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Wallander 03 - Die weisse Löwin

Wallander 03 - Die weisse Löwin

Titel: Wallander 03 - Die weisse Löwin
Autoren: Henning Mankell
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meine ich. Du weißt vielleicht noch, daß ich ihn damals bat, die Augen offenzuhalten, falls das in deiner Wohnung Gestohlene irgendwo auftauchen sollte. Gestern rief er mich an. Die meisten deiner Sachen sind wahrscheinlich in alle Winde zerstreut, die wirst du nie wiedersehen. Aber seltsamerweise hat er eine CD aufgetrieben, die angeblich dir gehört.«
    »Hat er gesagt, welche?«
    »Ich habe es aufgeschrieben.«
    Svedberg kramte in seinen Taschen, bis er einen zerknitterten Zettel fand. »Rigoletto«, las er. »Verdi.«
    Wallander lächelte. »Die habe ich wirklich vermißt. Grüß Peter Hanson von mir, ich bedanke mich.«
    »Er ist ein Dieb«, sagte Svedberg. »So einem dankt man nicht.«
    |520| Lachend verließ er den Raum. Wallander fing an, die verbleibenden Papierstapel durchzusehen. Es war inzwischen fast elf Uhr, und bis um zwölf wollte er fertig sein.
    Das Telefon klingelte. Er wollte zuerst nicht abheben. Dann tat er es doch.
    »Hier ist ein Mann, der Kommissar Wallander sprechen möchte«, teilte eine ihm unbekannte weibliche Stimme mit. Er vermutete, daß es Ebbas Urlaubsvertretung war.
    »Schick ihn zu jemand anderem«, sagte er. »Ich empfange keine Besucher.«
    »Er läßt nicht locker. Er will unbedingt Kommissar Wallander sprechen. Er sagt, er habe eine wichtige Nachricht. Er ist Däne.«
    »Däne? Worum geht es denn?«
    »Er sagt, es habe mit einem Afrikaner zu tun.«
    Wallander überlegte einen Moment. »Laß ihn herein.«
    Der Mann, der Wallanders Büro betrat, stellte sich als Paul Jörgensen vor, Fischer aus Dragör. Er war sehr groß und kräftig. Er gab Wallander die Hand, und der hatte das Gefühl, in einen Schraubstock geraten zu sein. Er wies auf einen Stuhl. Jörgensen setzte sich und zündete sich eine Zigarre an. Wallander war froh, daß das Fenster offenstand. Er suchte eine Weile in seinen Schreibtischfächern, bis er einen Aschenbecher gefunden hatte.
    »Ich habe etwas zu erzählen«, begann Jörgensen. »Aber ich habe mich immer noch nicht entschieden, ob ich es sagen soll oder nicht.«
    Wallander zog erstaunt die Augenbrauen hoch. »Das hätten Sie sich wirklich überlegen sollen, bevor Sie herkamen.«
    Normalerweise wäre er jetzt wahrscheinlich wütend geworden. Aber er hörte an seiner eigenen Stimme, daß ihm jede Autorität fehlte.
    »Es kommt darauf an, ob Sie eine kleine Ungesetzlichkeit übersehen können«, sagte Jörgensen.
    Wallander begann sich ernsthaft zu fragen, ob der Mann ihn auf die Schippe nehmen wollte. In diesem Falle hatte er einen äußerst ungünstigen Augenblick erwischt. Er sah ein, daß er das |521| Gespräch an sich reißen mußte, das sonst von Anfang an schiefzulaufen drohte.
    »Ich bekam die Nachricht, daß Sie mir etwas sehr Wichtiges über einen Afrikaner zu erzählen hätten«, sagte er. »Wenn es wirklich wichtig ist, kann ich vermutlich über eine kleine Ungesetzlichkeit hinwegsehen. Aber ich verspreche nichts. Sie müssen selbst wissen, wie Sie es haben wollen. Aber ich muß darum bitten, daß Sie sich sofort entscheiden.«
    Jörgensen blickte ihn aus halbgeschlossenen Augen durch den Zigarrenrauch an. »Ich riskier es.«
    »Also, ich höre.«
    »Ich bin Fischer in Dragör«, begann Jörgensen. »Man kommt ungefähr klar mit dem Boot und dem Haus und einem Pils am Abend. Aber keiner sagt nein, wenn sich die Möglichkeit eines kleinen Zusatzverdienstes bietet. Ich nehm immer mal ein paar Touristen mit aufs Meer raus, das bringt ein bißchen Geld nebenbei. Aber es kommt auch vor, daß ich bis nach Schweden fahre. Nicht oft, ein paarmal pro Jahr. Zum Beispiel Leute, die eine Fähre verpaßt haben. Vor einigen Wochen hatte ich nachmittags eine Tour nach rüber. Es war nur ein Passagier an Bord.«
    Er verstummte plötzlich, als erwarte er eine Reaktion von Wallanders Seite. Der jedoch nickte ihm nur stumm zu, er möge fortfahren.
    »Es war ein Schwarzer. Er sprach nur englisch. Sehr höflich. Er stand während der ganzen Überfahrt neben mir im Steuerhaus. Ich sollte jetzt vielleicht darauf hinweisen, daß es mit dieser Tour etwas Besonderes auf sich hatte. Sie war nämlich im voraus bei mir bestellt worden. Ein Engländer, der dänisch sprach, kam eines Morgens in den Hafen hinunter und erkundigte sich, ob ich eine Fahrt über den Sund mit einem Passagier machen könne. Das kam mir ziemlich verdächtig vor, deshalb nannte ich eine hohe Summe, um ihn loszuwerden. Ich forderte fünftausend Kronen. Aber das Komische war, daß er das Geld aus der
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