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Unter Sternenjaegern

Unter Sternenjaegern

Titel: Unter Sternenjaegern
Autoren: Jo Clayton
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zwischen ihr und diesen ihren Schwestern. In komplizierte Locken geflochten, brauchten jeden Morgen zwei Frauen eine Stunde lang, um zu gestalten, was tatsächlich eine Miniaturskulptur war.
    Sie kam an Grobschmied und Blechschmied vorbei, die das Metall schlugen, daß es in tiefem, klingendem Protest zurückschrie. Sie kam am Töpfer vorbei, der sein Rad trat, während seine Söhne die Luft von Haufen zähen Tons schlugen. Sie kam an Frauen vorbei, die Steinschüsseln zwischen den Knien hielten, um Agazu-Wurzeln für die vielschichtigen Honigpasteten zu Teig zu kneten. Sie kam an anderen vorbei, die Textilfarben zubereiteten oder durchnäßten Stoff in großen Kesseln rührten, wobei der Schweiß auf ihren Gesichtern und Körpern Rinnsale bildete. Sie neidete ihnen ihren Schweiß. Der Lärm verstummte vor ihr und schwoll hinter ihr wieder an. Sie ging mit der Anmut von Kobes bevorzugter Tochter und wollte stöhnen und ihre Qual hinausschreien, wollte lachen und arbeiten, sogar schwitzen. Statt dessen ging sie wegen des Fezza-Samens, der ihre Sinne trübte und ihr Leben erträglich machte, zu Papa Gohs wohlriechender Hütte.
    Sie blieb vor der abseits stehenden, in stumpfem Schwarz gestrichenen und mit weißem Flußlehm bekritzelten Hütte stehen. Ihre Hände zitterten wieder. Sie besann sich auf ihre Erziehung, klopfte mit den Fingern leicht gegen das Fell der kleinen Trommel.
    Drinnen war es heißer als an den Feuern der Färber. Durch einen beim Bau vollzogenen Kunstgriff fing die Hütte die Sonne ein und speicherte ihre Hitze unter dem schlammverputzten Strohdach.
    Hitze waberte um die magere nackte Gestalt eines winzigen Mannes. Seine Augen waren zu Schlitzen geschlossen, seine Haut war verfärbt wie altes Silber, und in den Schatten war er nahezu unsichtbar. Kitosime unterdrückte ein Keuchen, als sie auf die Knie niedersank und einen Atemzug von der stinkenden Atmosphäre aus Urin und uraltem Schweiß, aus Tod und tausend verschiedenen Drogen einsog.
    Sie wartete, Hände auf den Schenkeln, Innenseiten nach oben, die Finger zu Blütenblättern verkrümmt, ein stummes Betteln, das alles war, was ihr Stolz ihr erlaubte.
    Papa Goh bewegte sich nervös. „Sollen die Knochen sprechen?
    Du möchtest wissen, wo dein Mann umherstreift, statt zu Hause zu bleiben und dein Feld zu pflügen?” Er gackerte boshaft, hielt dann inne, als ihr Gesicht die Puppenmaske bewahrte. „Du verschwendest meine Zeit, Frau.”
    „Fezza-Samen”, sagte sie. Ihre Stimme war die Stimme einer Puppe, melodisch, aber ohne Leben. Sie berührte die Tasche, die um ihren Hals hing, und kämpfte ihren Zorn nieder. Er wußte sehr wohl, was sie wollte, genoß jedoch seine kleinen Triumphe über sie. Langsam zog sie den Beutel auf und griff hinein. Sie zögerte, als ihre Finger die Augensteine berührten, grub dann weiter nach der kühlen Glätte von Metall. Er sah gierig zu, wie sie eine große Kupfermünze hervorzog und sie vor ihm auf den Boden legte.
    „Nicht genug. Nicht genug.” Speicheltröpfchen sprühten aus seinem zahnlosen Mund heraus. Eines landete auf ihrem Handrücken Sie wollte die Hand am Lehmboden abreiben, wollte hochkrabbeln und sich aus der stinkenden Dunkelheit losreißen. Statt dessen wischte sie leicht über die Feuchtigkeit, kramte dann eine zweite Münze hervor und legte sie neben die erste. Sie wartete mit leicht auf den Schenkeln ruhenden Händen.
    Papa Goh schnaubte und sammelte die Münzen auf, dann nahm er ein Stück zerknittertes Papier, dreht es zu einem Kegel und schaufelte eine Handvoll dunkelbrauner Samen hinein. Er stieß ihr das Papiertütchen hin.
    Kitosime nahm die Samen, unterdrückte ein Schaudern, weil sie seine Finger berühren und das ekelhafte Papier nehmen mußte. Aber sie lächelte, murmelte die richtigen Abschiedsworte und tauchte durch die niedere Tür hinaus.
    Sie stand blinzelnd im morgendlichen Sonnenlicht, sog tiefe Schlucke Luft in sich hinein, um den Schmutz aus ihren Eingeweiden hinauszuspülen. Dann erklang der Gong - Kobe würde herauskommen. Sie fummelte in dem Papiertütchen herum und stieß drei Samenkörner in ihren Mund. Die anderen stopfte sie hastig in den Halsbeutel. Ihr Herz bebte in ihrer Brust, und die Adern an ihren Schläfen pochten. Sie preßte die Hände auf die Augen und zerbiß die Samenkörner im Mund, um den Saft ihre ausgedörrte Kehle hinunterrieseln zu lassen. Ein aufgeregtes Klappern gellte in ihren Ohren. Sie schüttelte sich. Dann begriff sie die wahre Bedeutung
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