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Was mehr wird wenn wir teilen - Vom gesellschaftlichen Wert der Gemeingueter

Was mehr wird wenn wir teilen - Vom gesellschaftlichen Wert der Gemeingueter

Titel: Was mehr wird wenn wir teilen - Vom gesellschaftlichen Wert der Gemeingueter
Autoren: Elinor Ostrom Silke Helfrich
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entwickelt und voranbringt. Folglich sind selbst organisierte Systeme für sie nicht selten unsichtbar. Selbst organisierte Systeme lassen sich treffender als »komplexe adaptive Systeme« beschreiben. Sie bestehen aus zahlreichen Komponenten, die aus reichen Interaktionsmöglichkeiten heraus emergente Eigenschaften* entwickeln. Das heißt, die Eigenschaften selbst organisierter Systeme lassen sich nicht durch die Analyse der Eigenschaften der Einzelteile vorhersagen. Es sind Systeme, die aus Regeln und Akteuren bestehen, die vielfache Beziehungen zueinanderhaben und die – durch Erfahrung – in der Lage sind, sich immer wieder neu den sich permanent ändernden Bedingungen anzupassen.
    Komplexe anpassungsfähige Systeme unterscheiden sich also erheblich von einfachen physischen Systemen, die in der Regel im Mittelpunkt des wissenschaftlichen Interesses stehen. Sozialwissenschaftler brauchen künftig ein besseres Instrumentarium, um die Anpassungsfähigkeit solcher Systeme zu begreifen. Es gibt auch noch keine allgemeine Theorie komplexer adaptiver Systeme, weswegen wir nicht schlüssig erklären können, welche Prozesse und Eigenschaften all diesen Systemen gemein sind.
    Viele ihrer Funktionen können mit einem polyzentrischen Ansatz beibehalten werden. Unter »polyzentrisch« verstehe ich ein System, in dem die Menschen die Möglichkeit haben, auf verschiedenen Ebenen nicht nur eine, sondern mehrere öffentliche wie private Verwaltungseinheiten zu schaffen.
    Jede dieser Einheiten muss so unabhängig wie möglich sein, um innerhalb eines bestimmten Gebiets und Zuständigkeitsbereichs spezifische Regeln zu entwickeln und durchzusetzen. In einem polyzentrischen System haben einige Einheiten allgemeine Aufgaben zu erfüllen, während andere hoch spezialisiert sind. Ressourcenverwaltung kann in solch einem Kontext von besonderen territorialen Verwaltungseinheiten, von Vereinen oder von Abteilungen der Kommunalbehörden getragen werden.
    Freundlich zu Fehlern. Von Versuch und Irrtum
    Die einzelnen Einheiten polyzentrischer Systeme sind auf verschiedenen Ebenen mit den staatlichen Institutionen verzahnt, die für gerechte Teilhabe und Rechtsprechung sorgen müssen. Polyzentrische Systeme sind also auch selbst komplexe adaptive Systeme. Sie haben keine dominierende Zentralinstanz. Es gibt keine Garantie, dass solche Systeme für alle Kontexte optimale Regelkombinationen finden. Das klingt zunächst wenig attraktiv, man muss sich aber Folgendes bewusst machen: Ohnehin ist dvon auszugehen, dass Governance-Systeme, gleich welcher Art, immer suboptimal funktionieren. Schließlich sind die Schwierigkeiten in der Feinabstimmung und -steuerung komplexer sozialer Systeme immens. Aber in polyzentrischen Systemen gibt es Einheiten, die sich überlappen. So können Informationen über das, was an dem einen Ort gut funktioniert, für andere Orte nutzbar gemacht werden. Wenn kleinere Einheiten versagen, gibt es größere, die einspringen können, und umgekehrt. Auch das ist ein Redun danzvorteil.
    Überhaupt spielen die Begriffe »Versagen«, »Fehler« und »Zerbrechlichkeit« im Ansatz der Bloomington School eine wichtige Rolle. Mein Mann, Vincent Ostrom, hat ein ganzes Buch über die Zerbrechlichkeit demokratischer Gesellschaften geschrieben. Demokratische, selbst verwaltete Systeme sind immer zerbrechlich. Auch in meiner Arbeit lege ich besonderes Augenmerk auf die Gefährdung sozioökologischer Systeme.
    Angesichts der Komplexität von Regelsystemen und der Komplexität der Welt, die wir zu regeln versuchen, sind Bemühungen, wirksame Regulierungsformen zu entwickeln, vor allem eines: scheinbar endlose Runden von Versuch und Irrtum. Und das ist alles andere als trivial.
    Redundanz. Für ein starkes soziales Immunsystem
    Wenn ein System anfällig für äußere Störungen ist, etwa durch einen Hurrikan oder eine militärische Invasion, dann steigt die Fehlerquote sehr wahrscheinlich erheblich an. Häufig wird kritisiert, polyzentrische Systeme seien unnötig komplex, ihnen würde die Richtung fehlen. Sie haben als dynamische, komplexe Systeme aber große Stärken – vor allem senken sie die Störanfälligkeit bei starken Einwirkungen von außen. Jede einzelne Einheit in solch einem System verfügt über weitgehende Autonomie über die Ressour cen, über die sie zu entscheiden hat. Und wo mit unterschiedlichen Regelungen experimentiert werden kann, da werden auch unterschiedliche Fähigkeiten entwickelt, auf externe Einflüsse zu
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