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Versunkene Staedte

Versunkene Staedte

Titel: Versunkene Staedte
Autoren: Paolo Bacigalupi
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Gras, und jemand murmelte: » Sagen Sie dem Leutnant, dass wir die Spur verloren haben. «
    Tool stellte sich vor, wie die Männer am Rand der Sümpfe standen und auf das schwarze Wasser blickten. Dem Sirren der Insekten und dem fernen Ruf eines wilden Panthers lauschten.
    Sie waren Jäger. Aber nun, da die Nacht sich um sie schloss und der Sumpf immer dunkler, heißer und bedrückender wurde, wurden sie langsam selbst zur Beute.
    Tool musste erneut seinen Jagdtrieb unterdrücken. Er musste sich weiter wie Beute verhalten und ihr Unvermögen ausnutzen. Bis zu zwanzig Minuten konnte er unter der Wasseroberfläche verbringen, seinen Herzschlag verlangsamen und seine Körperfunktionen herunterfahren.
    Wenn er sich nicht bewegte, könnte er es vielleicht sogar noch länger aushalten. Aber zwanzig Minuten schaffte er, das wusste er– so wie er auch wusste, dass er auf den Hochebenen Tibets acht Kilometer ohne Pause laufen konnte und auf dem heißen Sand der Sahara drei Tage lang.
    Er begann langsam zu zählen.
    Die Hunde zogen paddelnd ihre Kreise, während die Soldaten überlegten, was sie als Nächstes tun sollten.
    Â» Glaubst du, er ist wieder in die Gegenrichtung gelaufen? «
    Â» Kann schon sein. Er ist ziemlich gerissen. Ocho könnte mit ein paar Leuten… «
    Â» Ocho ist stark verwundet. «
    Â» Dann eben Van und Soa! Verfolgt die Spur zurück. Verteilt euch. «
    Â» Im Dunkeln? «
    Â» Willst du mir etwa widersprechen, Gutty? «
    Â» Wo zum Teufel ist der Leutnant? «
    Mit seinem scharfen Gehör lauschte Tool den Geräuschen des Sumpfes. Er ließ seine Ohren weit werden wie Fächer, so dass er das leise Gurgeln und Plätschern noch genauer ausmachen konnte, und horchte gespannt.
    Das Herumflitzen kleiner Hechte. Das Trippeln von Flusskrebsen. Das ferne Schwappen und Wogen des Salzwassers am Meeresstrand, das auf das Wasser des Sumpfes traf und immer höher stieg.
    Â» Er wird zum Meer laufen « , sagte einer der Soldaten. » Wir sollten ein paar Leute zur Nordseite des Sumpfes schicken. «
    Â» Nein, er wird sich hier verstecken, in den Sümpfen. Hier ist es sicher. «
    Â» Vielleicht werden die Kojwölfe ihn erwischen. «
    Â» Unwahrscheinlich. Du hast ja gesehen, was er im Ring mit diesen Panthern gemacht hat. «
    Â» Hier draußen gibt es eine Menge Kojwölfe. «
    In den Tiefen der Sümpfe regte sich etwas Dunkles, Hungriges.
    Tool erschrak und erstarrte dann.
    Ein riesiges Ungeheuer bahnte sich lautlos wie ein tödlicher Schatten einen Weg durch das Wasser. Tool unterdrückte ein Knurren, als es an ihm vorbeikam. Er musste seinen Herzrhythmus weiter verlangsamen, um wertvollen Sauerstoff zu sparen. Mehrere Meter ledriger Haut glitten majestätisch an ihm vorbei. Das Geschöpf übertraf an Größe selbst noch den Komodowaran der Äquatorregion. Ein Alligator, ein gewaltiges Untier, das mit räuberischer Eleganz mühelos durchs dunkle Wasser schwamm.
    Angezogen von dem wilden Herumgepaddel der Hunde drehte es seine Kreise.
    Der erste Hund ging ohne ein Kläffen unter. Der nächste folgte ihm. Blut breitete sich im Wasser aus.
    Die Soldaten schrien, und Mündungsblitze flammten auf. Schnellfeuerwaffen. Schrotflinten. Kugeln prasselten aufs Wasser.
    Â» Schießt darauf! Schießt! «
    Ein schwerer Einschlag. Heftiger Schmerz blühte in Tools Schulter auf. Pech gehabt. Er zuckte zusammen, blieb sonst jedoch reglos. Er war auch früher schon angeschossen worden. Das war nicht so schlimm. Die Kugel hatte sich in Muskelgewebe gebohrt. Diese Wunde würde er überleben.
    Â» Das ist nicht die Töle! Das ist ein verdammter Alligator! « Die Soldaten feuerten weiter wütende Schüsse auf das Wasser und pfiffen ihre Hunde zurück. » Bei Fuß! «
    Blut stieg von Tools Schulter auf. Er drückte die Faust auf die Wunde, um den Blutfluss zu stillen. Es war genug Blut im Wasser, dass der Alligator seines vielleicht nicht bemerken würde, aber Tool roch nach Krankheit und Schwäche.
    Die Soldaten blieben am Ufer stehen, schossen auf alles, was sich bewegte, und verfluchten den Alligator. Das Ungeheuer zog jedoch unbeirrt im Wasser seine Kreise und verspeiste die Überreste der Hunde.
    Tool beobachtete den Alligator und versuchte, die neue Variable in dieser Gleichung des Überlebens einzuschätzen. Mit diesem Tier verband ihn nichts. Sollte er Spuren
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