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Todesinstinkt

Todesinstinkt

Titel: Todesinstinkt
Autoren: Heyne
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ausschlagen. Freud
    Am 25. Dezember kam eine Fernverbindung zwischen einer Privatwohnung in Washington und einem Stadthaus in Boston zustande. Es war kurz vor Mitternacht.
    »Sind Sie das, Jimmy?« Colette und Younger hatten beide das Ohr am Hörer. Vor ihnen erhob sich ein mit Spielzeugsoldaten und glitzernden, handbemalten Papierkugeln geschmückter Christbaum.
    »Ja, ich bin’s, Miss.« Littlemores Stimme übertönte das Rauschen. »Und Betty. Ist der Doc da?«
    »Ja«, antwortete Younger. »Was gibt’s?«
    »Sie glauben ja nicht, wo wir gerade sind. In einem Haus, das dem Besitzer der Washington Post gehört. Seiner Frau gehört der Hope-Diamant. Eine riesige Weihnachtsfeier. Minister Houston hat uns eingeladen. Harding ist hier. Und
so viele Senatoren, dass man meinen könnte, man ist im Kapitol. Lamont ist auch da. Sieht ziemlich belämmert aus, wie jemand, der eine Million auf der Rennbahn verloren hat. Aber wissen Sie was? Die Stimmung bessert sich. Im Land, meine ich. Sie haben Tänzerinnen aus New York hier und spielen eine neue Musik. Irgendwas liegt in der Luft. Vielleicht werden die Zwanziger doch nicht so schlecht.«
    »Arbeiten Sie wieder für die Treasury?«
    »Nein, wir sind nur Gäste. Betty gefällt es jetzt auf einmal in Washington. Wahrscheinlich weil ihr Harding schon den ganzen Abend den Hof macht.«
    »Und was ist mit dir und dieser Mrs. Cross?«, konterte Betty.
    »Nicht interessiert«, meinte Littlemore.
    »Aber sie umso mehr«, fauchte seine Frau. »Dieses Flittchen. «
    »Rufen Sie aus einem bestimmten Grund an?«, erkundigte sich Younger.
    »Es ist Weihnachten, Doc.«
    »Frohe Weihnachten.«
    »Hier verteilen alle Geschenke.«
    »Da sind Sie nicht die Einzigen.« Younger blickte auf den Diamanten an Colettes Finger, der seiner Mutter gehört hatte.
    »Und wissen Sie was?«, fuhr Littlemore fort. »Sie kriegen auch ein Geschenk.«
    »Ach? Von wem?«
    »Von Houston. Er hat mich gefragt, ob Sie das Gold zusammen mit mir entdeckt haben. Ja, sage ich. Und dann wollte er wissen, ob Sie ein Gesetzeshüter sind.«
    »Warum?«

    »Na ja, sie haben jetzt endlich alles ausgegraben, und Lamont schwört, dass das Gold nicht der Morgan Bank gehört, und Houston schwört, dass es nicht dem Schatzamt gehört, also gehört es offiziell niemandem. Herrenlos sozusagen. Dafür gibt es ein Gesetz. Schatzgesetz heißt es. Und laut diesem Gesetz fällt dieses herrenlose Gold an den Finder — außer er ist ein Gesetzeshüter. Ich habe ihm versichert, dass Sie bestimmt kein Gesetzeshüter sind. Eher schon ein Gesetzesbrecher. «
    Schweigen.
    »Haben Sie gehört, Doc?«
    »Das ganze Gold fällt an den Finder?«
    »Außer er ist Gesetzeshüter«, wiederholte Littlemore.
    »Wie viel ist es?«
    »Knapp über vier Millionen.«
    »Das kann ich nicht annehmen«, erklärte Younger sofort. »Es gehört den Vereinigten Staaten. Sagen Sie ihm, ich gebe es der Treasury zurück.«
    »Schon passiert.«
    »Ach?«
    »Ich wusste, dass Sie es nicht annehmen.«
    »Trotzdem hätte ich das gern selber entschieden.«
    »Aber das ist noch nicht alles, Doc.« Littlemore räusperte sich. »Im Oktober hat Lamont von der Morgan Bank versucht, zwei Millionen Dollar russisches Gold ins Land zu schmuggeln. Der Zoll hat ihn dabei erwischt, doch Houston hat veranlasst, dass das Schatzamt das Gold heimlich übernimmt. Das war illegal, aber Houston wollte verhindern, dass die Morgan Bank einen Verlust von zwei Millionen erleidet; er dachte, das schadet dem Land. Houston hatte geplant, dass das Schatzamt die Bank für das Gold entschädigt.
Nur hat er dann erfahren, dass Lamont hinter dem Raub am sechzehnten September steckt.«
    »Was erzählen Sie da für wirres Zeug, Littlemore?«
    »Sie werden es gleich verstehen. Houston wird Lamont keinen Cent für das russische Gold geben. Die Treasury wird es einfach behalten. Lamont kann sich nicht dagegen wehren, weil das russische Gold sowieso Schmuggelware war. Also braucht Houston nur noch zwei Millionen, um den Verlust der Treasury auszugleichen.«
    »Ich glaube, ich kann Ihnen halbwegs folgen«, bemerkte Younger. »Dem Schatzamt fehlen zwei Millionen Dollar in Gold. Und warum erzählen Sie mir das?«
    »Als ich Houston erklärt habe, dass Sie das ganze gefundene Gold nicht annehmen werden, hat er gemeint, jetzt, wo der Treasury nur zwei Millionen fehlen, könnten wir doch die europäische Regel anwenden.«
    »Und die lautet?«
    »Eine Hälfte für den Finder, die andere für den Staat.«
    Wieder
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