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Unterholz: Alpenkrimi (German Edition)

Unterholz: Alpenkrimi (German Edition)

Titel: Unterholz: Alpenkrimi (German Edition)
Autoren: Jörg Maurer
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schmutzig und abgelatscht. Oben und unten passte überhaupt nicht zusammen. Ein paar Minuten lang starrten sie sich wortlos an und atmeten den Geruch von Desinfektionsmittel und verschüttetem Bier ein, der eine kühl und beobachtend, die andere unsicher und die Angst nur mühsam im Zaum haltend. Beide bestellten Mineralwasser, ließen jedoch die Gläser unberührt vor sich stehen. Der gutgekleidete Mann mit den schmutzigen Schuhen nickte schließlich.
    »Ich bräuchte schon ein paar Details«, sagte er. »Wer? Wie? Wo? Beginnen wir mit dem Wer.«
    Na also. So einfach war das. Marlene griff in die Innentasche ihres Mantels und holte eine postkartengroße Fotografie heraus. Sie schob sie über den Tisch, ihre Hände zitterten. Der Saubere mit den schmutzigen Schuhen sah sich im Raum um. Niemand achtete auf die beiden. Dann erst betrachtete er das Foto.
    »Ihr Ehemann?«
    Marlene nickte unmerklich. Der Mann nahm das Foto und steckte es ein.
    »Sie wollen es also machen?«, fragte sie mit einem Kloß im Hals.
    Der Mann fixierte sie regungslos. Wieder stieg ein Angstschauer in ihr auf. Trotzdem wagte sie sich vor.
    »Wie kann ich sicher sein, dass Sie nicht von der Polizei sind?« Keine Antwort. »Und wie darf ich Sie nennen?«, setzte sie hinzu.
    Der Mann zog die Augenbrauen hoch und machte ein mitleidiges Gesicht, als wären das zwei sehr, sehr dumme Fragen gewesen. Eine dümmer als die andere. Dann zischte er fast unhörbar:
    »Eines sollten Sie wissen: Wenn Sie irgendein krummes Ding mit mir vorhaben, dann sind Sie tot.«

    Marlene Schultheiss schluckte. Ihr wurde wieder schwindlig. Sie spürte, dass es kein Zurück gab.
    »Ich werde sehen, was ich für Sie tun kann«, sagte der Mann plötzlich. »Kommen Sie in drei Stunden wieder hierher. Betreten Sie das Lokal nicht. Bleiben Sie draußen auf der Straße stehen, bis Sie angesprochen werden. Wenn niemand kommt, gehen Sie wieder.«
    »Kommen Sie selbst?«
    »Nein. Und jetzt keine Fragen mehr.«
    Ein Kloß im Hals, ein Angstschauer. Marlene zahlte und verließ die Philomena-Bar. Die Nacht schlich sich ins Bahnhofsviertel der Stadt wie ein böser Gedanke in eine harmlose Plauderei. Zwei geleckte Konzertbesucher winkten einem Taxi. Als sie die Türen öffneten, kam ein Schwall Marschmusik der untersten Kategorie heraus.
    »Stellen Sie bitte diese Musik aus«, sagte die Frau in einem Kleid mit Zebramuster, das trotzdem sicher sehr teuer gewesen sein musste.
    »Nehmen Sie halt das nächste Taxi«, schrie der Fahrer und brauste davon.
    »Canaille!«, schrie die Frau.
    Marlene machte sich auf den Heimweg.

    Der Mann mit den schmutzigen Schuhen zückte das Mobiltelefon und wählte eine Nummer. Er musste nicht lange warten.
    »Ich bin es«, sagte er leise ins Telefon. »Ich weiß nicht, ob du Interesse hast. Eine Frau will ihren Mann loswerden. Es ist niemand aus der Szene.«
    »Was hast du für einen Eindruck von ihr?«
    »Es ist eine, die sich vor Angst in die Hose macht.«
    »Habt ihr schon über Geld geredet?«
    »Überhaupt nicht. Ich habe sie nochmals herbestellt. Um elf kommt sie vor die Philomena-Bar. Da kannst du sie dir ansehen.«
    »Ich bin da.«
    Er legte auf. Er löschte die Nummer, die er gewählt hatte, aus der Liste der Anrufe. Dann nahm er die Karte aus dem Mobiltelefon. Er ging auf die Toilette und spülte sie hinunter.

    »Hallo«, rief Marlene tonlos, als sie das Zimmer betrat, in dem Peter vor dem Fernseher saß und irgendeine Reality-Show guckte.
    »Wo warst du?«, fragte er, ohne aufzusehen. Er fragte es genauso tonlos. Er fragte, weil das nun einmal der übliche Satz war, der immer dann fiel, wenn jemand zur Tür hereingekommen war.
    »Spazieren«, antwortete Marlene.
    Erst als dieses Wort im Raum verklungen war, wurde ihr so richtig bewusst, was sie eigentlich vorhatte. Sie setzte sich. Sie sah auf die Uhr. In zwei Stunden war es so weit. Aber sollte sie wirklich nochmals hingehen? Sollte sie den Auftrag geben? Oder war das Ganze nicht sowieso schon längst ins Rollen gebracht? Sie starrte auf den Bildschirm. Sie bekam nicht so richtig mit, um was es in dieser Reality-Show ging. Was würde geschehen, wenn sie vor der Philomena-Bar in der Kaiserstraße erschien? Sie bereute jetzt, dass sie das Foto von Peter so schnell aus der Hand gegeben hatte. Marlene zitterte vor Angst und Müdigkeit. Im Fernsehen lief jetzt Werbung. Sie versuchte, sich auf die Produkte zu konzentrieren, die angepriesen wurden. Sie schaffte es nicht. Eine Welle von heißer Wut
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