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Trauerspiel

Trauerspiel

Titel: Trauerspiel
Autoren: Vera Bleibtreu
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Unternehmens geht? Vielleicht machen sich die Mitglieder von ProBio gar nicht klar, in welche Gefahr sie sich begeben durch ihren jugendlichen Enthusiasmus. In Rumänien wurde schon wegen wesentlich weniger Geld gemordet. Vielleicht sollte der Mord auch andere abschrecken?»
    Arne war nachdenklich geworden. «‹Wer sich in Gefahr begibt, kommt darin um.› Da könnte was dran sein, auf jeden Fall müssen wir nachprüfen, wie eng Julia mit ProBio verbunden war und welche Aufgaben sie für die Gruppe erledigt hat. Da haben wir einiges zu tun, wenn ich allein daran denke. Die werden uns ja nicht freiwillig über ihre illegalen Aktivitäten informieren. Aber», er grinste Tanja freundlich an, «du mit deinen langjährigen Kontakten zu Undercoveragenten kannst dich ja vielleicht in die Gruppe einschleichen. Was meinst du, Tanja Cotton?»
    Tanja boxte Arne in die Seite.
    «Du bist gemein, die Stelle war nach einem Jahr gerade nicht mehr grün und blau!», beschwerte sich Arne. Er öffnete die Hüllen diverser DVDs und Videokassetten, die im Regal standen.
    «Titanic, Fluch der Karibik I und II, Oliver Twist, Ice Age 2, Harry Potter, in Sachen Film hatte Julia einen alterstypischen Geschmack, würde ich sagen. Aber was ist das hier?» Arne hielt ein Büchlein in der Hand. «Das sieht mir nicht wie eine Videokassette aus. Ich schätze, das ist ihr Tagebuch.» Er öffnete das schmale, sorgsam mit einem Samtband umknotete Büchlein und blätterte darin. «Merkwürdig, die letzten Seiten sind alle herausgerissen.»
    «Wie bitte?» Tanja nahm das Tagebuch in die Hand. «Tatsächlich, mindestens 20 Seiten fehlen, schau mal, und nicht sorgfältig, sondern mit Gewalt herausgerissen. Das passt so gar nicht zu diesem Zimmer und zu dem Mädchen.» Tanja schaute Arne an.
    «Was heißt schon passen? Sicher passt es nicht zu der hellblauen Weichholzidylle. Zu einer Julia mit Farbdose im Pelzladen oder Benzinkanister im Genfeld könnte es schon passen! Ob Julia selbst diese Seiten entfernt hat?» Arne runzelte die Stirn. «Wenn sie es nicht war, dann müsste es ja jemand getan haben, der Zugang zu ihrem Zimmer hatte und auch noch das Versteck in der Hülle kannte. Aber ich halte es für wahrscheinlicher, dass Julia selbst die Seiten herausgerissen hat. Nur warum?»
    Tanja überlegte. «Vielleicht hatte sie etwas aufgeschrieben, das keiner lesen durfte und sie traute noch nicht einmal dem Versteck in der DVD und wollte auf Nummer Sicher gehen. Oder sie hatte etwas aufgeschrieben, das sie dann selbst nicht mehr gut fand.»
    «20 Seiten?», meinte Arne zweifelnd.
    «Ich weiß es ja auch nicht. Wir müssen das Tagebuch mitnehmen und es überprüfen lassen. Genauso wie die ProBio-Flyer und den Fotoapparat.»
    Sorgfältig legte Arne das Tagebuch und die Flyer in eine Plastikhülle. Beide warfen noch einen letzten Blick in Julias Zimmer, dann schlossen sie die Tür hinter dem zerstörten blau-weißen Idyll.
    * * *
    «Frau Moll, Herr Moll, wir müssen Sie bitten, mit uns die Fotos durchzusehen, die Julia auf ihrer Digitalkamera gespeichert hat. Am besten wäre es natürlich, wenn Sie gleich hier die Möglichkeit hätten, die Bilder auf einem größeren Bildschirm anzusehen.»
    Richard Moll erhob sich vom Sofa, auf dem er mit seiner Frau gesessen hatte. Beide hatten sich eng aneinandergeschmiegt, so, als ob sie sich aneinander festhalten wollten in dieser furchtbaren Situation. Susanne saß den beiden gegenüber auf einem großen, gemütlichen Sessel. Aber die Situation war jetzt alles andere als gemütlich. Tanja war froh, dass Susanne noch nicht gegangen war und den Eltern zur Seite stehen konnte.
    «Meinen Sie, Sie schaffen das, jetzt diese Fotos anzuschauen?»
    Richard Moll blickte seine Frau an, beide nickten. Er schloss die Kamera an den Fernsehapparat an. Ein blonder junger Mann blickte ihnen verdrossen entgegen.
    «Das ist Maximilian, Julias Freund», meinte Brigitte Moll. «Das heißt, er war ihr Freund. Zwei Jahre waren die beiden zusammen, aber vor etwa drei Monaten hat sich Julia von ihm getrennt. Sie hat mir nie genau erzählt, warum. ‹Er ist es nicht, Mama›, hat sie zu mir gesagt, und da bin ich nicht weiter in sie gedrungen. Vielleicht hätte ich das besser tun sollen.» Sie schluchzte.
    Ihr Mann nahm sie in den Arm. «Liebes, mach dir bitte keine Vorwürfe», sagte er unglücklich.
    Tanja zückte ihren Stift. «Können Sie mir den vollständigen Namen und die Anschrift von diesem Maximilian sagen?», bat sie.
    Richard Moll
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