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Vampirmelodie

Vampirmelodie

Titel: Vampirmelodie
Autoren: Charlaine Harris
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der Liebe zu kämpfen, die uns vereinten, und diese Bande konnten wir anscheinend weder ganz lösen noch erneut knüpfen.
    Ich hatte ein Dutzend Fragen und Vermutungen, fürchtete aber die Antworten. Schließlich holte ich den Rasentrimmer heraus, das Gartengerät, das ich am wenigsten mochte.
    Meine Granny sagte immer: »Jeder trifft seine eigenen Entscheidungen und zahlt dafür.« Ich wusste nicht, woher das Sprichwort stammte, aber jetzt verstand ich, was es bedeutete.
    »Genau«, sagte ich laut vor mich hin, denn das Radio lief, und über dem Lärmpegel konnte ich meine eigenen Gedanken kaum verstehen. »Wenn man eine Entscheidung trifft, muss man auch die Konsequenzen tragen.« Ich hatte mich nicht mal bewusst dafür entschieden, Sam zu retten, sondern ganz instinktiv gehandelt, als ich ihn sterben sah.
    Schließlich ertrug ich dies rückwärtsgewandte Abwägen nicht länger, warf den Rasentrimmer hin und schrie laut auf. Zur Hölle mit all dieser Grübelei!
    Ich hatte es satt, darüber nachzudenken.
    Deshalb freute ich mich, als ich ein Auto knirschend auf meiner Kiesauffahrt herankommen hörte, nachdem ich alle Gartengeräte weggeräumt und geduscht hatte. Es war Taras Minivan. Als sie am Küchenfenster vorbeifuhr, spähte ich hinaus und versuchte zu erkennen, ob angeschnallt in den Kindersitzen die Zwillinge saßen, aber die Scheiben waren zu dunkel gefärbt. (Der Anblick von Taras Minivan war immer noch ein Schock. Doch Tara und JB hatten sich während Taras Schwangerschaft geschworen, die perfekten Eltern zu sein, und zu diesem Idealbild gehörte eben ein Minivan.) Taras Schultern waren angespannt, als sie auf das Haus zukam, aber immerhin kam sie an die Hintertür, so wie gute Freunde es tun sollten. Sie hielt sich nicht lang mit Klopfen auf, sondern öffnete einfach die Tür zur hinteren Veranda, die auch meine Waschküchewar, und rief: »Sookie! Du solltest besser zu Hause sein! Hast du was an?«
    »Ich bin zu Hause«, sagte ich und drehte mich zu ihr um, als sie die Küche betrat. Tara trug braune Stretchhosen mit einer lose darüberfallenden weißen Bluse und das Haar zu einem Zopf geflochten, der den Rücken hinabhing. Sie war kaum geschminkt und sah schön aus wie immer, aber dennoch musste ich auf den Wildwuchs ihrer Augenbrauen starren. Die Mutterschaft konnte offensichtlich so einige Verheerungen in der Pflege einer Frau anrichten. Okay, mit zwei Babys auf einmal war es natürlich besonders schwierig, Zeit für sich selbst zu finden. »Wo sind die Kleinen?«, fragte ich.
    »Bei JBs Mom«, sagte Tara. »Sie lechzte geradezu danach, sie mal ein paar Stunden lang haben zu können.«
    »Also …?«
    »Wie kommt’s, dass du nicht arbeitest? Wie kommt’s, dass du deine E-Mails nicht beantwortest und auch deine Post nicht aus dem Briefkasten vorn an der Straße holst?« Sie warf ein Bündel Briefumschläge jeder Größe und ein, zwei Zeitschriften auf den Küchentisch und sah mich verärgert an, als sie fortfuhr: »Du weißt doch, wie nervös das die Leute macht. Leute wie mich!«
    Es war mir etwas peinlich, weil ziemlich viel Wahres in dem Vorwurf steckte, dass ich mich ganz egoistisch einfach nicht gemeldet hatte, während ich versuchte, mich selbst zu verstehen und mir über mein Leben und meine Zukunft klar zu werden . »Wie bitte?«, gab ich scharf zurück. »Ich hab mich in der Arbeit krankgemeldet und muss mich doch sehr wundern, dass du es riskierst, meine Bazillen an deine Babys weiterzugeben!«
    »Du siehst prima aus«, gab sie ohne einen Hauch Mitgefühl zurück. »Was ist zwischen dir und Sam vorgefallen?«
    »Es geht ihm doch gut, oder?« Meine Wut verrauchte und schwand schließlich.
    »Sam lässt sich seit Tagen von Kennedy vertreten. Und telefoniert nur mit ihr. Er geht nicht mal ins Merlotte’s hinüber.« Tara sah mich immer noch verärgert an, doch ihre Haltung wurde nachgiebiger. In ihren Gedanken las ich, dass sie sich echte Sorgen machte. »Kennedy freut sich riesig, öfter arbeiten zu können, da sie und Danny darauf sparen, gemeinsam ein Haus zu mieten. Aber der Laden läuft nicht von allein, Sookie, und Sam hat noch nie vier Tage am Stück in der Bar gefehlt, seit er sie gekauft hat – jedenfalls nicht, wenn er in Bon Temps war.«
    Der letzte Teil kam größtenteils als gedämpftes Blablabla bei mir an. Sam ging es gut.
    Ich setzte mich vielleicht etwas zu hastig auf einen der Küchenstühle.
    »Okay, erzähl mir, was passiert ist«, sagte Tara und setzte sich mir gegenüber.
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