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Vaethyr - Die andere Welt

Vaethyr - Die andere Welt

Titel: Vaethyr - Die andere Welt
Autoren: Freda Warrington
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dunkle, vulkanische Form den Sternen entgegen. Der Torhüter kam nicht. Die Menge begann unruhig zu werden.
    »Da stimmt was nicht«, sagte Auberon. »Seit Ginny ihn verlassen hat, scheint Lawrence nicht mehr richtig bei sich zu sein.«
    »Sie hat ihn verlassen, weil er nie richtig bei sich war«, korrigierte ihn Jessica.
    »Und auch niemals den Stab hätte übernehmen dürfen«, meinte Comyn, dessen Stimme hinter der Stiermaske gedämpft klang. »Ihr wisst vermutlich, dass das Lych-Tor seit drei Wochen für uns geschlossen ist?«
    Lych-Tor hieß das kleine Portal, das immer offen stand, ein kleiner Durchgang in den Großen Toren. »Das wusste ich nicht«, sagte Auberon.
    »Natürlich nicht, denn du bist wie üblich viel zu sehr mit irdischenDingen beschäftigt«, sagte Comyn barsch. »Was zum Teufel führt Lawrence im Schilde? Also, jetzt reicht es, ich werde ihn suchen.«
    »Nein«, sagte Auberon bestimmt. Er kannte Comyns reizbares Wesen. »Lass mich das machen.«
    »Nicht nötig.« Eine Gestalt erhob sich neben den Felsen. Die Stimme kam aus dem arroganten Schnabel eines Falken. »Ich bin da.«
    Der Torhüter stand in seiner ganzen Würde vor ihnen, in seinem Umhang in den Farben Schwarz, Blau und Weiß, den Stab aus Apfelholz in der Linken, das Falkengesicht das einer zornigen Gottheit. Vier wolfsartige Schattenwesen trotteten in seinem Gefolge. Schweigen legte sich auf die Vaethyr, die allesamt den Atem anhielten. Lawrence erhob seine behandschuhten Hände und sprach. »Meine Freunde, der Ritus der Sommersterne kann nicht stattfinden. Die Großen Tore können heute Abend nicht geöffnet werden. Geht nach Hause.«
    Bestürzung machte sich breit. Sie wurde lauter, als Lawrence sich abzuwenden begann. Comyns wütende Stimme übertönte die anderen: »Was ist da los?« Keine Antwort. »Torhüter! Wag es ja nicht, einfach wegzugehen! Du hast nicht das Recht, uns den Zugang zu verwehren! Hoi!« Comyns Stimme wurde lauter. »Für wen hältst du dich? Du bist ein Torhüter, Lawrence. Erledige deinen Job!«
    Jessica stieß einen Laut gequälter Verlegenheit aus. Lawrence blieb stehen. Auberon sah, wie sich die geierartigen Schultern hoben. Er wandte sich ihnen erneut zu. »Ein Torhüter? Dann lasst uns doch lieber Pförtner sagen. Meine Aufgabe ist es, euch zu beschützen.« Die Stimme hinter der Maske klang hohl.
    »Wovor?«
    »Die inneren Reiche sind nicht immer sicher. Das wisst ihr.« Er schien zu schwanken. »Derzeit herrschen dort energetische Turbulenzen … Stürme.«
    »Wir werden diese Gefahren beurteilen«, erwiderte Comyn. »Lass uns ein.«
    Die vier Schatten nahmen Lawrence in ihre Mitte und wurden zu den vier Ecken eines Quadrats.
    »Ich bin nicht euer Diener.« Lawrence Wilders Stimme wurde rau.»Ich bin von den Alten des Spiral Courts zum Torhüter ernannt worden. Und nur ihnen gegenüber verantwortlich. Ich entscheide, wann es sicher ist, die Tore zu öffnen, das ist meine Pflicht. Mir obliegt es, das zu beurteilen, nicht euch.«
    »Welche Stürme?«, rief Auberon.
    Seine vernünftige Frage schien Lawrence nur noch wütender zu machen. »Mir bleibt keine andere Wahl, als zu eurer eigenen Sicherheit die Tore zu verriegeln. Zerstreut euch.«
    In der unruhig schwankenden Menge wurde Widerstand laut. Comyn baute sich hitzig auf, obwohl Lawrence, der höher stand, ihn überragte. Auberon trat vor in der Hoffnung, die Menge beruhigen zu können, bevor es zum Tumult kam. »Lawrence, bitte. Das ist eine heilige Nacht. Deine Verweigerung ist ein verheerender Traditionsbruch. Es geht dabei doch nicht nur um unseren Nutzen – die Erde braucht den Zustrom elysischer Energie genauso sehr wie wir.«
    Das regungslose Raubvogelgesicht wandte sich Auberon zu. Lawrence schien von gewaltiger Höhe herabzuschauen. »Was, du glaubst also, dadurch würden der Erde magische Zauber vorenthalten? Und das aus deinem Munde, der du fest entschlossen bist, die Landschaft mit Ziegel und Beton zu überziehen, also das ist wirklich zum Totlachen.«
    Gequält machte Auberon einen Rückzieher. »Dann erklär es uns doch wenigstens.«
    »Ich schulde euch keine Erklärung.« Seine Stimme schwoll wütend an und wurde mehr und mehr zu einem Krächzen. »Seid ihr alle so überheblich geworden, dass ihr einer Autorität nicht mehr vertraut, die eingesetzt wurde, euch zu beschützen?«
    »Du bist keine Autorität!« Comyn riss sich die Maske vom Gesicht und schrie: »Wir wissen doch schon lange, dass du irgendwann eine Nummer wie diese
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