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Was Oma und Opa noch wussten

Was Oma und Opa noch wussten

Titel: Was Oma und Opa noch wussten
Autoren: Udo Ulfkotte
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Lebensmittelverteilung seien »nicht im erforderlichen Umfang herausgearbeitet, beschrieben und durch festgelegte Abläufe erfasst«. Und nicht einmal für die Lebensmittelversorgung sei geklärt, »wer, wann und zu welchem Zeitpunkt Maßnahmen ergreifen soll«. Im Klartext: Bund und Ländern haben bis heute weder ein Regelwerk für ernsthafte Versorgungskrisen noch die wichtigsten frischen Lebens- mittel, um die Bevölkerung ausreichend zu versorgen.

    Was aber wird da überhaupt eingelagert? Es sind überwiegend Roh- produkte. Da gibt es etwa die »Bundesreserve Getreide« (BRG). Das sind Weizen, Roggen und Hafer. Daraus soll dann im Notfall Mehl gemahlen und Brot gebacken werden. Bis jeder Bundesbürger im Ernstfall aus dieser Reserve ein Brot bekommen hat, vergehen aller- dings viele Wochen. Schließlich haben wir, wie schon beschrieben, nicht mehr flächendeckend Mühlen, die das Getreide sofort nah am Verbraucher mahlen könnten. Und weil die Bundesrepublik ihre Ge- treidereserven noch nie für die eigene Bevölkerung gebraucht hat, denkt das Bundesagrarministerium seit 2010 ganz offen darüber nach, einen Teil des Getreides durch Nudeln zu ersetzen. Dummer- weise sind die nicht so lange haltbar wie Getreide. Und noch eines wissen die Bürger wohl nicht: Das eingelagerte Getreide wurde von der Bundesrepublik komplett auf Kredit finanziert. Essen die Bürger es im Notfall auf, dann müssen sie als Steuerzahler später wieder für diese Lebensmittelspende arbeiten. Muss der Staat wirklich diese Le- bensmittel horten? Die Beamten im zuständigen Ministerium sehen das nicht mehr so. Henning Goersch von der Katastrophenfor- schungsstelle der Universität Kiel hat Zweifel und hebt hervor: »Bes- ser wäre es, die Bürger würden selbst Vorsorgen.« Auf die staatliche Hilfe sollten sie sich also nicht verlassen.

    In den Ballungsgebieten gibt es auch eine »Zivile Notfallreserve« (ZNR). Die Stadtmenschen sollen im Krisenfall wenigstens eine war- me Mahlzeit am Tag bekommen, etwa Reis, Erbsen oder Linsen. Nicht ein Lager für die Stadtbewohner befindet sich jedoch in Stadt- nähe. Bei der letzten Überprüfung 2012 stammten die meisten Pro- dukte, die alle zehn Jahre gegen Neuware ausgewechselt werden sol- len, aus dem Jahr 1995. Seither hat sich daran aus Finanznot nichts geändert. Und es wurden auch nie jene Mengen eingelagert, die nach den Vorgaben gebunkert werden müssten. Ein weiteres Problem: Die Lebensmittel- und Milchkarten werden im Notfall durch 12.000 Mit- arbeiter ausgeteilt, sobald die Bundesregierung entscheidet, dass ein Notfall vorliegt. Das klingt zunächst einmal gut. Denn dann soll jeder Bürger eine warme Mahlzeit pro Tag bekommen. Doch Deutschland hat 82 Millionen Einwohner. Und wenn 12.000 Mitarbeiter Lebens- mittelkarten verteilen, dann ist jeder von ihnen für weit mehr als 8000 Bundesbürger verantwortlich. Die zuständigen Staatsmitarbei- ter aus den Bezirksämtern werden sofort überfordert sein. Zudem hat die Vergangenheit gezeigt, dass in Krisensituationen Lebensmittel- marken meistbietend verkauft anstatt verteilt werden. Man muss also damit rechnen, dass die meisten Menschen in Notzeiten auch absolut egoistisch handeln werden. Und wie schnell können die Bürger eine tägliche warme Mahlzeit bekommen?
       Im Jahr 2010 lagerten in den Geheimdepots rund 440.000 Tonnen Weizen, 50.000 Tonnen Roggen und 140.000 Tonnen Hafer. Allein die Weiterverarbeitung des eingelagerten Hafers würde ein halbes Jahr dauern. Wer auf die Notfallreserven vertraut, dem ist nicht mehr zu helfen. Man muss nämlich wissen, dass wir aus diesen Notreser- ven auch Menschen in Krisengebieten helfen. Wenn die Bundesregie- rung bei einem Erdbeben Lebensmittel in eine Krisenregion fliegen lässt, dann nimmt sie diese mitunter einfach aus den Depots der Not- reserven - ohne sie sofort wieder zu ersetzen. Die größeren deut- schen Parteien denken seit 2012 darüber nach, die Notfallversorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln ganz abzuschaffen. Die FDP hat das im April 2012 ganz offen erklärt. Die ernährungspolitische Spre- cherin der FDP-Fraktion, Christel Happach-Kasan, sagte: »Die jetzi- ge Ernährungsnotfallvorsorge ist teuer und ineffektiv.« Und der FDP- Abgeordnete Rainer Erdel hält sie für gänzlich »verzichtbar«. Man tut also gut daran, sich nicht auf den Staat oder freiwillige Lebensmittel- spenden von der Tafel-Organisation zu verlassen.

    Zwischendurch sei bemerkt, dass die Deutschen sich im
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