Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Walled Orchard 02: Der Garten hinter der Mauer

Walled Orchard 02: Der Garten hinter der Mauer

Titel: Walled Orchard 02: Der Garten hinter der Mauer
Autoren: Tom Holt
Vom Netzwerk:
lauter Stimme.
    »Wenn du es unbedingt wissen willst: Es ist ein todlangweiliges Theaterstück. Nach seinem Aussehen zu urteilen, ist es eins von dir. Du weißt schon, verkümmert, schlüpfrig, eins, von dem man nie erwartet hätte, daß es so lange durchhält. Ich werde es standesgemäß beerdigen, falls es in Sizilien irgendwo einen Komposthaufen gibt.«
    »Gib mir einen Becher voll, und du kannst es in Frieden begraben«, bot ich an.
    »Du Blutsauger«, zischte Aristophanes, woraufhin ich ihm meinen Becher hinhielt und er ihn füllte.
    »Woher hast du den Wein?« wollte ich wissen.
    »Aus Sizilien. Hast du eigentlich nichts Besseres zu tun?«
    Ich trank den Wein und ließ Aristophanes stehen. Da kam Demosthenes höchstpersönlich in seinem roten Umhang und vergoldeten Panzer herangeeilt, und ich trat zur Seite, um ihn vorbeizulassen. Im Vorübergehen blickte er mich an und sagte nur: »Hallo, Eupolis«, genau wie an jenem Tag in Athen, als ich den Rat aufgesucht hatte. Bevor ich antworten konnte, war er fort, und ich stand da und beobachtete ihn im Schein der Lagerfeuer; ein Mann, der immer beschäftigt war, immer irgend etwas tat, sich immer bemühte, der Beste zu sein, wie es sich für einen wahren Helden gehört. »Wo sind, verdammt noch mal, diese Steinmetze?« hörte ich ihn schreien. »Und hat irgend jemand den ersten Zimmermann gesehen? Kommt schon, ich habe nicht die ganze Nacht lang Zeit!« Andere Männer eilten zu ihm hin, und ihre von Umhängen bedeckten Rücken entzogen ihn meinem Blick. Dann rief jemand aus einem der Zelte meinen Namen, und ich drehte mich um.
    »Dachte ich es mir doch, daß ich dich wiedererkannt habe«, begrüßte mich Nikias. »Es ist lange her, seit wir uns das letztemal gesehen haben.«
    Ich wußte nicht, was ich sagen sollte. Seit unserer Landung in Sizilien war Nikias so etwas wie ein schlechter Witz gewesen, dessen Wiederholung niemand widerstehen konnte, am wenigsten ich. Es war sehr merkwürdig, sich mit ihm zu unterhalten, einem der beiden Feldherrn dieses gewaltigen Unternehmens. Er sah sehr krank aus, und er trug keine Rüstung. Mit einem Stapel Wachstafeln auf dem Schoß saß er auf einem kleinen Zedernstuhl und bereinigte offensichtlich eine winzige Unstimmigkeit in der Vorratsliste, über die sich niemand außer ihm Gedanken gemacht hätte.
    »Guten Abend, Heerführer«, sagte ich. »Kommst du nicht mit?« Das mußte geklungen haben, als handelte es sich um eine Feier, denn er schüttelte den Kopf und antwortete, man habe ihn nicht eingeladen.
    »Ich muß mit der Reserve hierbleiben und aufs Lager aufpassen«, fuhr er fort, und zu meiner Überraschung klang Verbitterung in seiner Stimme mit. »Aber das ist schon in Ordnung – ich wäre ja doch nur im Weg. Demosthenes würde mich sicherlich in taktischen Fragen um Rat bitten, und was könnte ich ihm darauf schon antworten?«
    In fast derselben Verlegenheit befand ich mich nun auch, deshalb schwieg ich lieber und fingerte an der Spange meines Schwertgehenks herum.
    »Es wird nicht klappen«, sagte er schließlich. »Demosthenes ist ein Schwachkopf.«
    Das war mehr, als ich ertragen konnte. »Du mußt es ja wissen!« fauchte ich ihn an – schließlich war ich Athener und ein Wähler, und ich konnte sagen, was ich wollte. »Es ist schon ganz in Ordnung, wenn du nicht mitkommst«, fuhr ich fort. »Für dich ist es bestimmt besser, wenn du dir von Demosthenes deine Haut retten läßt.«
    Nikias war nicht böse, ja nicht einmal beleidigt, als er mich daraufhin fragte: »Wird das dein Chor von mir behaupten, wenn du nach Hause kommst? Ich meine, daß Nikias den Bullen aus dem Pferch gelassen hat und Demosthenes ihm das Tier zurückbringen mußte? Soll ich dir mal etwas sagen, junger Mann?«
    »Wenn du unbedingt willst, Heerführer«, antwortete ich überheblich.
    »Die Athener haben für einen nutzlosen Gang einen Nichtsnutz gewählt«, sagte Nikias langsam, »und dieser Nichtsnutz hat ihn verpatzt, weil er gar nichts anderes tun konnte. Daraufhin haben die Athener für den erneuten nutzlosen Gang einen schlauen Mann gewählt, und der wird sich als ein noch größerer Nichtsnutz herausstellen als der bekanntermaßen erwiesene Nichtsnutz, weil er nichts von dieser Arbeit versteht. Sie hätten den ersten Nichtsnutz zum Stolpern bringen sollen, auf daß er sich den Hals gebrochen hätte.«
    Ich fühlte mich allmählich unbehaglich in meiner Haut. Wenn es Nikias dazu trieb, wie ein betrunkenes Orakel zu reden, schien mit ihm
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher