Unvergessen wie Dein Kuss
Ambridge hatte in den zwei Jahren ihrer Witwenschaft um sie geworben. Seine Absichten waren jedoch keineswegs ernsthaft gewesen.
“Er ist … ein Freund”, antwortete sie dann.
Eine steile Falte erschien zwischen seinen Brauen. “Ein Freund? Aha.”
“Nicht die Art Freund, an die Sie denken”, erwiderte sie schnell. Sie hatte das Gefühl, sich irgendwie verteidigen zu müssen, obwohl sie ihm eigentlich keine Erklärung schuldete. Er sollte ja nur ihr abwesender Ehemann sein, und unter den gegebenen Umständen ging es ihn nichts an, wie sie sich verhielt. Außerdem konnte er ohnehin nichts ändern. Aber da war etwas in seinem ruhigen dunklen Blick, der sie zur Ehrlichkeit zwang.
Das war immer so gewesen, und dieses Gefühl bereitete ihr Unbehagen.
“Er ist nur ein Bekannter”, sagte sie. “Einer von vielen Bekannten.”
“Aha”, sagte er wieder, und Isabella biss sich auf die Zunge, um nicht in allen Einzelheiten erklären zu müssen, welcher Art die Beziehung war. Das entsprach nämlich nicht ihren Prinzipien. Niemals klagen und nichts erklären, das waren die Grundsätze der Aristokratie, die sie sich zu eigen gemacht hatte.
Sie blickte Marcus an und sah die harte Linie seines Mundes und den abweisenden Blick in seinen Augen. Dabei fragte sie sich, wie ein solcher Mann im Fleet-Gefängnis enden konnte. Wenn Ernest so etwas passiert wäre, dann hätte sie das überhaupt nicht überrascht. Ernest war schwach, Marcus jedoch stark; Marcus war einfühlsam und verständnisvoll, während Ernest niemals auch nur einen Funken Gefühl gezeigt hatte. Allerdings konnten zwölf Jahre manche Änderungen in einem Menschen bewirken. Sie durfte nicht vergessen, dass sie nicht wusste, wie er jetzt war.
Isabella glättete sorgsam ihren Umhang, um ihre Erregung zu verbergen und sich von dem Gedanken abzulenken, dass sie im Begriff war, einen sehr großen Fehler zu machen. Sie hatte lediglich vorgehabt, kurz zu heiraten und schnell wieder zu gehen. Dabei wollte sie ihrem Ehemann völlig fremd bleiben. Aber sie hatte ihre eigenen Regeln schon gebrochen, war bereits tiefer beteiligt, als sie es je vorhatte.
“Sie können sehen, dass ich den Namen meines Bekannten durchgestrichen habe”, sagte sie und wies auf das Dokument, um einen sachlichen Ton bemüht. Er durfte niemals merken, wie aufgewühlt sie war!
“Sodass ich meinen Namen einsetzen kann?”, fragte er und fügte mit finsterem Blick hinzu: “Das dürfte die Rechtmäßigkeit der Angelegenheit unterstreichen.”
Isabella entwand ihm das Dokument und händigte es dem Priester aus. “Das Dokument ist rechtlich einwandfrei, und für weitere hundert Pfund wird die Eheschließung ordnungsgemäß im Register eingetragen. Die Heiratsurkunde wird ausreichen, um meine Gläubiger zufriedenzustellen.”
Marcus nahm den Federhalter vom Tisch und schrieb seinen Namen über den von Augustus Ambridge auf die Lizenz. Obwohl dieser Name schon durchgestrichen war, machte er ihn mit einer dicken schwarzen Linie noch deutlicher ungültig. Marcus’ Gesichtsausdruck war grimmig, und Isabella begann, den Mut zu verlieren. Plötzlich erschien ihr das alles schrecklich falsch, und sie war gar nicht mehr sicher, dass sie die Angelegenheit würde zu Ende bringen können. Zitternd presste sie die Arme an ihren Körper, um sich etwas zu beruhigen.
“Haben Sie ein Blatt Papier?”, fragte Marcus den Priester.
Der alte Mann fuhr erschreckt zusammen, als ob Marcus um ein unmögliches Privileg gebeten hatte. Dann aber trottete er zu der düsteren und unansehnlichen Kapelle und kam zurück mit einem Blatt rauen Pergaments. Er händigte es Marcus mit einem Blick aus, der erkennen ließ, dass eine erneute Summe Geldes jetzt angebracht wäre. Isabella seufzte und gab ihm zwei Schillinge, die sofort in seiner Tasche unter dem schmutzigen Chorgewand verschwanden.
Marcus tauchte die Feder in das Tintenfass und kritzelte ein paar Zeilen. Dann löschte er das Geschriebene mit Sand und händigte es Isabella aus.
“Nehmen Sie dies. Ich möchte nicht, dass irgendetwas unklar bleibt.”
Isabella runzelte die Stirn, als sie den Text las. Marcus hatte geschrieben, er sei bereit, die volle Verantwortung für die Schulden, die im Namen seiner Frau aufgelaufen waren, zu übernehmen. Wenn es irgendetwas gab, das Isabella noch erbärmlicher und geldgieriger hinstellte, als dies jetzt schon der Fall war, so waren es diese paar Zeilen. Sie unterstrichen den geschäftlichen Charakter der Vereinbarung in
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