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Virus - Rückkehr der Vogelgrippe (German Edition)

Virus - Rückkehr der Vogelgrippe (German Edition)

Titel: Virus - Rückkehr der Vogelgrippe (German Edition)
Autoren: Liz Bulther
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Unglück für unsereiner. Meine Eier kann ich wegschmeißen. Die will keiner mehr haben. Vom Fleisch ganz zu schweigen. Entschädigung hab ich auch noch keine gesehen. Die lassen uns hier allein.“
Er biss sich auf die Lippen. Jetzt hatte er sich wieder wütend geredet. Sowas war schlecht für’s Image. Und das Image war wichtig, gerade in solchen Zeiten. Das hatte jedenfalls der Landtagsabgeordnete gesagt, der vor einer Woche bei ihm gewesen war. Oder war es der Stallbursche gewesen?
Heinrich schloss die Stalltür auf. Beißender Gestank schug ihnen entgegen, und das Gegacker von dreitausend Hühnern. Die Männer mit den Mikrofonen griffen erschrocken an die Kopfhörer. Die Moderatorin hielt sich die Nase zu. Dann flüsterte sie dem Kameramann etwas ins Ohr und verließ fluchtartig den Stall. Die Kameras schwenkten einmal kurz über die Käfige, gefolgt von den Mikrofonen, und wurden dann abgeschaltet. Heinrich schloss die Tür. Die Journalisten kletterten bereits in ihre Autos. Die Moderatorin winkte kurz, dann verließen die Autos den Hof. Zurück blieb nur eine Staubwolke.
Reinhardt fluchte. Dieses Mal sehr laut. Dann griff er zum Telefon.
„Reinhardt. Geben sie mir Minister Sandhofer. Sagen sie ihm, es ist dringend.“
„Sandhofer.“
„Herr Minister, es geht um folgendes.“ Mit wenigen Worten erklärte er ihm die Situation.
„Haben sie Krentler angerufen?“ fragte der Minister.
„Ja“, antwortete Reinhardt, „aber er geht nicht dran.“
„Egal“, sagte der Minister, „wir können kein Risiko eingehen. Wenn es nur einen Fall beim Nutzgeflügel gibt, steigt mir der Bauernverband aufs Dach. Keulen sie die Biester.“
Reinhardt legte auf. Er rieb sich die Augen. Dann rief er Matzo von der Desinfektion an.
„Sind ihre Leute schon los gefahren? Ok, schicken sie noch mal dreizehn Mann. Die sollen zum gleichen Hof fahren. Wir haben Anweisung, den gesamten Bestand zu keulen. Ich komme selbst dorthin.“
Als Reinhardt beim Hof ankam, lagen schon drei große Haufen mit Kadavern vor dem Stall. Ein Soldat im Schutzanzug war gerade dabei, einen Flammenwerfer in Betrieb zu nehmen. Es stank nach Blut und Hühnerdreck. Das Geschrei der Hühner drang dumpf über den Hof. Ein Mann, mit Jeans und einem grauen Parka bekleidet, saß fassungslos auf den Stufen vor dem Haus, den Kopf in die Hände gestützt. Das musste der Bauer sein. Wahrscheinlich hatten Sandhofers Leute schon mit ihm gesprochen. Was auch immer sie ihm angeboten hatten, es hatte gereicht, damit er sich nicht wehrte. Gegen die Tränen angesichts des Verlustes seiner Tiere nutzte es nichts. Beständig brachten die Soldaten Kadaver aus dem Stall und häuften sie auf dem Parkplatz. Der Wind stand günstig. Das Verbrennen würde nicht lange dauern.
    5
    Krentler schlug die Augen auf. Aber da war nichts, nur dunkle Nacht. Ächzend drehte er den Oberkörper über den rechten Arm. Die Ziffern der Uhr leuchteten verschwommen grün. Es war vier Uhr. Mitten in der Nacht. Er musste husten. Wo waren die verdammten Taschentücher? Nur mit Mühe fand er den Lichtschalter. Er putzte sich die Nase und spuckte den Auswurf dazu. Im Taschentuch war mehr Blut als Schleim. Alle seine Schleimhäute waren stark geschwollen. Sein ganzer Kopf fühlte sich an, als wären die Knochen in den letzten Stunden geschrumpft. Die Augen drückten gegen die Höhlen, sein Rachen war wund und brannte. Als er aufstand, um aufs Klo zu gehen, wurde ihm schwindlig. Schnell setzte er sich wieder aufs Bett. Dann wurde ihm schwarz vor Augen.
Das nächste Mal weckte ihn Sirenengeheul. Jemand hielt seine Hand. Seine Frau.
„Wohin fahren wir?“, fragte er schwach. Er schwitzte.
„Ins Krankenhaus“, antwortete sie. „Du warst weggetreten. Ich habe Angst gehabt. Du brauchst einen Arzt.“
Wahrscheinlich hatte sie recht.
Sie fuhren schnell. Hinter dem Fenster schräg über ihm zerflossen die verschneiten Äste zu leuchtend weißen Linien. Obwohl es kühl war im Wagen, brannte ihm der Schweiß in den Augen. Das Bild eines in der Sonne glänzenden, weiß gerahmten Spiegels, den er in Hong-Kong auf einem Markt gesehen hatte, blendete sich ein. Er schloß die Augen.
Nach der Reise durch Guangdong hatte er mit Li zwei Tage in Hong-Kong verbracht. Auf einem ihrer Spaziergänge durch die Stadt hatten sie einen kleinen, versteckten Markt gefunden, auf dem neben dem üblichen Trödel einige besondere Gegenstände zum Verkauf angeboten wurden, darunter ein großer, oval geformter Spiegel, der aussah, als
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