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Unwiderstehliches Verlangen

Titel: Unwiderstehliches Verlangen
Autoren: Jude Deveraux
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suchen. Kam er nicht immer zu ihrer Rettung? War er nicht immer zur Stelle, ob sie nun Geld brauchte, eine Wunde genäht werden mußte oder wenn es galt, unliebsame Besucher vor die Tür zu setzen? Als das Flugzeug genau über ihr war, trat sie aus dem Schatten ihrer Maschine heraus und winkte dem Piloten zu, um ihm zu signalisieren, daß sie unverletzt war. Zur Antwort und um ihr zu zeigen, daß er sie gesehen hatte, wackelte er mit den Tragflächen. Aus der Entfernung sah es so aus, als sei es einer von Charleys Freunden. Bestimmt hatte William sie alle zur Suche eingesetzt. Jetzt tat es ihr leid, daß sie ihm so viel Kummer bereitet hatte.
    Sie war hungrig und müde. Doch obwohl sie wußte, daß eine ganze Anzahl von Menschen in Sorge um sie war, machte sie sich nicht an den Abstieg. Sie hoffte im Gegenteil, daß sie vorerst keiner holen würde. Schon gar nicht William. Sie brauchte Zeit zum Nachdenken.
    Es war nur, daß ihr Verstand nicht mehr zu arbeiten schien. Zu viele Stimmen schwirrten ihr durch den Kopf. Einmal war es Williams drängende, beschwörende Stimme. Dann wieder Charleys Stimme: »Ist doch egal! In fünfzig Jahren ist sowieso alles vorbei.« Dann Arnolds und schließlich Terris Stimme. Die verursachte ihr geradezu Kopfschmerzen.
    Am meisten aber hörte sie ihre eigene Stimme. Eines Tages wird er eine jüngere Frau haben wollen. Er verdient etwas Besseres als mich. Er verdient eine Frau, die ihm einen Haufen Kinder schenkt.
    »Aufhören!« sagte sie laut und hielt sich die Ohren zu. Warum hörte sie nicht, was sie zu Terri gesagt hatte? Da war ihr doch alles so klug, so weise vorgekommen. Lauter unwiderlegbare Wahrheiten hatte sie ausgesprochen. Warum konnte sie jetzt selber nicht mehr daran glauben?
    Wieder verging der Nachmittag, und ihr war vor Hunger schon ein bißchen schwindlig. Es wurde höchste Zeit, daß sie den Berg hinabstieg. Aber sie blieb, denn noch immer hatte sie keine Entscheidung getroffen.
    Dann hörte sie jemanden den alten Wildpfad heraufkeuchen. Ohne jeden Zweifel war es William. Die Arme vor der Brust verschränkt, wartete sie mit trotzig vorgestrecktem Kinn auf ihn. Was sollte sie ihm denn nur sagen?
    Doch sie wollte ihren Augen kaum trauen, als sie feststellte, daß es nicht William war, der mühsam herauf gestiegen kam, sondern seine rundliche, sanfte Mutter Nellie mit einem großen, schweren Picknickkorb am Arm.
    Jackie fiel aus allen Wolken. Im ersten Augenblick glaubte sie an Halluzinationen.
    Nellies erste Worte brachten sie wieder zur Besinnung. Mit einem Lächeln auf den Lippen sagte sie: »Ich glaube, ich kriege einen Herzanfall.« Dann sank sie langsam zu Boden.

KAPITEL 12
    Nun, einen Herzanfall bekam Nellie nicht. Es war nur so, daß sie es nicht gewöhnt war, auf Berge zu steigen. Diese Anstrengung im Verein mit der dünnen Höhenluft hatte sie sterbensmatt werden lassen. Jetzt dachte Jackie vorläufig nicht mehr an sich, sondern bemühte sich angestrengt um Nellie. Aber einige Minuten später saßen sie schon zusammen im Schatten einer Tragfläche und bedienten sich aus dem reichhaltigen Inhalt des Korbes, den Nellie den Berg heraufgeschleppt hatte.
    Geduldig wartete Jackie darauf, daß Nellie ihr eine Gardinenpredigt halten würde. Aber die erwähnte William gar nicht und sagte kein Wort zu ihrem Verhältnis. Sie sagte überhaupt nichts von Bedeutung, sondern plauderte über das Wetter und wunderte sich, daß Jackies Flugzeug so dicht am Abgrund stand.
    Schließlich hielt Jackie es nicht mehr aus. »Sie halten mich für eine dumme Person, nicht wahr?«
    Nellie ließ sich durch Jackies scharfen Ton nicht stören. »Nein, meine Liebe, ich halte Sie für eine der besten Frauen, die ich je kennengelemt habe.«
    Jackie schnaufte unwillig.
    Nellie ließ sich auch weiterhin nicht beirren. Sie wechselte einfach das Thema. »Warum wollen Sie sich eigentlich nicht für den Taggie anmelden?«
    William hatte sie diese Frage nicht beantwortet, doch seiner Mutter konnte sie die Antwort nicht verweigern. Lächelnd sagte sie: »Ich hasse es, berühmt zu sein, und ich hasse das Fliegen nach Instrumenten. Heute wird mehr und mehr nur noch nach Instrumenten geflogen. Dazu braucht man kein Talent, sondern ein Mathematikstudium. In wenigen Jahren werden Piloten wie William bessere Flieger sein als ich.«
    Auch Nellie lächelte — über den unschuldigen Stolz, der aus Jackies Worten herausklang.
    »Und warum wollen Sie meinen Sohn nicht heiraten?«
    So, dachte Jackie, nun ist es
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