ist auf die Toilette gegangen, obwohl ich nicht ganz verstehe, warum – sie hat kaum genug getrunken, als dass sie etwas auszuscheiden hätte. Dooly sagt, sie wolle sich mal »um die Betten« kümmern und verschwindet im Flur. Die Erschöpfung treibt uns alle zu unseren liebsten Tröstern. Ich frage mich, ob auch nur eine von uns noch die DVDs überstehen wird, die ich mitgebracht habe. Jetzt sehne ich mich nach meinem Bett zu Hause.
    Ereka lächelt (sie hat nur noch einen ) und klimpert hinaus auf den Balkon, den sie schon den ganzen Abend lang mit ihrer Cannabis-Asche unterhalten hat. Ein Rauchfähnchen weht hinter ihr davon wie ein Schal aus Spinnweben. Wir haben überall um uns herum viel aufzuräumen, aber ich hoffe, die anderen werden sich anbieten, genau wie Frank immer aufspringt, um das Geschirr in die Spülmaschine zu räumen, wenn ich den Tag damit zugebracht habe, ihm ein königliches Abendmahl zuzubereiten. Ein fairer Handel, das muss man zugeben. Und ich hasse Aufräumen.
    Ich schlendere in die Küche, um nach den Resten zu sehen, die vielleicht in Tupper verpackt oder mit Folie abgedeckt werden sollten. Tam steht am Spülbecken und spült die Schüssel, in der sie ihre (unberührten) Beeren mitgebracht hat. »Ich habe sie euch in einem Tupper in den Kühlschrank gestellt«, sagt sie knapp. Sie nimmt es also doch persönlich. Es tut mir leid, dass ich nicht wenigstens davon gekostet habe, so wie man sich hinterher wünscht, man hätte jemanden nicht gepiesackt, wenn man sieht, wie traurig man ihn damit gemacht hat.
    Tam ist still. Ich fühle mich ein wenig verantwortlich für den zarten, zerbrechlichen Ausdruck auf ihrem Gesicht. Sie wirkt immer so selbstsicher, doch nun sieht es so aus, als hätte Kevins Untreue – sofern sie denn vom Verbalen zum Körperlichen vorangeschritten ist – doch ihren Tribut gefordert. Prozac wird gegen Depressionen verschrieben, nicht gegen Selbsttäuschung. Und Tam ist nicht dumm.
    »Ich gehe jetzt«, sagt sie leise. Sie erscheint mir distanziert, wie von der Außenwelt abgeschnitten. Ich hasse es, so falsch verstanden zu werden. Vorsichtig trete ich zu ihr.
    »Tam«, sage ich, »es tut mir leid, falls dich das, was ich vorhin gesagt habe, beleidigt oder geärgert hat. Das wollte ich nicht …«
    »Ist schon gut, Jo, das weiß ich«, sagt sie.
    »Ich wollte damit nicht sagen, dass es in Ordnung wäre, wenn Mütter …«
    Sie unterbricht mich. »Ich weiß, was du gemeint hast.«
    Ich will meinen Satz trotzdem beenden. Ich bin nicht überzeugt davon, dass sie verstanden hat, was ich meinte, aber ich habe das Gefühl, dass sie längst entschieden hat, was sie gehört haben will. (»Stellt euch mal vor: Joanne findet es völlig in Ordnung, wenn Mütter ihre Kinder umbringen. Der arme Aaron, was muss das Kind mit so einer Mutter nur durchmachen.«) Ich kann den Tratsch hinter meinem Rücken schon beinahe hören. Ich will nicht noch einen dickeren Keil zwischen uns treiben oder alles nur schlimmer machen. Wenn jemandem das Messer schon im Rücken steckt und man dann versucht, es herauszuziehen, blutet es nur umso heftiger. Aber ich kann nicht anders.
    Ich versuche es noch einmal. »Ich finde es abscheulich, wenn Mütter ihren Kindern etwas antun«, sage ich. »Ich hasse mich selbst dafür, wenn ich meine anschreie, ihnen einen Klaps gebe oder die Geduld mit ihnen verliere. Mir ist nur bewusst, dass Frauen manchmal einfach durchdrehen, und dann sind sie verloren …«
    Jetzt dreht Tam sich zu mir um, die Schüssel an die Brust gedrückt, die Hände davor verschränkt – ich bin sicher, in Körpersprache heißt das so viel wie »hau ab und lass mich in Ruhe«. Irgendwie wirkt sie gequält, aufgerührt; in ihrem linken Augenwinkel zuckt ein Muskel. Wird sie gleich in Tränen ausbrechen? Plötzlich habe ich Angst.
    »Ich weiß, was ihr alle von mir denkt«, sagt sie.
    »Wie meinst du das?«, frage ich.
    »Ich weiß, dass ihr alle glaubt, ich sei neurotisch, überfürsorglich und total von meinen Jungs besessen …«
    Unbehaglich trete ich von einem Fuß auf den anderen und kann ihrem Blick kaum standhalten. »Nein, so kann man das nicht sagen, Tam. Weißt du, jede von uns macht das so, wie sie es für das Beste hält …«
    »Erzähl mir keinen Quatsch«, sagt sie. »Ich weiß doch,
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