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Virus - Rückkehr der Vogelgrippe (German Edition)

Virus - Rückkehr der Vogelgrippe (German Edition)

Titel: Virus - Rückkehr der Vogelgrippe (German Edition)
Autoren: Liz Bulther
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erkannte Krentler einen Computermonitor. Im Bildschirm klaffte ein großes, schwarzes Loch. Vorsichtig bahnte Krentler sich einen Weg zwischen den Büchern hindurch. Medizinische Standardwerke, Pathologie, Virologie, alles dabei, bemerkte er verwirrt.
In Ralsmanns Büro herrschte das Chaos. Die großen Regale mit den Büchern und Aktenordnern waren umgeworfen. Knietief lagen die Papiere auf den Boden. Regaltrümmer ragten aus dem Papiersee in die Luft wie die Planken eines gestrandeten Schiffs.
„Voilà, meine Bibliothek.“
Krentler drehte sich um. Auf dem Flur stand Ralsmann. Mit einem gequälten Lächeln auf dem Gesicht zeigte er in sein Büro.
„Franzens Kollegen mögen keine Bücher, glaube ich.“ sagte er. „Die Computer fanden sie dagegen sehr interessant. Sie haben sie mitgenommen.“ Er grinste. „Aber da hatten wir die Daten schon ins Netz geladen.“
„Haben sie euch was getan?“ fragte Krentler.
„Nein.“ antwortete Ralsmann. „Sie waren sehr höflich. Zwei von ihnen hielten Li im Schwitzkasten, einer hielt mich. Dann holten sie die Computer und durchsuchten das Labor. Am Ende entschuldigten sie sich für die Unannehmlichkeiten.“ Er hielt inne und sah Krentler an. „Du siehst mitgenommen aus. Zeig mal.“ Mit geübten Händen nahm er Krentlers Kopf und hielt ihn unter eine Lampe, um die Wunde an der Stirn zu betrachten.
„Nur eine kleine Platzwunde.“ sagte er. „Warte einen Moment.“ Er verließ den Raum und kam kurz darauf mit einem Fläschchen Jod und einem Pflaster zurück.
„Danke.“ murmelte Krentler.
„Die Idee mit der Phiole war großartig.“ sagte Ralsmann. „Und überzeugend. Du hättest Schauspieler werden sollen.“
„Lieber nicht.“ sagte Krentler. „Ich vertrage es so schlecht, wenn mein Publikum am Ende unzufrieden ist.“
Ralsmann grinste.
„Nachdem Franzen und sein Kumpane weg waren, hat es eine Weile gedauert, bis die anderen kamen. Im Moment, in dem die Tür aufging und die Gorillas uns packten, zeigte der Rechner das upload complete. Jetzt können wir nur noch warten. Rotterdam hat bereits geantwortet und sich bedankt. Sie arbeiten auf Hochtouren und stehen kurz vor dem Durchbruch. London ist begeistert. Sie fragen, woher wir die Daten haben. Hong-Kong spricht von großen Fortschritten und aus Kopenhagen kam die Nachricht, dass sie bereits erste Modelle durchrechnen.“
„Wo ist Li?“ fragte Krentler.
„Sie ist nach oben gegangen, um nach dem Mädchen zu schauen. Sie hatte Angst, die Kerle könnten sie mitnehmen.“ sagte Ralsmann.
„Ich werde nach ihr sehen.“
„Ist gut.“ sagte Ralsmann. „Ich räume hier auf.“
    50
    Li stand am Fenster, als Krentler den Raum betrat. Marie lag in ihrem Bett. Der Fernseher lief mit leisem Ton.
„Hallo Marie.“ sagte Krentler.
Marie blickte auf.
„Hallo Onkel Doktor.“ sagte sie. Mit gespielter Schüchternheit winkte sie ihm zu.
Li hatte sich umgedreht und ging Krentler entgegen. Sie umarmten sich schweigend.
Als sie sich voneinander gelöst hatten, sah Li das Pflaster auf Krentlers Stirn.
„Diese Schweine.“ entfuhr es ihr.
„Nicht so schlimm.“ sagte Krentler.
Plötzlich wurde der Fernseher laut.
„Schaut mal!“ rief Marie.
Auf dem Bildschirm war ein aufgeregter Sprecher zu sehen. Im Hintergrund wurden ein rotes Kreuz und eine Spritze eingeblendet.
„Wie die Pressesprecherin des Instituts für Virologie in Rotterdam soeben mitteilte, konnten niederländische Forscher einen Prototyp für einen Impfstoff gegen die grassierende Grippe entwickeln. Man sei zuversichtlich, die Tests innerhalb kurzer Zeit abschließen zu können. Experten mahnten jedoch zur Vorsicht. Von einer Entspannung der Lage könne keine Rede sein. Angesichts der knappen Flutamilvorräte kündigte die internationale Staatengemeinschaft indessen an, das Patent des Lacroche-Konzerns zu annulieren. Das Medikament wird bisher nur in einer Fabrik des Konzerns in der Schweiz hergestellt.“
Marie stellte den Ton ab.
„Werden die Schwäne jetzt wieder gesund?“ fragte sie.
„Die Schwäne vielleicht nicht,“ antwortete Krentler, „aber die Menschen.“
Gedankenverloren trat er ans Fenster. Er öffnete es. Kühle Luft wehte herein. Ein feiner Dunstschleier befeuchtete seine Haut. Vor ihm erstreckte sich das Panorama der großen Stadt, deren Lärm hier oben nur als ein Rauschen zu vernehmen war. Er dachte an die Menschen, die inzwischen zu hunderttausenden in den Krankenhäusern darauf warteten, versorgt zu werden, an die Plünderung der
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