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Waylander der Graue

Waylander der Graue

Titel: Waylander der Graue
Autoren: David Gemmell
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schmutzig. Neben dem vordersten Reiter ritt ein Mann mit Nadir-Zügen: hohe Wangenknochen, schrägstehende Augen. Niemand sagte ein Wort.
    »Wenn ihr eure Pferde tränken wollt«, sagte Tanya, »könnt ihr den Bach benutzen. Er ist ein Stück weiter zwischen den Bäumen.«
    »Wir sind nicht wegen Wasser gekommen«, sagte der mit dem langen Gesicht. Er starrte sie mit glitzernden Augen an. Tanya empfand sowohl Zorn als auch Angst, als sein Blick sie streifte. »Du bist ein hübsches Ding, Bauernmädchen. Ich mag Frauen mit großen Brüsten. Ich glaube, du kannst uns geben, was wir brauchen.«
    »Ihr geht jetzt besser«, sagte sie. »Mein Mann … und seine Freunde … werden bald zurück sein. Ihr seid hier nicht willkommen.«
    »Wir sind nirgendwo willkommen«, sagte der Reiter. »Und jetzt kannst du es auf die einfache oder harte Tour haben. Du solltest wissen, dass ich der letzten Frau, die die harte Tour wählte, den Bauch aufgeschlitzt habe.«
    Tanya stand ganz still. Eins der Zwillingsmädchen begann zu weinen, weil es Hunger hatte. Es war ein hohes, schrilles Weinen. Der kleine Gellan kam näher.
    »Was wollen sie, Mama?«, rief er.
    Der Mann mit dem Pferdegesicht wandte sich an den Nadir. »Bring das Balg um!«, befahl er.
    Ein kalter Windhauch fuhr über die Reiter. Pferde bäumten sich auf und wurden wieder unter Kontrolle gebracht. Tanya wandte den Kopf und sah einen weiteren Reiter. Sie hatte ihn nicht kommen gehört. Die Reiter starrten ihn an.
    »Wo zum Teufel ist der hergekommen?«, hörte sie jemanden fragen.
    »Von der Rückseite des Hauses«, sagte Pferdegesicht. »Woher sonst?«
    Tanya betrachtete den Neuankömmling genau. Irgendetwas an ihm kam ihr vertraut vor. Er war alt, sein Gesicht von grauen Stoppeln bedeckt. Und er sah müde aus. Dunkle Ringe lagen unter seinen Augen. Er trieb sein Pferd voran, und Tanya sah, dass er in der linken Hand eine kleine schwarze Armbrust hielt.
    »Was willst du hier?«, fragte Pferdegesicht.
    »Ich kenne dich«, sagte der Neuankömmling. »Ich kenne jeden von euch.« Ein Schock durchzuckte Tanya, als sie die Stimme hörte, obwohl sie nicht wusste, weshalb. Er lenkte sein Pferd dichter an Pferdegesicht. »Du bist Bedrin, bekannt als der Schleicher. Du hast keinerlei einnehmende Züge. Ich habe dir nichts zu sagen.« Die Armbrust fuhr auf, und Pferdegesicht fiel aus dem Sattel, mit einem Bolzen im Hirn. »Was den Rest von euch angeht«, fuhr der Reiter fort, »sind unter euch einige, die noch erlöst werden können.«
    Tanya sah, wie der Nadir sein Schwert zog und sein Pferd vorantrieb. Ein Bolzen hämmerte in seine Kehle, und auch er fiel zu Boden, sein Pferd trabte an dem Reiter vorbei. Der Mann redete weiter. In seiner Stimme lag keinerlei Gefühl. Er hätte ebenso gut über das Wetter sprechen können. Die siebzehn verbliebenen Reiter saßen auf ihren Tieren, geradezu hypnotisiert von diesem tödlichen Mann mit dem grauen Gesicht.
    »Es ist angemessen, dass Kityan seinem Herrn folgt«, sagte der Reiter und lud beiläufig die Armbrust neu. »Er lebte, um zu quälen, um anderen Schmerzen zuzufügen.« Er blickte die verbliebenen Räuber an. »Aber du«, sagte er und deutete auf einen breitschultrigen jungen Mann, »du, Maneas, hast bessere Träume. In Gothir, im Dorf Neuneichen, gibt es ein Mädchen. Du wolltest sie heiraten, doch ihr Vater gab sie einem anderen. Dein Herz war gebrochen, als du davonrittest. Würde es dir helfen zu erfahren, dass ihr Ehemann in diesem Sommer ertrinkt? Sie wird allein sein. Wenn du zu ihr zurückkehrst, wirst du zwei Söhne und eine Tochter mit ihr haben.«
    »Woher weißt du das?«, fragte der junge Mann. »Bist du ein Zauberer?«
    »Ihr könnt mich als eine Art Propheten betrachten«, sagte der Mann. »Denn ich weiß, was ist und was sein wird. Ich habe die Zukunft gesehen. Wenn du diese Frau und ihre Kinder tötest, Maneas, wirst du auch nach Hause gehen. Du wirst auch Leandra heiraten, und sie wird dir die Kinder schenken, von denen ich sprach. Und dann eines Nachts wird der Mann dieser Frau hier dich finden. Er hat dich dann neun Jahre lang gesucht. Er wird dich in den Wald schleppen und dir die Augen ausstechen. Dann wird er dich an den Boden pfählen und auf deinem Bauch ein Feuer entzünden.« Tanya sah, wie aus dem Gesicht des jungen Mannes alle Farbe wich.
    Die Hand des Neuankömmlings fuhr hoch und deutete auf einen dünnen Mann mittleren Alters. »Und du, Patris. Was auch immer heute hier geschieht, du wirst diese
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