Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Unter dem Weltenbaum - 01

Unter dem Weltenbaum - 01

Titel: Unter dem Weltenbaum - 01
Autoren: Douglass Sara
Vom Netzwerk:
haben?«
    Ihr Vater holte mit der Klinge aus.
    Er holt mit der Klinge aus …
    Aschure preßte die Hände an den Kopf, schaukelte vor und zurück und wimmerte. Nicht schon wieder! Nicht schon wieder!
    Aber diesmal konnte sie einschreiten. Das Kind retten. Und damit sich selbst …
    … und sie schnellte vor.
    Die junge Frau warf sich nach vorn und griff verzweifelt nach dem Saum von Hagens Gewand.
    Hagen hörte sie hinter sich und drehte sich halb zu ihr um, das Messer immer noch erhoben und mit wutverzerrter Miene.
    Aschures Finger bekamen den Saum zu fassen, konnten ihn aber nicht halten.
    Der Priester brüllte vor Wut und hob einen Fuß, um die Finger seiner Tochter zu zertreten. Der Stahl glitzerte tückisch in seiner Hand.
    Mit letzter Kraft bekam Aschure seinen erhobenen Fuß zu fassen und drehte ihn, so weit sie konnte. Nach einem mühseligen, schmerzhaften Atemzug drehte sie ihn noch einmal.
    Hagen schwankte vor und zurück, doch auf seiner Miene zeigte sich jetzt kein Zorn mehr, sondern nur noch Verblüffung. Im nächsten Moment fiel er mit einem erstaunten »Oh« zu Boden.
    Aschure rollte aus dem Weg, um nicht von ihm getroffen zu werden, und rappelte sich hoch. Eine Hand preßte sie an die schmerzenden Rippen. Aber mittlerweile konnte sie wieder etwas leichter atmen und sogar aufstehen. Jeden Moment würde ihr Vater wütend aufspringen und sein mörderisches Vorhaben ausführen.
    Aber Hagen lag ganz still und unbeweglich da, den rechten Arm unter dem Körper.
    Das Kind schrie nicht mehr, es jammerte nur noch. Aschure eilte zu ihm, um nach ihn zu sehen. Schra schien unverletzt zu sein, dabei war der Priester ihr doch so nahe gekommen, und viel hätte nicht gefehlt …
    Aschure atmete mehrmals durch und bemühte sich, die Bilder und Erinnerungen von vorhin zu vergessen.
    Das alles war nie geschehen!
    »Nein«, flüsterte sie, denn ihr Geist trieb gefährlich nahe am Rand des Wahnsinns entlang. »Das ist nie passiert, Aschure, vergiß es! Du hast dir alles nur eingebildet.« In ihrem Ringen darum, sich das Grauen nicht wieder bewußt zu machen, murmelte sie die Worte vor sich hin, die ihr vor so vielen Jahren entgegengeschleudert worden waren: ›Du böses Kind! Jawohl, genau das bist du, ein abgrundtief böses Mädchen!‹
    Aschure gelang es schließlich, die Erinnerungen wegzusperren. Unter großen Mühen faßte sie sich wieder und starrte ihren Vater an. Hatte er sich beim Sturz den Kopf angestoßen und dabei das Bewußtsein verloren? Sie hoffte es sehr. Wenn er in Ohnmacht gefallen war, konnten Schra und sie immer noch fliehen.
    Vorsichtig ging sie vor Hagen in die Hocke, denn vielleicht tat er ja nur so, und berührte ihn vorsichtig an der Schulter. Keine Bewegung. Nun stieß sie ihn mit beiden Händen an und fuhr hastig zurück. Aber der Vater regte sich immer noch nicht.
    »O nein!« flüsterte Aschure, starrte auf den reglosen Körper und spürte, wie sich ihr der Magen umzudrehen drohte. »O nein!«
    Das Mädchen setzte sich auf dem Bett auf und schaute mit tränenverschmiertem Gesicht neugierig herüber.
    Die junge Frau biß sich auf die Zunge, um sich nicht hier und jetzt übergeben zu müssen. Sie packte Hagen mit beiden Händen an der Schulter und drehte ihn um. Die Rippen meldeten sich sofort schmerzlich, und Aschure stöhnte und ächzte vor Anstrengung.
    Ihr Vater war tot.
     
    Alles deutete darauf hin: die sich rasch vergrößernde
    Blutlache, die gebrochenen Augen, die immer noch höchst verblüfft dreinblickten, und die Rechte, die den Messergriff umschlossen hielt. Die Klinge steckte ihm in ganzer Länge im Leib. Noch während die junge Frau hinsah, löste sich seine Rechte langsam vom Messergriff, glitt herab und landete mit einem dumpfen Geräusch auf dem Boden.
    Aschure wandte sich ab und würgte. Das Mädchen schaute immer noch hin, kletterte vom Bett, näherte sich mit kleinen Schritten dem Toten – und tauchte beide Hände in die Blutlache.
    »Aschure?« fragte sie mit lispelndem Stimmchen. Die junge Frau drehte sich zu ihr um und erschrak zutiefst, als sie entdecken mußte, daß die Kleine die Hände mit dem Blut benetzte.
    »Nein!« schrie Aschure und riß das Kind von dem Leichnam fort. Wußte das Mädchen eigentlich, was es da trieb?
    Aber nun tat Schra etwas, worauf die junge Frau erst recht nicht gefaßt war. Die Kleine streckte die Hand aus, fuhr mit ihren dicken Fingerchen über Aschures Stirn und Gesicht und hinterließ drei rote Streifen.
    »Angenommen«, erklärte das
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher