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Traeume aus der Ferne

Traeume aus der Ferne

Titel: Traeume aus der Ferne
Autoren: Alexandra Liebert
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war eine ihrer großen Stärken. Ich war leider ein dankbares Opfer, selbst wenn ich ihre Taktik durchschaute. Sie wusste genau, mit welchen Mitteln sie mich wieder klein bekam. Einem Nein von mir folgte meist eine Woche, in der Franziska noch länger als gewöhnlich arbeitete. Wenn ich mich weigerte, sie auf eine ihrer Partys zu begleiten, schlief sie die nächsten ein oder zwei Nächte im Gästezimmer. Und dann kam der nächste Gefallen, um den sie mich bat, und ich wusste genau, dass ich mit einem Ja ihre Nähe und Aufmerksamkeit zurückbekommen konnte. Ihr war bewusst, wie sehr ich mich danach sehnte.
    »Eigentlich wollte ich Ihre trüben Gedanken verscheuchen, aber scheinbar habe ich jetzt genau das Gegenteil bewirkt.«
    Lindas Stimme hatte mich ganz langsam wieder in die Realität zurückgeholt.
    »Nein, Linda, das sind keine trüben Gedanken. Es sind die klarsten, die ich seit langer Zeit hatte. Ich frage mich allerdings, wo sie so plötzlich herkommen«, erwiderte ich von mir selbst überrascht.
    »Sie waren wahrscheinlich die ganze Zeit über da, aber Sie wollten sie nicht sehen. Verdrängen ist eine sehr ausgeprägte Eigenschaft vieler Menschen. Oft tun wir dies aus Selbstschutz, aber manchmal hindert es uns auch daran, aus dem Offensichtlichen zu lernen.« Plötzlich schlich sich ein Lächeln auf Lindas Gesicht. »Nun hören Sie sich uns zwei mal an. Sie werden melancholisch, und ich spiele mich als Hobby-Psychologin auf. Diese Pflichtveranstaltungen haben wirklich keinen guten Einfluss auf uns.« Ihr Grinsen wurde immer breiter, bis wir schließlich beide in ein befreiendes Lachen verfielen, das kein Ende nehmen wollte. Kaum hatte sich eine von uns einigermaßen unter Kontrolle, musste die andere um so lauter lachen, so dass wir beide uns wieder in unseren Stühlen kringelten.
    Ich bemerkte, dass Franziskas auf uns aufmerksam geworden war. Ich konnte ihren Blick nicht so richtig deuten, aber es sah mir sehr nach Missbilligung aus.
    Linda schien es auch bemerkt zu haben, denn wie auf Kommando waren wir beide wieder gefasst und ruhig.
    Bis Linda mich fragte: »Wieso haben wir eigentlich gelacht?«
    Spätestens jetzt hatten wir mit unserem Gelächter sämtliche Aufmerksamkeit auf uns gezogen, allen voran natürlich Franziska. Sie warf mir erneut einen verächtlichen Blick zu, bevor sie mir demonstrativ ihren Rücken zuwandte.
    »Es ist spät geworden«, stellte Linda fest. »Ich denke, für heute habe ich meine Schuldigkeit getan.«
    »Sie wollen schon gehen?« entfuhr es mir, noch bevor ich es verhindern konnte.
    »Ja, ich denke, ich werde mich auf den Weg machen.« Lindas Augen suchten meine, und für einen Moment erkannte ich einen Hauch von Wehmut darin.
    »Es war sehr schön . . .«, fingen wir gleichzeitig zu sprechen an. Plötzlich war die Ausgelassenheit von eben wie weggewischt. Wir lächelten uns unsicher zu, und keine wagte es, weiterzusprechen.
    Schließlich nahm ich mir ein Herz. »Es war sehr schön heute Abend. In Zukunft werde ich nur noch zu den Partys gehen, bei denen Sie auf der Gästeliste stehen.«
    Linda war inzwischen aufgestanden und reichte mir ihre Hand. Erst hielt ich es für eine höfliche Geste, doch dann entdeckte ich den Zettel, den sie zwischen ihren Fingern hielt.
    »Vielleicht . . . rufen Sie mich einfach mal an, wenn Ihnen danach ist.«
    Mit diesen Worten drehte sie sich um und eilte davon.
    Mein Kopf fühlte sich plötzlich so schwer an. Wie viel hatte ich inzwischen getrunken? Ich wusste es nicht mehr. Es interessierte mich auch nicht. Mein Kopf sank langsam nach hinten, ich schloss die Augen und fragte mich, ob Linda Wirklichkeit war oder ob ich mir das alles nur in meiner Phantasie ausgemalt hatte. Diese Augen, dieses Lächeln, diese Ausstrahlung – das musste einfach ein Traum gewesen sein. Ich hatte mich wohl in eine andere Welt geträumt, um den langweiligen Abend zu überstehen. Gerade war ich dabei, Linda wirklich als eine Phantasie abzutun, als mir der Zettel einfiel. Ich schaute langsam hinunter auf meine Hand, und er war wirklich da. Ich hielt ihn krampfhaft in meiner Hand fest, und sanftes Mondlicht fiel auf dieses kleine Stück Papier.
    »Kommst du, Liebes? Ich möchte heimgehen.«
    Warum musste Franziska immer dann auftauchen, wenn ich einmal für mich allein sein wollte, um meinen Gedanken nachzuhängen?
    Ich steckte den Zettel in meine Hosentasche, stand auf und ging, ohne auf Franziska zu achten, in Richtung Ausgang.
    Mit schnellen Schritten holte
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