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TTB 102: Die Wächter der Sternstation

TTB 102: Die Wächter der Sternstation

Titel: TTB 102: Die Wächter der Sternstation
Autoren: John Brunner
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zurückzuschlagen. Als sie jedoch erkannten, daß Conrad sie führte, blieben sie unentschlossen stehen.
    Einer von ihnen – natürlich dieser Waygan, dachte Conrad verzweifelt – drängte sich in die erste Reihe vor. Waygan war der Stadthornist; statt einer Waffe hatte er sein geliebtes Horn ergriffen. Um die Stadt zu alarmieren, hätte er wahrscheinlich behauptet. Aber Conrad hatte ihn in Verdacht, daß er sein Horn für wertvoller als ganz Lagwich hielt.
    Allerdings mußte man zugeben, daß das Horn ein Prachtstück war. Sein Vater hatte das Ding aus der Wüste erlegt, von dem es stammte. Als Belohnung hatte er nur das Horn verlangt, das nun unter den Waygans weitervererbt wurde. Nur Waygan und sein ältester Sohn konnten darauf blasen.
    Waygan sah Conrad an. »Na, Taugenichts?« sagte er spöttisch.
    Conrads Herz schlug schneller, aber trotzdem antwortete er mit ruhiger Stimme. »Ich führe diese Fremden zu den Weisen«, erklärte er. »Sie kommen aus dem Süden, aus einer Stadt, die noch weiter als Hawgley entfernt liegt!«
    Die anderen murmelten erstaunt. Waygan warf Yanderman einen fragenden Blick zu. »Ich bin Jervis Yanderman von Esberg, der bevollmächtigte Vertreter des Großherzogs Paul«, sagte der Fremde kurz. »Dies sind meine Männer.«
    Waygan betrachtete sie abschätzend und zeigte sich beeindruckt. Er machte eine tiefe Verbeugung. »Willkommen in Lagwich, hoher Herr!« begann er. »Ich hoffe, daß dieser Taugenichts Ihnen nicht einen falschen Eindruck von unserer Stadt verschafft hat. Ich werde Sie mit Vergnügen selbst zu den Weisen begleiten.«
    »Ich wollte sie hinführen!« wandte Conrad ein. Waygan drehte sich zu ihm um.
    »Ausgerechnet du!« fuhr er ihn an. »Bildest du dir etwa ein, daß diese vornehmen Besucher auf die Begleitung eines schmutzigen Kerls Wert legen, der nach Rauch und ranzigem Fett stinkt? Geh zu deinen Seifenkesseln zurück! Du faulenzt ohnehin schon genug!«
    »Aber ...«
    Conrad warf den Fremden einen bittenden Blick zu, aber sie reagierten nicht darauf. Offenbar wollten sie sich nicht einmischen. Die anderen lachten. Conrad senkte beschämt den Kopf.
    »Kommen Sie, Sir«, sagte Waygan mit einer großartigen Handbewegung. Er nahm Conrads Platz an Yandermans Seite ein. Als Conrad einige Minuten später einen enttäuschten Blick zurückwarf, während er zu seinen Kesseln zurückkehrte, schien Waygan vor Stolz und Aufgeblasenheit doppelt so groß wie zuvor geworden zu sein.

 
5
     
    »Angeber!« Conrad löschte das Feuer unter dem größten Kessel.
    »Eingebildet!« Er kippte den Kessel auf den runden Steinen, die als Unterlage dienten, wobei er einen Balken als Hebel benützte. Der flüssige Inhalt ergoß sich in hölzerne Formen, wo die Masse erstarrte.
    »Trottel!« murmelte er wütend vor sich hin und nahm den Sack auf, in dem er die Seife nach Lagwich transportieren wollte. Er zerteilte den großen Block in kleinere, etwa handgroße Stücke und stopfte sie nacheinander in den Sack. Er wollte schon gehen, als sein Blick auf die Schnitzerei fiel, mit der er sich beschäftigt hatte, bevor die Fremden erschienen.
    Er hob sie vom Boden auf und betrachtete sie noch einmal kritisch. Irgendwie wirkte sie fremdartig. Sicher, man konnte sie für eine Darstellung des Mädchens Idris halten, obwohl Idris' Gesicht voller und ihr Mund breiter war. Aber als er das Messer zur Hand nahm, um die Lippen zu verändern, zögerte er unbewußt.
    Irgendwie war die Arbeit doch gut gelungen. Nicht etwa deswegen, weil sie Idris ähnlich sah, sondern einem ...
    Conrad fuhr plötzlich zusammen und fröstelte, als habe sich ein eisig kalter Wind erhoben, der aus seinen Erinnerungen wehte. Das Gesicht, das er geschnitzt hatte, glich den Gesichtern der Menschen, die in seinen Visionen einer anderen und glücklicheren Welt lebten.
    Entschlossen hob er das Messer. Nein, er wollte niemand aus einer Traumwelt darstellen, sondern Idris, die immer freundlich zu ihm gewesen war. Allmählich war es an der Zeit, daß er sich mehr mit der Wirklichkeit beschäftigte, denn sonst würde er nie imstande sein, den Waygans von Lagwich zu sagen, was sie mit ihren Hörnern tun konnten.
    Horn!
    Er war so in Gedanken versunken gewesen, daß er völlig überhört hatte, daß das abendliche Hornsignal zum Schließen des Stadttors bereits vor einigen Minuten gegeben worden war. Ihm war nicht zu Bewußtsein gekommen, daß die Dunkelheit unterdessen hereingebrochen war.
    Er stopfte sich die Schnitzerei unter das Hemd,
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